Spiel Satz Tod - Kriminalroman
Heizlüfter surren.
Maria Santos, die Sekretärin unseres Direktors Larry Gonzales, blickte auf, als ich eintrat, und winkte mir heftig zu.
»Schau dir das an!«, sagte sie und hielt mir ihre Hände hin. »Ganz blau! Besonders die Fingerspitzen. Ich habe Larry bereits gebeten, die Temperatur etwas höherzustellen, aber er meint, Frauen frieren sowieso immer. Ja, besonders bei Minusgraden, habe ich ihm erwidert. Er hat nur gelacht.«
Auch ich musste lachen. Ich konnte einfach nicht anders, wenn ich sie so empört sah. Sie blickte mich einen Moment verdutzt an, musste dann aber selber kichern. Sie sprach ein perfektes Englisch, allerdings klang es bei ihrem spanischen Akzent immer etwas exotisch.
Ich ließ mich auf dem orangefarbenen Plastikstuhl vor ihrem Schreibtisch nieder und schaute mich interessiert um. Ich besuchte sie nicht oft, und irgendetwas hatte sich verändert, schien mir. Als Erstes fiel mir ein riesiges Porträt von Larry auf, das an der rechten Wand hing. Er schaute streng und würdig drein.
Maria folgte meinem Blick. »Hübsch, nicht? Es hat lange in seinem Büro gehangen, bis ihn Trainer Fred einmal gefragt hat, ob er auch in seiner Brieftasche Fotos von sich herumträgt. Danach hat er es hier aufhängen lassen.« Sie lächelte in sich hinein. »Der arme Fred.«
»Ich wette, Larry hat wirklich Fotos von sich in seiner Brieftasche«, bemerkte ich.
Sie nickte heftig, warf dann aber der zweiten Person im Raum einen misstrauischen Blick zu. Die Buchhalterin Pat Carver starrte uns mit ihren merkwürdigen silberfarbenen Augen an, die sie feindselig zusammengekniffen hatte. Sie ähnelte einer riesigen Kröte mit einem plumpen Körper auf langen, dünnen Beinen. Auch das Gesicht passte dazu – der große Mund, die wulstigen Lippen und die feuchten blassen Augen hinter dicken Gläsern. Pat überwachte das Einwerben von Geldmitteln durch die vielen Schülerorganisationen und Klubs und hatte dadurch die Kontrolle über deren sämtliche Einnahmen und Ausgaben. Mir fielen die bevorstehenden Tenniswettkämpfe ein, und ich schenkte ihr ein breites Lächeln. Sie begegnete meinem Blick mit der Wärme einer Pythonschlange, die eine Maus fixiert. Dann schaute sie weg.
»Ich wollte mit dir über Trainer Fred sprechen«, sagte ich leise zu Maria Santos, damit Pat es nicht hörte. »Hat er einmal angedeutet oder gemeldet, dass Schüler aus seinen Klassen oder aus der Tennismannschaft Drogen nehmen?«
Sie dachte nach. »Von Drogen weiß ich nichts, aber ich glaube, irgendetwas ist da gelaufen. Kurz bevor der Unterricht wieder anfing, hat er hier zwei-, dreimal hinter verschlossenen Türen mit Larry gesprochen.«
Ich schaute sie verwundert an. Trainer Fred hatte Larry gar nicht gemocht und oft die Meinung geäußert, der schiebe nur Papier sinnlos hin und her und könnte sich nicht mal entscheiden, wenn es um sein Leben ginge. Solche Dinge hatte er in Larrys Beisein fallenlassen. Im kleinen Kreis wurde er noch deutlicher. Er war bestimmt nicht wegen einer Kleinigkeit mehrmals zum Direktor gelaufen.
»Und du hast keine Ahnung, worüber sie gesprochen haben?«, fragte ich.
Da sagte eine scharfe Stimme aus dem Hintergrund: »Das geht Sie überhaupt nichts an, Ms. Shore. Und ich bin sicher, Ms. Santos weiß, dass sie keine vertraulichen Informationen ausplaudern darf.« Pat Carver blickte uns strafend an.
Mein Gott, die Frau musste das Gehör einer Fledermaus haben, dachte ich bei mir. Sie hatte sich bestimmt sehr angestrengt, um zu verstehen, worüber wir sprachen.
Maria war da direkter: »Kümmere dich um deinen Mist, Pat.«
Die zeigte ihr den Stinkefinger und wandte sich dann wieder ihrem Computer zu.
Als Maria sah, wie verdattert ich dreinschaute, erklärte sie: »Unser Verhältnis hat sich in den letzten Wochen etwas verschlechtert.«
»Tatsächlich? Das tarnt ihr aber gut.«
Jetzt wechselte Maria ins Spanische und sagte: »Über dieses Miststück müssen wir mal ausführlicher reden. Ich kann dir einiges erzählen, das glaubst du nicht.« Auf Englisch sagte sie dann wieder laut: »Vertraulich oder nicht, ich weiß nicht, was Fred wollte. Sprich doch einfach mit Larry.«
Ich schüttelte mich bei dem Gedanken, fragte aber: »Ist er da?«
Sie ließ ein hämisches Lachen hören. »Natürlich nicht. Er kann riechen, wenn jemand ihn sprechen will. Er ist vor einer halben Stunde gegangen.«
Kyla wartete an der Tür meines Klassenzimmers, als ich die siebente Stunde beendet hatte, und hielt schon aufgeregt
Weitere Kostenlose Bücher