Spiel um Macht und Liebe (German Edition)
seine Geliebte geworden. Er war derjenige, der …
„Was ist denn los? Stimmt etwas nicht?“, fragte Cathy sie jetzt besorgt.
Wie hatte sie sich ihre Gefühle nur so deutlich anmerken lassen können! Wütend auf sich selbst zwang Christie sich zu lächeln. „Nichts“, gab sie vor. „Nichts ist los. Ich dachte nur gerade an deinen Onkel Saul und fragte mich, wie sie zurechtkommen.“
„Tom hat eine Karte geschickt und sagt, dass die Provence prima sei“, teilte Cathy ihr mit. „Er schreibt, das Haus ist spitze, und auf den Bäumen im Garten wachsen richtige Pfirsiche.“
Christie musste lachen. „Richtige Pfirsiche, ja? Na, wollen wir mal sehen gehen, ob die Vögel uns ein paar richtige Brombeeren übrig gelassen haben?“
Es brachte nichts, wenn sie sich Gedanken darüber machte, was hätte sein können. Für Leo und sie gab es keine Zukunft. Das war unmöglich. Und wenn sie meinte, jetzt Schmerz und Sehnsucht zu verspüren, wie viel stärker hätte sie erst gelitten, wenn sie tatsächlich mit Leo geschlafen hätte? Sie konnte ihre Grundsätze und Überzeugungen nicht dafür opfern, dass sie mit ihm lebte, genauso wenig wie Leo seine Position in der Firma opfern konnte.
Die Wunden und der Schmerz, unter denen sie jetzt litt, waren wenigstens sauber und würden irgendwann heilen. Die Wunden, die sie davongetragen hätte, wenn sie und Leo sich aufeinander eingelassen und dann doch gemerkt hätten, dass sie nicht gemeinsam leben konnten, wären niemals geheilt. Diese Wunden hätten sich entzündet und immer weiter in ihr ausgebreitet, weil sie sich so sehr verletzt hatten, im Namen der Liebe.
Saul war also mit den Kindern in der Provence. Weshalb fühlte sie sich dabei so bedrückt und vereinsamt? Davina konnte sich nicht erklären, weswegen sie solche Empfindungen hatte. So eine Vermischung von Ärger und Ablehnung, als habe Saul kein Recht wegzufahren, ohne es ihr vorher mitzuteilen. Doch was bedeutete sie ihm schon? Nichts. Überhaupt nichts.
Leo richtete sich auf, als das Telefon klingelte. Er hatte gerade die drei erschöpfendsten, anstrengendsten und unruhigsten Tage seines Lebens hinter sich, und jetzt brauchte er Zeit, um sich zu erholen und zu entspannen, bevor er weitermachte.
Natürlich hatte es laute Widerstände gegeben, Schreck und Wut, und unter den gegebenen Umständen war es überraschend, dass gerade Wilhelm so laut und heftig protestierte, als Leo seinen Entschluss verkündete. Dabei bekam Wilhelm doch genau das, was er immer hatte haben wollen.
Seine Gespräche mit der Regierung waren äußerst schwierig und anstrengend gewesen. Es gab so vieles zu beachten und zu regeln. Unzählige gesetzlich vorgeschriebene Unterlagen mussten erstellt werden, aber jetzt war alles erledigt. Heute Nachmittag hatte er seine Unterschrift unter ein Dokument gesetzt, das die Kontrolle über Hessler-Chemie an eine Geschäftsleitung übertrug, die von einem besonderen Gremium überwacht und beraten wurden. In diesem Gremium saßen Vertreter aller großen Parteien, Rechtssachverständige, Vertreter der Kirche und der Universitäten. Und diese Körperschaft würde über die zukünftige moralische und finanzielle Entwicklung des Hesslerkonzerns wachen.
Auf ihren Schultern lag jetzt die Verantwortung der Überwachung des Konzerns und der Beratung, damit in Zukunft die richtigen Entscheidungen getroffen wurden.
Wilhelm leitete den Konzern als Vorstandsvorsitzender, aber er war nicht mehr als ein Sprecher, dafür hatte Leo gesorgt. Er würde keine wirkliche Kontrolle und keine Macht haben.
Unterbewusst war Leo Folgendes klar: Falls Wilhelm jemals versuchen sollte, die Fesseln seiner Machtbeschränkung zu durchbrechen, würde er sein letztes Druckmittel anwenden und Wilhelm die Wahrheit über seine Geburt verraten.
Doch das sollte nur als allerletzte Zuflucht dienen. Wilhelm war kein teilnahmsvoller Mensch, es gab keine sanfte, weiche Seite an ihm, dennoch fürchtete Leo, was geschehen konnte, wenn er erfuhr, dass Heinrich nicht sein Vater gewesen war. Und aus diesem Grund hatte er dieses Wissen nicht ausgenutzt. Dabei war ihm klar, dass Wilhelm im umgekehrten Fall nicht gezögert und es wahrscheinlich noch genossen hätte, dieses Wissen auszunutzen.
Aber er war nicht Wilhelm. Zum Glück.
Wie die Heinzelmännchen würde der neue Aufsichtsrat unauffällig im Hintergrund arbeiten, um den Konzern und Wilhelm zu kontrollieren. Und sie würden auch dafür sorgen, dass niemand gegen die Moral des Lebens
Weitere Kostenlose Bücher