Spiel unter Freunden
Gehirnzellen.
Hast du die Nachrichten gesehen?»
«Eben gerade.
Channel 10 ist im Spiel schon bei Opfer Nummer
fünf.»
«So weit sind
sie alle. Auch die Zeitungen. Sieht so aus, als wäre aber
keiner der Gamer, die angerufen haben, über den fünften
Mord hinausgekommen.» Magozzi streckte den Arm aus, um nach
einem Stück Speck zu greifen, das ihm vom Teller gefallen war.
«Und du, willst du arbeiten, oder möchtest du einkaufen
gehen?»
«Einkaufen?»
«Im
Shopping-Center dürfte es heute leer sein.»
«Sehr witzig.
Was kaust du da eigentlich?»
«Tierisches
Fett. Speck.» Gino verstummte ganz kurz. «Das war's
dann wohl. Die Welt kann untergehen.» Es war fast acht Uhr,
als Magozzi an der City Hall vorbeikam und sich um ein Haar
entschloss, umzukehren und auf dem schnellsten Wege wieder nach
Hause zu fahren. Vans mit Satellitenschüsseln säumten zu
beiden Seiten die Straße, und nur die Hälfte davon war
aus ihrer Stadt. Er sah Duluth, Milwaukee, sogar Chicago, und eine
Menge billiger Mietwagen, was nur bedeuten konnte, dass auch die
freien Sensationsreporter massenhaft aufgekreuzt waren.
Ein paar von den
Reportern hatten sich vor dem Gebäude in Positur gestellt, um
ihre Kommentare zu sprechen, und auf dem Gehsteig wanden sich
scheinbar chaotisch die Kabelstränge. Der Fall sollte
zweifellos in den Abendnachrichten der Networks groß
herausgebracht werden, und dann würden die Mitglieder des
Stadtrats zwar Krach schlagen, aber sich auch in die Hosen machen
wegen des Schadens, den diese Geschichte dem Messe- und
Kongressgewerbe von Minneapolis zufügen würde.
Er fuhr um den Block
und parkte in der Auffahrt, wo zivile Angestellte und
Sekretärinnen an diesem Tag größte Schwierigkeiten
haben würden, noch einen freien Platz für ihre Wagen zu
finden, denn all die feigen Detectives hatten es vorgezogen, durch
die Hintertür ins Gebäude zu schlüpfen.
Ginos Volvo stand
dort, ebenso Langers nagelneuer Dodge Ram Pick-up, und Tommy
Espinoza hatte sogar seinen heiß geliebten 41er Chevy so
zwischen die anderen Wagen gequetscht, dass er extrem
gefährdet war, wenn andere Autotüren in seiner Nähe
unachtsam geöffnet wurden.
Gino wartete gleich
hinter der Tür auf ihn, hatte noch seinen Mantel an und
schlürfte Kaffee aus einem Becher mit der Aufschrift Beste Oma der
Welt . Auf
seiner rechten Wange waren einige Quadratzentimeter Bartstoppeln
dem Rasierer entgangen, und lila Tränensäcke verunzierten
seine Augen.
«Mann, du hast
vielleicht lange gebraucht. Jetzt komm aber!» Er packte
Magozzi am Ellbogen und dirigierte ihn am Fahrstuhl vorbei den Flur
entlang.
«Wir müssen
doch nach oben. Die Besprechung fängt in zehn Minuten
an.»
«Ich weiß,
ich weiß, aber wir machen vorher noch einen
Zwischenstopp.»
«Wo?»,
fragte Magozzi.
«Im
Schreibpool.»
«Wir haben einen
Schreibpool?» Gino schob ihn durch den Eingang zu einem
Großraumbüro voller Computer-Arbeitsplätze.
«Aber erwähn bloß dieses Wort nicht. Die
Mädels können es überhaupt nicht leiden, und wenn
sie stinkig sind, gibt es keinen Kaffee. Und nenn sie auch niemals
‹Mädels›.»
«Ist aber
niemand hier.»
«Die sind im
Kaffeeraum.»
«Darf ich
Kaffeeraum sagen?» Gino schnaubte ungnädig. «Ich
hasse es, wenn du nicht genug Schlaf kriegst. Dann reagierst du
absolut behämmert.»
«Ich reagiere
vielleicht behämmert, aber du bist total aufgedreht. Wie viel
Kaffee hast du schon getrunken?»
«Nicht
genug.» Er führte ihn zu einer Tür an der
rückwärtigen Wand und streckte den Kopf um die Ecke.
«Hier ist er, meine Damen, wie versprochen. Detective Leo
Magozzi, der Primary bei diesen Mordfällen.» Er zerrte
Magozzi in den winzigen Raum, in dem sich ein halbes Dutzend Frauen
diverser Formen und Altergruppen drängte. Sie
begrüßten ihn lächelnd.
«Guten Morgen,
Detective Magozzi», flöteten sie wie Erstklässler
einer Konfessionsschule, wenn der Herr Pfarrer zu Besuch
kommt.
«Guten Morgen,
die Damen.» Er rang sich ein freundliches Lächeln ab und
fragte sich, was um Himmels willen er hier eigentlich zu suchen
hatte. Außerdem überlegte er, ob man erwachsene Frauen
überhaupt noch so anreden durfte. In dem kleinen Raum war es
heiß, und es roch wie bei Starbucks, nur besser. Eine
zierliche Frau um die fünfzig drückte ihm einen warmen
Kaffeebecher in die Hand. «Bitte schön, Detective
Magozzi.» Sie lächelte zu ihm hinauf. «Und wenn
Sie nachgeschenkt haben möchten, brauchen Sie sich nur zu
melden. Detective Rolseth
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