Spiel unter Freunden
Mittagessen, oder?» Gino sah auf seine
Uhr. «Niemals. Ist doch schon halb zehn.» Er setzte
sich an seinen Schreibtisch und griff zu einem dreifachen
Clubsandwich mit Putenbrust.
Magozzi stellte das
Telefon auf Lautsprecher um, und die Musik plärrte in ihrer
ganzen Low-Fidelity-Herrlichkeit. Gino sah fassungslos aufs
Telefon. «Mein Gott, so was gehört echt
verboten.»
«Letztendlich
verwursten sie alles zu Muzak. Sogar Bach.
Irgendwas aus der Mall
gehört?»
«Im Westen
nichts Neues», murmelte Gino mit vollem Mund.
Die Orgelmusik
hörte abrupt auf, und eine dünne, ältliche
Frauenstimme meldete sich. «Hallo?» Magozzi schnappte
sich den Hörer und stellte sich der Äbtissin von St.
Peter's vor.
Nach fünf Minuten
war Magozzi vollends überzeugt, dass St. Peter's nichts als
eine Sackgasse war. Ja, die Schule besaß Computer, nein, die
Schüler hatten keinen freien Zugang zu diesen Computern, ja,
einige Schüler besaßen ihre eigenen Computer, aber als
er erwähnte, dass er in einem Mordfall in Minneapolis
ermittelte, lachte sie ihn schlichtweg aus.
«Ihren
Verdächtigen werden Sie hier nicht finden, Detective. Schon
vor Jahren haben wir aufgehört, ältere Schüler
anzunehmen unsere ältesten Schüler besuchen die
fünfte Klasse.» Und natürlich waren sämtliche
Angestellten von St. Peter's, ehemalige wie gegenwärtige,
entweder Nonnen oder Priester und passten absolut nicht zum Profil
eines umherreisenden wahnsinnigen Mörders. Aber die
Äbtissin blieb kooperativ und geduldig. Zudem wirkte sie lieb
und nett, obwohl Magozzi dem nicht so recht trauen mochte.
Erfahrungen aus der Kindheit hatten ihn nämlich gelehrt, auch
einer noch so lieben und netten Äbtissin niemals zu trauen. Er
wusste ganz einfach, dass unter den schwarzen Falten ihrer Tracht
ein großes Holzlineal lauerte.
Zum Ende des
Gesprächs hatte er sie mit seinem Charme so beeindruckt, dass
sie Mitleid empfand. Mit einem von Herzen kommenden «Gott
segne Sie» verband sie ihn weiter zu Schwester Mary Margaret
im Archiv.
Als dann
schließlich sein Gespräch mit Schwester Mary Margaret
auch beendet war, hatte Gino inzwischen fast sein ganzes Sandwich
und ein halbes Stück Schokoladentorte vertilgt. «Was
gibt's also Neues aus New York?»
«Nicht viel. Und
wahrscheinlich hoffnungslos, obwohl die Archivarin
Computerfanatikerin ist und jede noch so geringe Information der
letzten dreißig Jahre digitalisiert und online gespeichert
hat.»
«Verdächtig?»
«Höchst
unwahrscheinlich. Es handelt sich um eine sechzigjährige Nonne
im Rollstuhl.»
«Und was sollte
dann dieser Schmus von einer ‹sexy Stimme›, den ich
mitgehört hab? Ich weiß, dass du schon seit einer ganzen
Weile Single bist, aber nicht einmal du würdest so tief
sinken, eine in die Jahre gekommene und behinderte Nonne zu
verführen.» Magozzi grinste. «Sie hörte sich
an wie Lauren Bacall, und das hab ich ihr nur gesagt. Danach hat
sie mir ihr Passwort gegeben, sodass wir zu sämtlichen ihrer
Daten Zugang haben.»
«Toll. Und was
machen wir jetzt? Drucken wir eine Liste aller Schüler aus,
die je dort eingeschrieben waren, und prüfen, ob wir eine
Entsprechung auf der Registrierungsliste finden, oder
was?»
«Ich
schätze schon. Wer weiß, wozu es gut ist? Wie macht sich
denn Tommy mit der Monkeewrench-Truppe?»
«Sind allesamt
in der Sardinenbüchse, die er Büro nennt, und
überschlagen sich vor Eifer. Ich hab ein paar Mal meinen Kopf
zur Tür reingestreckt, konnte aber sein ständiges
‹Mann, das ist ja echt cool› nicht mehr hören.
Wendehals und Speichellecker in einer Person, das ist er. Willst du
die Leute immer noch verhören?»
«Aber ja.»
Magozzi packte sein Sandwich aus und verteilte Meerrettich aus
einem kleinen Plastikpäckchen auf dem geradezu obszön
großen Haufen Putenfleisch. Das war es dann wohl mit der
Diät. Er hatte gerade einmal abgebissen, als Chief Malcherson
neben ihm auftauchte.
«Das FBI hat das
Gebäude verlassen», sagte er.
Beinahe hätte
Gino einen großen Bissen Putenbrust ausgespuckt. Chief
Malcherson scherzte nie absolut nie-, aber der jetzt war
nicht schlecht.
«He, Chief, Sie
sind ein lustiger Vogel.»
«Was soll das
heißen. Was war denn so lustig?» Gino und Magozzi
wechselten Blicke und setzten sofort Pokergesichter auf.
«Nichts, Sir. Die Schlipse sind also weg.
Hoffentlich sind sie
nicht wütend abgezogen.» Malcherson ging um den Tisch
herum, weil er Magozzi direkt in die Augen sehen wollte.
«Wessen
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