Spiel ums Glueck
weigern“, sagte sie schließlich, worauf er sie losließ. „Weil es viel zu viel zu tun gibt. Machen Sie sich vorzeigbar, und ziehen Sie sich an. Dann können Sie mir das Haus zeigen, damit ich endlich mit meiner Arbeit beginnen kann.“
Mach dir nichts daraus, Cassia, tröstete sie sich im Stillen. Er liebt niemanden außer sich selbst, und er hat noch nie geliebt. Hüte dich davor, dein Herz an ihn zu verlieren, oder es bricht entzwei.
Richard hatte sich das Ganze anders vorgestellt. Unmengen von altem Marmor und verrotteten Balken krachten im Ballsaal direkt unter ihm im Erdgeschoss zu Boden und erschütterten das Haus. Selbst die Tasse zitterte leise klirrend auf der Untertasse. Es folgten lauter Beifall und Triumphrufe der Zimmerleute, die dieses Chaos veranstalteten. Wenn er genau hinhörte, würde er bestimmt auch Cassia unter ihnen vernehmen, wie sie noch lauter Hurra rief als all die Männer und die Zerstörung bejubelte, die sie im ganzen Haus anrichtete. Ohne Zweifel schwang sie den Hammer, begierig darauf, das letzte friedvolle Plätzchen im Haus zu erobern.
So viel zum idyllischen Rückzug aufs Land, den er sich mit ihr an seiner Seite ausgemalt hatte. Er musste sich eingestehen, dass seine Vorstellungen davon, wie sie das Haus instand setzen würde, ganz anders gewesen waren. Er hatte sich Cassia in einem weißen, fließenden Kleid geträumt, in dem sie durch die Räume schlenderte und hier und da den Malern Anweisungen bezüglich der Farbauswahl gab. Die Männer gingen natürlich still und ruhig ihrer Arbeit nach, während Cassia und er Arm in Arm über die Wiesen spazierten, wo noch viel mehr zwischen ihnen geschehen sollte, insbesondere in dem hohen Gras nahe dem malerischen Hügel am südlichen Ende des Anwesens.
Stattdessen gab es nichts als Staub, Lärm, Schmutz und Zerstörung. In den vergangenen zwei Wochen waren Armeen von Handwerkern angerückt, die seither auf seinem Land kampierten. Seine arme Köchin war gänzlich überfordert.
Und Cassia hatte sich in einen ausgemachten Lord Wellington in Röcken verwandelt. Eine Führergestalt mit einer Vision im Kopf, die nur sie verstand - ein General, der mit Courage und Schmiss seine ihm an den Lippen hängenden Untergebenen befehligte. Dabei trug sie Tag für Tag den gleichen Kittel, und ihr schönes rotes Haar versteckte sie unter einer Haube gegen den, wie er zugeben musste, reichlichen Staub. Wenn Richard sie bei der Arbeit beobachtete, wie sie energisch den Pinsel oder den Hammer schwang, bot sie einen fürwahr prachtvollen Anblick. Eine Amazone par excellence im Reiche der Raumausstattung.
Indes hatte er seinen ursprünglichen Traum von der bukolischen Idylle keineswegs aufgegeben. Er wünschte sich sehr, mit ihr allein zu sein, mit ihr über das Land zu schlendern, sie zum Lachen zu bringen oder sie mit Badewasser zu bespritzen, um sie zu necken. Er wollte die alte Cassia von „Penny House“, die liebreizende, amüsante und staubfreie Cassia.
Er seufzte und begann die Post, die Neuf ihm auf einem Silbertablett heraufgebracht hatte, zu öffnen. Gleich das erste Schreiben riss ihn unsanft aus seinen romantischen Gedanken. Er faltete den Briefbogen auseinander, auf dem übersichtlich nur wenige Zeilen vermerkt waren:
Blackley, Sie Bastard, weshalb sind Sie nicht Manns genug, um sich mir zu stellen? Sie blutiger Feigling flüchten lieber mit Ihrer Dirne aufs Land. Denken Sie etwa, ich würde Sie dort nicht auf suchen?
Richard wusste, dass der Brief nur von Bolton stammen konnte. Einzig ein vulgärer Mensch wie er war in der Lage, sich entgegen seinem Stand in solch unwürdiger Weise zu gebärden.
„Oh, Richard, wie schön, dass ich Sie gefunden habe!“ Cassia stürmte in den Raum und hielt zwei bemalte Holztafeln hoch. „Ich weiß, dass ich Sie überfalle, aber Sie müssen sich sofort entscheiden, damit die Maler Weiterarbeiten können. In welcher Farbe soll Ihr Speisesalon erstrahlen?“
Sie streckte eine der Tafeln vor, doch er unterbrach sie. „Ich muss nach London, Cassia. Es ist dringend. Ich werde im Handumdrehen wieder hier sein. “
Cassia blickte ihn besorgt an. „Wegen Bolton, nicht wahr?“ Sie warf einen flüchtigen Blick auf das Schreiben in seiner Hand. „Oh, Richard, er bedroht Sie noch immer.“
„Ich werde ihn ein für alle Mal zur Raison bringen. Sie müssen mich nicht begleiten. Ich kann verstehen, dass Sie mit Ihrer Arbeit fortfahren möchten.“
Sie reckte das Kinn vor. „Ich komme unter zwei
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