Spiel ums Glueck
gewesen von dem Gemälde, fragte er sich versonnen, wenn es seine wahre Bedeutung erkannt hätte? Oder war die junge Frau nur deshalb so versessen auf das Bild, weil er ebenfalls Anspruch darauf erhoben hatte?
„Nun, Sir, das hier dürfte Ihnen gefallen.“ Neuf faltete die Times so akkurat, dass ein Artikel sogleich ins Auge fiel, und hielt sie seinem Herrn hin. „Ein neuer Club für Gentlemen, in dem man dinieren und spielen kann.“
Richard warf einen düsteren Blick auf die Zeitung, ohne sie an sich zu nehmen. „Ich habe nicht vor, das Glück herauszufordern, damit es mich verlässt, Neuf. Du weißt, dass ich nicht mehr Karten spiele oder sonst einem Glücksspiel fröne.“
„Aber dieses Etablissement scheint anders zu sein, Sir“, sagte der Diener beharrlich. „Es nennt sich ,Penny House, und es heißt, die Besitzer sind drei Pfarrerstöchter aus Sussex. Das Geld, das sie einnehmen, kommt ausschließlich der Wohltätigkeit zugute.“
„Wie - Hasard spielen bei Frömmlern?“ Richard musste herzhaft lachen ob der durch und durch grotesk anmutenden Neuigkeit. „Sag einen Psalm auf und würfele dann?“ „Die Damen wären bestimmt eine Sehenswürdigkeit, Sir ..."
„Setzen Sie Ihren Verstand ein, Neuf“, spottete er. „Haben Sie je eine Frau kennengelernt, bei der überdurchschnittliche Schönheit und Mitgefühl vereint sind?“
„Der Duke of Carlisle ist ihr Förderer, Sir“, gab der Bedienstete unbeirrt zu bedenken und überflog noch einmal die Zeilen. „Sicher würde ein Kriegsheld wie er seine Unterstützung nicht leichtfertig anbieten.“
„Bevor er ein Held wurde, war er auch nur ein Mann“, versetzte Richard trocken. „Und es stellt sich lediglich die Frage, was die Schwestern ihm geboten haben oder er ihnen. Ich wette um eine Guinea, dass diese drei Damen aus einem besseren Freudenhaus gezerrt wurden, um dem Club als eine Art Aushängeschild zu dienen. Sie sind ebenso wenig Pfarrerstöchter wie Sie und ich.“
„Wie Sie meinen, Sir“, bemerkte Neuf seufzend und faltete das Tagesblatt umständlich wieder auseinander. „Übrigens, Sir, sie schreiben, dass die Mitgliedschaft in diesem Club ausgesprochen exklusiv sein wird. Gentlemen, die bei ,White’s, ,Brook’s oder Boodle’s Mitglied sind, gewährt man in diesem Club heute Abend keinen Eintritt, es sei denn, sie sind ausdrücklich vom Komitee von ,Penny House eingeladen worden.“
„Man braucht in ,Penny House eine Einladung, um sich das Geld aus der Tasche ziehen zu lassen? Zeigen Sie mir den Artikel, Neuf“, befahl Richard und riss dem Diener die Zeitung aus der Hand. „Selbst für eine Stadt wie London geht das hier verdammt noch einmal zu weit.“
Neuf faltete seine Hände vor dem Bauch. „Es ist wahr, Sir, ich habe diese Geschichte nicht erfunden, das könnte ich gar nicht.“
„Wer zum Teufel würde auch auf einen solch absurden Gedanken kommen?“ Mit einer steilen Falte zwischen den Augenbrauen überflog Richard die Zeilen, und während er las, verstärkte sich in ihm das Gefühl, es handele sich hier um seine ganz persönliche Herausforderung und nicht etwa nur um ein bisschen Klatsch über die Londoner Gesellschaft. Nicht dass einer von diesen feinen Leuten von seiner Vergangenheit wüsste oder annehmen konnte, er spiele mit dem Sohn eines Bergmannes eine Partie Hasard. „Hier steht, die Besitzer möchten mit dieser strengen Auswahl die vornehme Atmosphäre ihres Clubs wahren. Was ist vornehm daran, sich so zu betrinken, dass es einem nicht mehr schwerfällt, seinen letzten Penny zu setzen?“
Der schmale Diener zuckte mit den Schultern. „Wir sind in London, Sir, und so sind hier eben die Regeln. “
„Das werden wir sehen.“ Richard warf die Zeitung auf den Tisch neben sich, stand auf und entledigte sich seines Hausmantels. In Windeseile legte er seine Abendgarderobe an. Dem Club einen Besuch abzustatten bedeutete noch lange nicht, dass er um viel Geld spielen oder überhaupt spielen musste. „Ich möchte sehen, wie die drei fidelen Schwestern versuchen, mich von ihrem kostbaren Etablissement fernzuhalten, nur weil ich keine exklusive Einladung vorzuweisen habe.“
Neuf fing den Hausmantel auf, den Richard gerade über eine Stuhllehne zu werfen versuchte. „Dann werden Sie also ,Penny House aufsuchen, Sir?“ Als sein Herr nickte, verneigte der Kammerdiener sich knapp. „Wie Sie wünschen, Sir.“
„Und ob, verdammt noch einmal, Neuf“, erwiderte Richard vergnügt, während seine Stimmung sich
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