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Spielen: Roman (German Edition)

Spielen: Roman (German Edition)

Titel: Spielen: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl Ove Knausgård
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Vemund bleiben?«
    Ich sah ihn mit weit aufgerissenen Augen an.
    »Okay«, gab er nach.
    »Sag den anderen nichts«, bat ich Vemund. Er nickte, und anschließend gingen wir über ihr Grundstück zur Straße.
    Wo mochten sie sein?
    Es erschien uns denkbar, dass sie bis zum Geschäft gegangen waren, aber irgendetwas sagte mir, dass sie in der Nähe der Häuser geblieben waren. Wir gingen in die Straße unterhalb von ihrer. Da sie zu viert waren, mussten sie eigentlich leicht zu sehen und zu hören sein.
    »Sollen wir hier hochgehen?«, fragte ich und blieb an der Kreuzung der Straße stehen, die zu Dag Magne und den anderen hinaufführte.
    Geir zuckte mit den Schultern.
    Wir gingen auf der Schotterpiste den sanften Anstieg hinauf. Dag Magnes Haus lag in einer kleinen Senke. Neben ihm stand eine Garage voller Fahrräder, Werkzeug und Autoreifen. Unter der Veranda lag Brennholz aufgestapelt.
    Als wir die kleine Hügelkuppe erreichten, stand Dag Magne am Fenster an der Giebelseite des Hauses und beobachtete uns. Damit er nicht dachte, dass wir zu ihm wollten, überquerten wir das Grundstück, ohne ihn anzusehen, und liefen auf der anderen Seite in den Wald. Der Frühling kündigte sich an, das Gras, das so lange fast weiß gewesen war, grünte allmählich, aber die Blätter an den Bäumen sprossen noch nicht, so dass wir weit in den jungen Laubwald hineinschauen konnten.
    Vor uns war jemand. Gleich unterhalb der Böschung bei Ann Solveigs Haus sah ich etwas Blaues und Rotes, was sich bewegte.
    »Da sind sie«, sagte Geir.
    Wir blieben stehen und rührten uns nicht.
    Sie lachten und redeten erregt.
    »Kannst du sehen, wer es ist?«, fragte ich leise.
    Geir schüttelte den Kopf.
    Wir schlichen näher heran und blieben dabei immer möglichst hinter den Bäumen. Als wir uns ihnen bis auf ungefähr zwanzig Meter genähert hatten, gingen wir hinter einem Stein in die Hocke.
    Ich reckte den Kopf und spähte zu ihnen hinüber.
    Eivind und Geir B. waren mit ihnen zusammen.
    Eivind und Geir B.
    Oh, verdammt! Eivind und Geir B. gingen doch in unsere Klasse! Die beiden waren Nachbarn und beste Freunde und wohnten direkt hinter Sverre, der wiederum gleich hinter Siv wohnte, deren Haus wir von unserer Straße aus sehen konnten.
    Welchen Unterschied gab es zwischen ihnen und uns?
    Da gab es doch kaum einen Unterschied!
    Sie waren beste Freunde, wir waren beste Freunde. Eivind war einer der Besten in unserer Klasse, ich war einer der Besten in der Klasse. Geir B. und Geir kamen dagegen bloß leidlich mit.
    Aber Eivind war hübscher als ich. Er hatte lockiges Haar, hohe Wangenknochen, schmale Augen. Ich hatte vorstehende Zähne und einen abstehenden Po. Außerdem war er stärker als ich.
    Jetzt hängte er sich an einen vertrockneten Baum und versuchte, ihn zu brechen. Geir B. stand auf der anderen Seite und drückte mit aller Kraft. Anne Lisbet und Solveig standen daneben und sahen zu.
    Sie zeigten den beiden, was sie konnten.
    Oh verdammt, verdammt!
    Was sollten wir tun? Zu ihnen gehen und so tun, als wäre alles wie immer? Zu sechst zusammen sein?
    Ich wandte mich Geir zu.
    »Was sollen wir tun?«, fragte ich flüsternd.
    »Keine Ahnung«, flüsterte er zurück. »Sie verprügeln?«
    »Ha, ha«, wisperte ich. »Die sind stärker als wir.«
    »Jedenfalls können wir hier nicht den ganzen Tag herumliegen«, sagte er.
    »Wollen wir abhauen?«
    »Ja, in Ordnung.«
    So vorsichtig, wie wir gekommen waren, schlichen wir uns zurück. Als wir die Kreuzung erreichten, fragte Geir, ob ich Lust hätte, mit ihm zu Vemund zu gehen.
    »Auf gar keinen Fall!«, rief ich.
    »Dann gehe ich eben alleine«, sagte er. »Tschüss.«
    »Tschüss.«
    Nach ein paar Metern drehte ich mich um und sah ihm nach. Er hatte einen Zweig gefunden, den er vor sich herschob und erst gegen das eine, dann gegen das andere Knie schlug, während er auf dem Bürgersteig der Bordsteinkante die Straße hinauf folgte. Auf dem Heimweg weinte ich fast ununterbrochen und nahm den Feldweg, der am Fußballplatz vorbeiführte, damit mich keiner sah.
    Das geschah an einem Freitag. Am frühen Samstagvormittag lief ich zu Geir hinauf, aber er wollte mit seinen Eltern in die Stadt fahren. Mutter und Vater putzten und staubsaugten das Haus, und Yngve hatte zusammen mit Steinar den Bus in die Stadt genommen, so dass ich mir selbst überlassen war. Ich ging ins Badezimmer, schloss die Tür ab, durchwühlte den Wäschekorb und fand die hässliche braune Cordhose, die an den Knien vor Dreck

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