Spiel um Sieg und Liebe
die dich nicht so gut kennen wie ich. Es mag Menschen geben, die so denken, aber zu denen hast du noch nie gehört.« Sie hob eine Hand und wehrte ab, als Amy sie unterbrechen wollte. »Warum hast du sonst drei Jahre lang eine unglückliche Ehe aufrechterhalten? Weil für dich die Ehe ein Versprechen ist, und weil du deine Versprechen einhältst.«
»Ich habe schon einmal versagt …«
»Ach, nur du?«, unterbrach Madge sie sofort. »Du kannst mir nicht erzählen, dass nur du die Schuld daran trägst, dass die Ehe nicht gehalten hat. Und jetzt willst du dein Glück verspielen, nur weil du einmal einen Fehler gemacht hast?«
»Ich bin ja glücklich«, versicherte Amy ihr und legte eine Hand auf die Schulter ihrer Freundin. »Tad ist alles, was ich jemals gewollt habe, Madge. Ich will ihn nicht verlieren.«
Überrascht zog Madge die Brauen hoch. »Aber Amy, du hast ihn damals verlassen – nicht umgekehrt.«
»Ich bin ihm nur zuvorgekommen.«
»Amy, ich verstehe nicht …«
»Lass nur, Madge, das ist alles lange her und spielt überhaupt keine Rolle mehr. Wir fangen wieder ganz von vorn an. Ich weiß, welche Fehler ich gemacht habe, und ich werde mich hüten, sie noch einmal zu wiederholen. Es gab Zeiten in meinem Leben, da habe ich gedacht, ich sei wichtiger als das hier.« Sie nahm einen Tennisball in die Hand und warf ihn hoch. Dann fing sie ihn wieder auf und sah nachdenklich darauf. »Wichtiger als alles andere. Selbst seine Familie habe ich als Rivalen angesehen. Ich war sogar eifersüchtig auf seine Tennis-Leidenschaft. Heute weiß ich, dass das sehr albern war.«
»Seltsam.« Madge schüttelte den Kopf. »Und ich habe früher immer gedacht, dass an erster Stelle die Arbeit des Professors stehe. Nachher stellte sich heraus, dass für ihn meine Arbeit auf dem Tennisplatz am wichtigsten war. Und heute wissen wir, dass beides nicht stimmte.«
Lächelnd nahm Amy ihre Tasche über die Schulter. »Tad wird niemals vergessen, dass Tennis ihn zu dem gemacht hat, was er heute ist. Vielleicht ist das auch gut so. Wenn man seine Herkunft nicht kennt, dann kann man auch das Feuer nicht verstehen, das er ins Spiel bringt.«
Sie kennt ihn in manchen Belangen so gut, dachte Madge, aber in anderen wiederum überhaupt nicht. »Und was bringt dann die Kälte in dein Spiel?«
»Angst.« Amy hatte geantwortet, wie sie es sonst nie tat – spontan und unüberlegt. Jetzt hätte sie das Wort am liebsten wieder zurückgenommen. Sie zuckte mit den Schultern und zwang sich zu einem Lächeln. »Ja, Angst.« Mit der Tasche auf der Schulter setzte sie sich in Bewegung. »Ein Glück, dass du kein Reporter bist!«
Der Kies knirschte unter ihr. Selbst mit geschlossenen Augen hätte Amy gewusst, wo sie war. Auch dieser Kies war typisch für die Anlage in Wimbledon. »Erinnere mich daran, dass ich dir irgendwann einmal erzähle, was mir fünf Minuten vor einem Spiel durch den Kopf geht.«
Amy schlief tief. Die Vorhänge waren vorgezogen und ließen nur wenig von der strahlenden Nachmittagssonne in das Zimmer dringen. Sie trug nur einen Slip und ein etwas längeres T-Shirt. Tad wollte sie später wecken, und dann wollten sie durch die Stadt bummeln. Morgen mussten beide spielen, so durfte es abends nicht zu spät werden.
Ein Klopfen an der Zimmertür weckte sie auf. Amy setzte sich und strich sich mit beiden Händen durch das Haar. Sicher hatte Tad seinen Schlüssel vergessen. Seufzend stand sie auf und ging zur Tür. Die Augen noch halb zu, griff Amy zur Klinke und öffnete.
»Eric!« Mit einem Schlag war sie hellwach.
»Amy.« Er nickte nur und ging an ihr vorbei ins Zimmer. »Habe ich dich aufgeweckt?«
»Ja, ich hatte mich hingelegt.« Völlig verwirrt schloss Amy die Tür wieder. Er sieht noch genauso aus, schoss es ihr durch den Kopf. Aber warum auch nicht! Eric war nicht der Mann, der Veränderungen liebte. Groß und schlank, wirkte er mit seinem kurzen Haarschnitt und dem gerade durchgedrückten Rücken wie ein Offizier.
Als er sich ihr wieder zuwandte, blickte sie in seine Augen. Sie waren blau in einem blassen Gesicht, intelligent und kalt. Seine schmalen Lippen konnten sich zu einem Strich zusammenziehen, wenn er wütend war. Amy kannte das nur zu gut. Als er noch um sie geworben hatte, war er charmant und freundlich gewesen, aber das hatte sich nachher schnell geändert.
Amy schob die Gedanken beiseite. Er war nicht mehr ihr Mann. Sie straffte die Schultern und dachte daran, dass sie nichts mehr mit ihm zu tun
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