Spiel um Macht und Liebe (German Edition)
überheblich, und das waren alles Züge, die sie an Männern nicht mochte.
Und er war einer der beeindruckendsten Männer, die sie jemals getroffen hatte. Auf jeden Fall der schwierigste und verwirrendste. Und was lag unter diesem aggressiven Verhalten? Immerhin hatte er ihr gegenüber die dunkelste Seite männlichen Verhaltens gezeigt. Dann hatte er ihr aber auch noch eine andere, sanftere Seite von sich gezeigt, die ihr bewies, dass er auch ein besorgter, umsichtiger Mensch war.
Niemand, der diese Empfindungen nicht kannte, hätte alles fallen lassen und alles riskiert so wie er, um bei seiner Tochter zu sein, weil sie ihn dringend brauchte.
Sie fühlte sich einen Augenblick unbehaglich, weil Christie so offensichtlich überrascht war, sie zu sehen. Aber sie war froh, als sie den Grund für ihren Besuch so ruhig und vernünftig erklären konnte.
Christies Tochter Cathy beobachtete sie genau. Davina mochte Kinder, und wichtiger noch, sie respektierte sie. Und Christie, die Davina aufmerksam zuhörte, bemerkte, wie schnell sie einen Draht zu Cathy gefunden hatte.
Manche Erwachsene sind so, dachte sie. Sie scheinen genau zu wissen, wie sie an Kinder herankommen. Und dieses Wissen hat nichts damit zu tun, ob sie selbst Kinder haben oder nicht.
„Es tut mir leid“, entschuldigte sie sich. „Ich kann Ihnen Sauls Nummer nicht geben. Sehen Sie, er ist mit den Kindern in der Provence, und das Haus, das er dort gemietet hat, ist ohne Telefon. Natürlich kann ich Ihnen seine Nummer in London geben und seine Anschrift, aber es wird einige Wochen dauern, bis er wieder in England ist.“
„Das macht wirklich nichts“, versicherte Davina ihr rasch. „Ich wollte ihm nur sagen, dass ich seinen Brief erhalten habe. Und ich wollte mich im Voraus für seine Ratschläge bedanken.“
Sie lächelte Christie flüchtig an, und Cathy, die sie immer noch beobachtete, blickte neugierig auf.
„Wenn Sie schon hier sind, könnten Sie doch eine Weile bleiben und einen Kaffee mit mir trinken“, schlug Christie vor. Ihr Gefühl warnte sie, dass es ungeschickt war, sich mit Davina einzulassen. Sie hatte genug Probleme damit, Leo aus ihren Gedanken zu verbannen. Also sollte sie sich lieber nicht in die Gefahr begeben, über Davina den Kontakt zu ihm aufrechtzuerhalten.
„Tut mir leid, aber ich kann nicht“, entschuldigte Davina sich mit aufrichtigem Bedauern. Sie musste Leo anrufen, um sicherzugehen, dass er sein Angebot ernst gemeint hatte, ihr ein Darlehen zu gewähren. Außerdem wollte sie ihm gestehen, dass sie den Namen von Hessler benutzt hatte, um Sir Alex abzuwehren.
Sie wandte sich bereits um, als Christie beiläufig fragte: „Hören Sie hin und wieder von Leo von Hessler? Ich habe ihn zufällig auf einem Kongress getroffen, den wir beide besucht haben.“
Davina blieb stehen. „In letzter Zeit habe ich nichts von ihm gehört“, sagte sie ehrlich. „Aber zufällig will ich ihn heute Abend anrufen. Ich werde ihm sagen, dass Sie sich nach ihm erkundigt haben.“
„Nein, nein. Tun Sie das nicht.“ Innerlich beschimpfte Christie sich, als sowohl Davina als auch Cathy sie ansahen und von ihrer energischen Äußerung offenbar überrascht waren. „Ich meine, dass er sich wahrscheinlich sowieso nicht an mich erinnert“, wich sie aus. „Ich weiß, wie teuer diese Ferngespräche sind, und Sie werden keine Zeit damit verschwenden wollen, ihm eine Frau zu beschreiben, die er vor Monaten getroffen und sicher längst vergessen hat.“ Christie bemerkte, dass Davina sie sehr nachdenklich und prüfend anblickte.
„Ich bin überzeugt davon, dass er es nicht hat“, sagte sie ruhig. „Immerhin haben Sie ihn auch nicht vergessen, stimmt’s?“
Ihn vergessen. Wenn ich das nur könnte, dachte Christie, nachdem Davina gegangen war.
Erst gestern Nacht war sie aufgewacht und hatte tatsächlich die Hand nach ihm ausgestreckt, bevor sie ganz wach geworden war und gemerkt hatte, was sie gerade tat.
Was hatte bloß dieses unterbewusste, starke Empfinden in ihr geweckt, das sie von innen her verbrannte. Wie wäre es gewesen, wenn sie ein Liebespaar geworden wären? Wie konnte sie sosehnsüchtig die Zärtlichkeit vermissen, die sie überhaupt nicht geteilt hatten? Ihre Sinne flehten nach etwas, was sie einst gekannt hatten und was ihnen jetzt verwehrt wurde.
Und sie wusste, wessen Schuld das war. Sie brauchte sich nicht vorzuwerfen, dass sie nicht ein einziges Mal dieses Verlangen nach ihm gestillt hatte. Nur zu gern wäre sie
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