Spiel Satz Tod - Kriminalroman
orten. Ich ließ mich auf die Knie nieder und spähte in die Lücke zwischen Matratze und Fußboden. Von ganz hinten, aus der dunkelsten Ecke starrten mich ängstlich zwei feuchte Kulleraugen an. Als ich mich an das schwache Licht gewöhnt hatte, sah ich schwarze Kräusellocken und die Bewegung eines Schwanzes, der unsicher gegen die Wand klopfte.
Belle wollte nicht herauskommen. Als die Polizei das Haus betrat, lag ich flach auf dem Bauch und versuchte, mich so weit vorzuschieben, dass ich sie greifen konnte.
»Ma’am, dies ist ein Tatort. Stehen Sie bitte auf«, sagte eine Frauenstimme.
»Mein Hund ist da drunter. Den kann ich nicht im Stich lassen«, antwortete ich.
»Ma’am, Sie müssen aufstehen.«
Ich hörte gar nicht hin. »Komm, Belle, komm her«, flehte ich sie an. Ich weiß nicht, warum ich glaubte, dass das etwas nützen könnte. Belle gehorchte nie, wenn ich sie rief, auch wenn sie keine Angst hatte.
»Hast du sie gefunden?«, fragte Kyla.
»Ja, sie steckt da ganz hinten.«
»Ma’am, Sie dürfen hier nicht bleiben«, hörte ich wieder die Polizistin sagen, die langsam die Geduld verlor.
»Sie muss erst ihren Hund da rausholen«, erwiderte Kyla aufgebracht.
»Das hat Zeit. Und auch Sie gehen jetzt bitte hinaus, Ma’am.«
Dann waren auf den Dielen im Flur feste Schritte zu vernehmen, und eine vertraute Stimme rief: »Jocelyn?«
»Colin!«, antwortete Kyla. »Hier sind wir!«
»Was ist denn das? Was macht sie da? Ist sie verletzt?« »Der Pudel«, sagte Kyla kurz und bündig.
Inzwischen steckte ich bereits halb unter der Matratze und schob mich langsam Zoll für Zoll vorwärts. Plötzlich fiel mir ein, dass mein Hinterteil das Einzige war, was Colin von mir sehen konnte, aber meine Finger berührten schon Belles Löckchen. Jetzt konnte ich nicht mehr zurück. Dann leckte eine rosa Zunge zögernd an meinen Fingerspitzen.
»Um Gottes willen«, rief Colin. Zu meiner Überraschung hob er einfach die Matratze hoch. Ich blinzelte ins Licht, griff nach Belle und setzte mich auf.
»Warum sind wir nicht darauf gekommen?«, fragte Kyla und schenkte ihm ihr strahlendstes Lächeln.
Colin ignorierte den bewundernden Blick und hatte nur Augen für mich, was nicht überraschend war. Mit meinem verschwollenen blauen Auge und dem zerwühlten Haar, das sich aus dem Pferdeschwanz gelöst hatte und mir wirr ins Gesicht hing, muss ich ein sehr attraktives Bild abgegeben haben. Außerdem hielt ich den Pudel im Arm, der mir eifrig das Gesicht leckte. Colin reichte mir eine Hand. Ich nahm sie, und er zog mich wieder auf die Füße.
Er warf einen Blick auf Belle und meinte: »Hatten Sie nicht gesagt, sie suchten einen Hund?«
Ich brachte ein schiefes Grinsen zustande. »Einige Hundeeigenschaften hat sie schon. Sie bekleckert meinen Teppich, wie es sich gehört.«
Jetzt hatte ich zum ersten Mal Muße, mich in meinem Schlafzimmer umzuschauen. Tränen der Wut stiegen in mir auf. Colins Kiefer mahlten.
»So, jetzt geht ihr beide erst einmal hinaus und lasst die Polizisten ihre Arbeit machen.«
Er bot uns auf der Rückbank seines Crown Vic Platz an. Er selber ging zurück ins Haus. Als er fort war, sagte Kyla: »Was zum Teufel hat das alles zu bedeuten?«
Das hätte ich auch gern gewusst. Ich betastete mit einer Hand mein Auge, das zu pochen begann, und wünschte, ich hätte einen Eisbeutel.
»Zuerst wirst du im Park überfallen, dann raubt man dein Haus aus. Warum nur?«
Sie brachte mich auf einen Gedanken.
»Nein«, sagte ich und richtete mich auf. »Nein. Als Erstes ist Trainer Fred ermordet worden. Danach sind all die anderen Dinge passiert.«
»Du meinst, das hängt alles mit Trainer Fred zusammen? Aber mit dem hattest du doch gar nichts zu tun«, widersprach sie.
»Er war Lehrer an meiner Schule. Ich habe mit ihm zusammengearbeitet.«
»Na und? An einer Schule arbeiten jede Menge Lehrer. Keiner von denen sitzt jetzt in einem Polizeiwagen, hat ein verwüstetes Haus, eine Gehirnerschütterung und ein blaues Auge. Warum gerade du?«
Das war eine gute Frage. Ich wusste keine Antwort darauf. Kyla schaute den Polizisten zu, die durch meine Haustür ein und aus gingen. »Warum du, Jocelyn?«, wiederholte sie.
Ich saß nur da und überlegte. »Vielleicht weil außer mir kein anderer so viele Fragen gestellt hat.«
»Was für Fragen? Und wem hast du sie gestellt?«
»Das ist es ja gerade, was mir so unsinnig vorkommt. Es war gar nichts Besonderes. Ich habe nur zwei Dinge zu klären versucht – ob jemand
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