Spiel ums Glueck
verbeugen. „Mein Name ist Luke Lenotre, Sir, und es ist mir eine große
Ehre, Sie kennenzulernen, Sir.“
„Marie-Claire war deine Mutter?“, erkundigte Richard sich, obwohl er die Antwort bereits wusste.
„Aye, aye.“ Die silbergrauen Augen, die ihm entgegenblickten, begannen verräterisch zu schimmern, und Richard ahnte, dass der Junge jeden Augenblick anfangen würde zu weinen. Und ihm selber war auch danach zumute. „Sie war meine Mutter, Sir, und Sie ... Sie sind mein Vater. “
„Das bin ich“, antwortete Richard ernst, denn dieser Umstand war nicht zu leugnen. Je länger er Lukes Antlitz betrachtete, desto mehr erkannte er sich selbst in ihm. „Ja, das bin ich.“
„Ja, Sir.“ Der Junge wischte sich die Nase mit dem Hemdsärmel ab und schaute ihn erwartungsvoll an.
Ratlos sah Richard sich nach Cassia um, doch zu seinem Bedauern war sie verschwunden und hatte ihn mit seinem Sohn allein gelassen. Dabei war sie die Einzige, die ihm hätte sagen können, wie er am besten mit dieser Situation umging.
Er räusperte sich und schluckte seine Ergriffenheit hinunter. „Du heißt Luke?“
Der Knabe nickte und blickte unsicher zu ihm auf. Die Frage, ob er seinem Vater willkommen war, stand ihm ins Gesicht geschrieben.
„Und du bist zehn?“
„Elf im August, Sir.“
„Ja, natürlich.“ Die Erinnerung an Marie-Claire stand Richard nun wieder deutlich vor Augen; es war ein kurzes Intermezzo mit ihr gewesen, ungefähr einen Monat lang, als der Hurrikan Land und Leute geplagt und es Tag und Nacht geregnet hatte. Nachdem die Stürme vorüber waren, war sie von der Plantage verschwunden, und er hatte sie irgendwann vergessen.
„Schmeckt es dir, was die Köchin dir zubereitet hat? Du siehst aus, als könntest du ein wenig mehr Fleisch auf den Rippen vertragen.“
„Aye, aye, Sir.“ Der Knabe warf einen begierigen Blick auf den Teller mit Hammelfleisch und Gemüse, der auf seinem Platz stand. „Darf ich aufessen, Sir?“
„Natürlich“, erwiderte Richard mit etwas zu überschwänglicher Herzlichkeit und wandte sich zu den Küchenmädchen um, die die Szene wie gebannt beobachtet hatten. „An die Arbeit mit euch, ihr Müßiggänger! “
Als er sich wieder zu Luke umdrehte, hatte der Junge sich bereits gesetzt. Richard sah ihm zu, wie er sein Essen verschlang und dabei mit der Nase so tief über dem Teller hing, dass er fast keinen Löffel mehr benötigte.
„Bringen Sie mir auch eine Portion von dem Eintopf, den Luke gerade isst“, rief er der Köchin zu.
„Aber Mr Blackley, Sir, das ist Essen für die Arbeiter!“, protestierte die Frau entsetzt. „Nichts, was sich eignet, in Ihrem Speisesalon serviert zu werden!,“
Richard jedoch ließ sich nicht belehren und bestand darauf, mit seinem Sohn in der Küche zu speisen. Während sie aßen, erzählte Luke ihm, dass seine Mutter im vergangenen Sommer am Fieber verstorben war und er als Schiffsjunge angeheuert hatte, um ihn, den Vater, zu suchen. Richard, der sich den Bericht des Knaben gerührt anhörte, erklärte ihm, dass Marie-Claire plötzlich nach Martinique verschwunden war und nie mehr etwas von sich hatte hören lassen - auch nicht, nachdem Luke geboren worden war.
Obwohl er all die Jahre nichts von seiner Vaterschaft gewusst hatte, regte sich das schlechte Gewissen in Richard, und unwillkürlich fielen ihm Cassias Worte ein. Sie sind der selbstsüchtigste Mensch, den ich kenne.
„Wenn ich gewusst hätte, dass es dich gibt, hätte ich euch geholfen, wo ich nur kann“, beteuerte er.
„Aye, aye, Sir. Mama hat mich glauben lassen, Sie wären tot, Sir, weil Sie sich nicht um uns gekümmert haben. Aber ich wusste, dass es nicht stimmt. Und deshalb habe ich mich auf den Weg gemacht, Sie zu finden.“
Wie könnte ich mich auf dich verlassen, nach dem, was ich über dich weiß? Mama hat mich glauben lassen, Sie wären tot, weil Sie sich nicht um uns gekümmert haben.
„Ist die rothaarige Dame Ihre Gattin, Sir?“, wollte Luke plötzlich wissen. „Sie hat mir die Tür geöffnet und mich hereingelassen. “
„Sie ist nicht meine Gattin, nein“, erklärte Richard unbehaglich. „Sie ist eine Freundin, die hier ... äh ... eine Weile Quartier genommen hat, um mir dabei zu helfen, das Haus zu modernisieren.“
Luke nickte und schien sich seinen Teil zu denken. Der Knabe wusste für sein Alter zu viel; bestimmt kannte er den Unterschied zwischen einer Ehegattin und einer Frau, die nur die Freundin eines Gentleman war.
„Sie ist
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