Spiel Satz Tod - Kriminalroman
abzuholen«, sagte sie und beschleunigte beim Herunterfahren vom Krankenhausparkplatz so stark, dass ich in den Sitz gedrückt wurde.
»Sherman?«, fragte ich, weil ich im Augenblick nicht wusste, wen sie meinte. Dann fiel mir der Typ aus dem Artz Rib House wieder ein, mit dem sie mich verkuppeln wollte.
»Er ist ein guter Kerl. Er macht das bestimmt.«
»Das wäre nett von ihm«, sagte ich. »Kyla, kapier doch endlich, er hatte überhaupt kein Interesse an mir.«
»Ich weiß«, gab sie ungerührt zurück. »Ich bin jetzt sogar ziemlich sicher, dass er an einer anderen interessiert ist. Ich hoffe, das stört dich nicht.« Sie wechselte ständig die Spur, der Motor ihres Wagens ließ ein tiefes Schnurren hören, das ich bis in den Oberkörper hinein spürte. Ich gab mir Mühe, mich nicht an den Sitz zu klammern.
Ich war sehr erleichtert, wusste aber nicht, ob es taktvoll war, das offen zu zeigen. »Keine Sorge. Meine Absichten gehen ohnehin in ganz andere Richtungen.«
»Colin Gallagher«, sagte sie und griente wissend.
»Alan Stratton«, hielt ich dagegen.
»Na, sei es, wie es sei. Aber der lässt sich doch kaum blicken. Wird dir das nicht langsam zu viel?«
»Vielleicht. Ein bisschen.« Sie hob die Augenbrauen.
»Na schön, es stört mich schon. Und ich gebe zu, ich habe kein gutes Gefühl dabei.« Da ich es jetzt laut aussprach, tat es mehr weh als erwartet, denn insgeheim wusste ich es seit langem.
Kyla kommentierte das nicht, was für sie völlig untypisch war. Einige Minuten später rollte ihr Wagen in mein nettes Viertel ein, in dem viele kleine, fast identische Häuser stehen, alle sorgsam gepflegt und von der Sonne beschienen. Sie ging mir voraus zur Haustür und schloss auf, während ich ihr schwankend folgte, noch nicht sicher, ob mir nicht gleich der Kopf platzen würde.
Als Kyla plötzlich erschrocken stehen blieb, hatte ich sofort das Gefühl, dass etwas nicht stimmte. Ohne ein Wort zu sagen, trat sie von der Tür zurück und schlug sie wieder zu. Mit der einen Hand wühlte sie in ihrer Tasche nach ihrem Handy, mit der anderen packte sie mich am Arm und wollte mich mit sich fortziehen.
Ich hielt dagegen, doch nicht kräftig genug und noch zu verwirrt, um zu begreifen, was sie da tat.
»Was ist denn los?«, fragte ich.
Sie schaute mich an. »Ich möchte einen Einbruch melden«, sagte sie in ihr Telefon.
Auch da brauchte ich noch einen Moment, bevor ich begriff, was sie meinte. Ich entwand mich ihrem Griff und wankte zur Tür.
Mein kleines Wohnzimmer sah aus, als wäre das Stierrennen von Pamplona in diesem Jahr in mein Haus verlegt worden. Das geblümte Sofa, das ich von meinen Eltern übernommen hatte, war umgestürzt, und jemand hatte alle Kissen aufgeschlitzt. Klumpen von gelbem Schaumstoff lagen überall herum. Mein Kaffeetisch war umgekippt, die Verbundglasscheibe, die ihn abgedeckt hatte, heruntergefallen, aber noch ganz. Die Bücherregale lagen übereinander, die Bücher überall verstreut, manche waren zerfetzt, als seien Krähen in ein Flugzeugtriebwerk geraten und wieder ausgespuckt worden. Sämtliche Schubladen hatte man aufgezogen, die CDs zerschmettert. Fotos und Bilder von der Wand gerissen und zu Boden geschleudert. In der Küche sah es nicht besser aus. Die Schubkästen waren herausgezerrt und der Inhalt überall verstreut.
Mir war, als hätte ich einen Schlag in den Magen bekommen. Selbst das Atmen wurde mir schwer. Dann fiel mir mein Hund ein.
»Belle?«, rief ich. Keine Antwort. »Belle!«
Ich rannte durch die Zimmer. Der Schreck ließ mich alle meine Schmerzen vergessen. Nur vage nahm ich wahr, dass Kyla mich zurückhalten wollte. Später meinte sie, es sei dumm von uns gewesen, das Haus zu betreten, denn wir wussten ja nicht, ob noch ein Fremder darin war. Doch all das interessierte mich in diesem Moment nicht. Ich dachte nur an meinen kleinen dicken Pudel. In der Ferne war schwach das Heulen von Polizeisirenen zu hören, das allmählich lauter wurde. Kyla telefonierte immer noch mit dem Diensthabenden von 911, wiederholte die Adresse, nannte ihren Namen und dann meinen. Im Schlafzimmer war die Verwüstung noch vollkommener. Nichts Zerbrechliches war ganz geblieben. Die Doppelmatratze hatte man aus dem Bettgestell gerissen und in eine Ecke geschleudert, was viel Kraft oder große Wut erfordert haben musste. Aber auch hier keine Spur von Belle. Wieder rief ich ihren Namen.
Dann vernahm ich ein schwaches Winseln. Ich fuhr herum und konnte es im ersten Moment nicht
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