Spiel ums Glueck
lautstark, während die livrierte Dienerschaft sie fortzuschieben und wegzuziehen versuchte, um Ruhe zu schaffen. Andere Gentlemen verstopften den Eingangsbereich, fest entschlossen, herauszufinden, was die Ursache dieser Aufregung war. Genau in der Mitte der lautstarken Runde von Streithähnen machte Cassia Amariah aus. Ihr Haar leuchtete wie eine Kupfermünze, die man in die Menge der schwarz befrackten Gentlemen geworfen hatte. Für einen Moment glaubte sie einen Arm zu sehen, der wie wild in ihre Richtung gestikulierte, und dann schaute Amariah hoch und entdeckte Cassia oben auf dem Treppenabsatz.
Wie durch Zauberhand erschien plötzlich Pratt an Cassias Seite, sein Gesicht so betont kühl, dass es zweifellos ernsthafte Probleme gab. „Entschuldigen Sie, Miss Cassia, Miss Amariah hat mir aufgetragen, Ihnen auszurichten, dass Sie unverzüglich zu ihr kommen möchten. Hier entlang, Miss, wenn es Ihnen recht ist.“
Cassia nickte und schloss energisch ihren Fächer. Sie bedachte Lord Russell mit einem letzten höflichen Lächeln, das ihr Bedauern über die Unterbrechung ihrer Konversation, wie sie hoffte, ausreichend zum Ausdruck brachte, dann folgte sie Pratt eilig die geschwungene Freitreppe zum Entree hinab. Die Eröffnung hatte überaus vornehm und elegant verlaufen sollen, damit viele Gentlemen sich angesprochen fühlten, in ihrem Club Mitglied zu werden. Es bestand sicher nicht die Absicht, eine Rauferei zu veranstalten.
„Was ist geschehen, Pratt?“, flüsterte sie dem Angestellten zu. „Sagen Sie es mir!“
„Nichts, das nicht binnen weniger Augenblicke wieder behoben werden könnte, Miss“, erwiderte der neue Geschäftsführer prompt, ohne auf ihre Frage einzugehen. „Miss Amariah wird Ihnen alles erklären.“
Er bahnte sich und seiner Begleiterin einen Weg durch die Menge von neugierigen Gästen, die aus den Salons herbeiströmten, während von der Eingangstür her die sensationslüsternen Passanten und jene, die noch auf Einlass gewartet hatten, ins Entree drängten. Endlich erreichten sie eine
Tür, die in das Vorzimmer des Portiers führte, und Pratt hielt sie gerade so lange offen, bis Cassia hastig hineingeschlüpft war. Zwei der größten und kräftigsten Männer, die heute Abend für Ruhe und Sicherheit zu sorgen hatten, hielten einen Herrn an den Oberarmen fest und hinderten ihn mit Mühe daran, sich wieder herauszuwinden. Der Gentleman stand mit dem Rücken zu ihr, sein dunkles Haar war in Unordnung geraten, und ein Riss in seinem Frackärmel bezeugte, dass er etwas mit dem Handgemenge in der Eingangshalle zu schaffen hatte.
„Danke, dass du gekommen bist, Cassia.“ Ihre Schwester stand in der einen Ecke des winzigen Raumes, Seite an Seite mit einem weiteren Wachposten, den sie für den Club engagiert hatten. Mit ihren vor dem Bauch gefalteten Händen und der glatten Miene schien Amariah sich ihre gewohnte Gemütsruhe bewahrt zu haben. Lediglich ihre geröteten Wangen ließen darauf schließen, dass sie nicht ganz so ungerührt war, wie sie vorgab. „Es tut mir leid, dass ich dich bemühen musste, Cassia, doch dieser Gentleman hier hat uns in Verlegenheit gebracht, und du bist, wie es aussieht, darin involviert.“
„Cassia.“ Der Mann, der noch immer festgehalten wurde, wiederholte genüsslich ihren Namen und versuchte sich nach ihr umzudrehen. Die beiden Männer jedoch zwangen ihn, Amariah anzusehen. „Also so heißt die junge Dame? Cassia? Ein seltener Name wie dieser passt zu ihr.“
Cassia presste die Hand auf die Lippen, um sich daran zu hindern, laut aufzuschreien. Sie hatte die Stimme erkannt, auch ohne das Gesicht des Sprechenden gesehen zu haben: Er war der Gentleman, der ihr bei „Christie’s“ das Gemälde gestohlen hatte.
Doch weshalb war er in den Club gekommen? Wie konnte er wissen, dass er sie in „Penny House“ finden würde? Oder war er ihr womöglich bis hierher gefolgt, in der Absicht, sie weiter zu beleidigen?
„Wie die Dame genannt wird, ist für Sie nicht von Bedeutung, Sir“, erklärte Pratt mit versteinerter Miene. „Sie täten gut daran, sich um Ihre eigenen Angelegenheiten zu kümmern und zu überlegen, was wohl ein Richter zu Ihrem Gebaren sagen würde. Unbefugter Eintritt in unser Haus, Übergriff auf unser Personal - das nennt man Hausfriedensbruch, Sir.“
„Da es sich bei Ihren Anschuldigungen jedoch schlichtweg um Lügen handelt, sind sie vor Gericht nicht von Belang.“ Der Gentleman verstummte für einen Augenblick, und Cassia
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