Spiel um Sieg und Liebe
mehr hinter dem Sieg ihres Sohnes gesehen. Wut, Enttäuschung – vielleicht sogar Verzweiflung. Genauso hatte er sich damals als kleiner Junge benommen, wenn die anderen ihn in der Schule gehänselt hatten, weil er keinen Vater hatte. Damals hatte er dann zugeschlagen, heute benutzte er seinen Schläger – das war der einzige Unterschied.
»Mom.« Jess beugte sich näher zu ihrer Mutter hinüber, sodass Martin nicht hören konnte, was sie sagte. »Mit Tad ist etwas nicht in Ordnung, nicht wahr?«
»Ja, irgendetwas ist da absolut nicht in Ordnung. Ich frage mich nur, was.«
Jess hielt ihren kleinen Sohn fest an sich gedrückt. Jetzt rieb sie ihre Wange an seiner, als könne sie dadurch die Schuldgefühle auslöschen, die in ihr immer stärker wurden. Pete wand sich lachend aus ihren Armen und kletterte auf den Schoß seines Vaters.
»Ich habe Amy noch nirgendwo gesehen«, sagte Jess leise.
Ada sah ihre Tochter an. Jess hatte ihr eher beiläufig erzählt, dass Tad und Amy sich wieder häufiger sehen würden. Aber eigentlich hatte sie diese Bestätigung gar nicht gebraucht. Als Ada gehört hatte, dass Amy wieder Tennis spielte, hatte sie gewusst, dass die beiden erneut zusammenkommen würden.
Sie hatte ihren Sohn nur einmal völlig verzweifelt gesehen. Und das war, als Amy diesen englischen Lord geheiratet hatte. Sie hatte gewusst, dass ihm das nahegehen würde, aber niemals hätte sie mit einer solch wütenden und dabei doch so verzweifelten Reaktion von Tad gerechnet.
»Ich habe sie auch noch nicht gesehen«, antwortete Ada. »Sie muss ja heute auch noch spielen.«
»Ja, aber erst in einer halben Stunde.« Jess ließ ihren Blick über die Zuschauerränge gehen. »Normalerweise hätte sie doch erst Tad zugesehen.«
»Nun, sie wird schon ihre Gründe haben.«
Jess kämpfte mit sich. »Mom, ich muss mit dir reden – allein. Wollen wir eine Tasse Kaffee trinken gehen?«
Ohne weitere Fragen zu stellen, stand Ada auf. »Pass gut auf Pete auf«, sagte sie zu ihrem Schwiegersohn und strich ihrem Enkel liebevoll durchs Haar. »Jess und ich kommen gleich zurück.«
»Willst du es ihr sagen?« Macs Stimme war ganz leise, sodass Ada ihn nicht hören konnte. Besorgt griff er nach der Hand seiner Frau.
»Ja. Ja, es muss sein.«
Mac hielt seinen Sohn auf dem Schoß fest und sah den beiden Frauen nach, die bald in der Menge der Zuschauer verschwunden waren.
Nachdem sie einen kleinen Tisch gefunden hatten, wartete Ada darauf, dass ihre Tochter anfangen würde zu reden. Sie wusste, dass Jess sich absichtlich so viel Zeit ließ, Kaffee und Kuchen zu bestellen, und sie wartete auch noch geduldig ab, bis alles vor ihnen stand und Jess begann, ihren Kaffee umzurühren.
»Mom, kannst du dich noch daran erinnern, als wir vor drei Jahren hier waren?«
Wie könnte ich das jemals vergessen? dachte Ada und lächelte. Ihr Sohn hatte damals zum ersten Mal die offenen amerikanischen Meisterschaften gewonnen. Kurz darauf allerdings hatte das für ihn alles keine Rolle mehr gespielt. Eine Welt war für ihn zusammengebrochen, als Amy ihn verließ. »Ja, ich erinnere mich.«
»Amy hat damals Tad verlassen und Eric Wickerton geheiratet.«
Als Ada schwieg, nahm Jess einen Schluck von ihrem Kaffee. Langsam stellte sie die Tasse zurück und sah ihre Mutter an. »Mom, das war alles meine Schuld.«
Erstaunt sah Ada ihre Tochter an. »Deine Schuld? Aber wieso denn?«
»Ich bin zu ihr gegangen.« Nervös begann Jess, ihre Serviette zu zerreißen. Nachdem sie Mac alles erzählt hatte, hatte sie gedacht, es würde einfacher sein, auch ihrer Mutter die Wahrheit zu sagen. Aber mit dem erstaunten Blick ihrer Mutter auf sich gerichtet, kam Jess sich wieder vor wie ein kleines Mädchen, das etwas angestellt hatte. »Ich bin in ihr Hotelzimmer gegangen, als ich sicher sein konnte, dass Tad nicht da war. Ich habe ihr gesagt, Tad habe genug von ihr.« Jetzt war es endlich heraus!
»Und was hat sie gesagt? Hat sie dir nicht ins Gesicht gelacht?«
Jess schüttelte den Kopf. »Nein, ich war wohl sehr überzeugend.« Sie senkte den Kopf. »Vielleicht weil ich sicher war, die Wahrheit zu sagen. Oh, Mom! Wenn ich daran denke, was ich ihr alles gesagt habe …« Jess sah ihrer Mutter in die Augen, und ihr Blick war schuldbewusst und verzweifelt. »Ich habe ihr gesagt, Tad meinte, sie und Eric würden sehr gut zueinander passen. Das stimmte zwar im Grunde, aber ich habe es so gedreht, als wenn Tad froh wäre, wenn sie zu Eric ginge. Dann habe ich Tad
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