Spiel Satz Tod - Kriminalroman
ist auch Colin ein Freund, aber darum geht es nicht. Und lenke nicht ab. Gib doch zu, dass er ein sehr attraktiver Mann ist.«
Das stimmte sogar, aber ich wollte nicht einfach klein beigeben. »Der denkt, einer meiner guten Freunde wäre ein Drogendealer. Er ist ein Idiot. Und er kann nichts für sich behalten«, fügte ich hinzu, weil mir das Gespräch mit meinem Ex einfiel.
»Vielleicht eher ein Idiot mit einem goldenen Herzen? Oder zumindest ein goldiger Typ? Dumm ist er mir nicht gerade vorgekommen. Und er hat die Augen nicht von dir gelassen.«
Das war schon interessanter, aber ich konnte es vor ihr nicht zugeben. »Das hat überhaupt nichts zu bedeuten! Er ermittelt in einem Mordfall. Und ich bin eine …« Was war ich eigentlich? Eine Zeugin? Eine Verdächtige? »Ich bin eine Betroffene«, sagte ich mit Würde. »Wenn er mich angeschaut hat, dann nur, um Informationen aus mir herauszuholen.«
»Du merkst aber auch gar nichts. Du müsstest dich ab und zu mal mit offenen Augen umsehen!«
»Wenn du ihn so heiß findest, warum rufst du ihn dann nicht einfach an? Oder twitterst mit ihm, oder was ihr da im Netz so treibt.«
Sie wechselte das Thema. »Und wie hat dir Sherman gefallen?«
Ich musste lachen. »Du solltest lieber Sheronica sagen!Der hatte nun wieder nur Augen für dieses gutgefüllte T-Shirt.«
»Eine zeitweilige Verirrung«, sagte sie und runzelte ein wenig ihre perfekt gestylten Brauen. »Veronica ist nicht intelligent genug, um ihn lange zu fesseln.«
»Ich denke, sein Interesse liegt etwas tiefer. Außerdem sage ich dir immer wieder, dass ich mit Alan befreundet bin.« Ich ging weiter in Richtung Tür.
»Das behauptest du. Nur ist er nie da. Sherman hat einige gute Eigenschaften.« Sie überlegte einen Moment. »Was sich wohl seine Eltern gedacht haben, als sie ihm diesen Namen verpassten? Ob er bereit wäre, ihn zu ändern?«
»Ich glaube nicht. Jetzt müssen wir aber beide los. Sonst kommen wir noch zu spät.«
»Ich kann das nicht«, jammerte sie wieder.
»Doch, du kannst es. Hab dich nicht so. Stell dich zuerst vor, dann lass die Schüler sich vorstellen und erklären, wie sie zu Naturwissenschaft und Technik stehen. Damit kriegst du die halbe Stunde herum. Und wenn es dir hilft, dann bringe ich das Tennistraining in Gang und schaue in etwa zwanzig Minuten kurz bei dir vorbei.«
»Ja, das würde mir eine Menge helfen. Am besten schon in zehn Minuten.«
Widerwillig verließ sie mein Klassenzimmer. Die sonst so unbeschwerte Kyla wirkte recht deprimiert. Darüber musste ich schmunzeln, bis ich die Tennisplätze erreichte. Genauer gesagt, bis ich den Tennisraum erreichte, wo Roland Wilding auf mich wartete.
Er lehnte ganz locker am Türrahmen, eine Hand in der Hosentasche, und sein kunstvoll verwirrtes Haar flatterte in der leichten Brise. Wie er so dastand, glaubte ich, er werde jeden Augenblick ein Fläschchen Männerparfüm zückenund mir davon erzählen, wie ihm die Frauen nachlaufen. Ich warf einen Blick zu den Plätzen. Während die Jungen in das Spiel vertieft waren, konnten es die Mädchen nicht lassen, immer mal wieder verstohlen zu ihm herüberzuschauen. Alle außer McKenzie, die ihm demonstrativ den Rücken kehrte.
»Hi, Roland«, sagte ich und überlegte, ob er gekommen war, um mit mir über den Probenplan zu reden. Ich wusste nicht, ob er bei den Entscheidungen im Theaterklub etwas zu sagen hatte oder Nancy dort ganz allein regierte. Wie dem auch sei, zu seinen Freunden gehörte ich sicher nicht. »Jocelyn«, sagte er steif und ohne die Spur eines Lächelns.
Ich ging an ihm vorüber in den Tennisraum und schaltete die Lampe auf dem Schreibtisch ein, weil ich das Clipboard mit dem Tennisplan mit hinausnehmen wollte. Während einen draußen die Sonne blendete, war es drinnen schummrig und stickig, es roch nach altem Sperrholz, neuen Tennisbällen und Schweißfüßen. An Freds Tod erinnerte nichts mehr. Das schwarze Pulver der Spurensicherung hatte ich längst abgewischt, die Schlägerständer ordentlich aufgestellt und die verstreuten Tennisbälle eingesammelt. Als Einziges waren seit jenem Tag ein paar Kästen mit Wasserflaschen und Sportgetränken für unser erstes Match hinzugekommen, die die Mütter der Tennisspieler besorgt hatten. An dem Kalender über dem Schreibtisch waren die Daten unserer nächsten Spiele noch in Freds Handschrift vermerkt. Auf dem Telefonverzeichnis neben dem Apparat standen in großen Buchstaben sein Name und seine Nummer. Alle diese
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