Spielen: Roman (German Edition)
auch wir hatten eine Thermoskanne, Saft und einen kleinen Stapel Plastikgläser, Plastiktassen und Plastikteller dabei. »Quengel nicht so«, sagte Vater dann, denn er war darauf fixiert, möglichst viele Kilometer ohne Unterbrechung zurückzulegen, was bedeutete, dass wir mindestens bis zum Ende des ganzen Setesdal fahren würden, an Hovden und Haukeligrend vorbei und auf das Haukelifjell hinauf, ehe eine Pause in Frage kam. Als Nächstes galt es, einen geeigneten Rastplatz zu finden, denn wir würden natürlich nicht den erstbesten nehmen, oh nein; wenn wir unterwegs schon so selten anhielten, mussten unsere Fahrtunterbrechungen an besonders schönen Orten stattfinden.
Oben auf dem Fjell war es vollkommen eben. Nirgendwo sah man einen Baum oder Strauch. Die Straße verlief schnurgerade. An manchen Streckenabschnitten war alles voller Steine, sie lagen fast auf der Erde verstreut, die ansonsten von einer Art Belag bedeckt war, und ich nahm an, dass es sich um Flechten oder Moos handelte. Andere Gebiete bestanden aus reinem, flachem und glattgeschliffenem Fels. Von Zeit zu Zeit glitzerte Wasser, leuchtete Schnee. Da man auf dieser Strecke so weite Sicht hatte, fuhr Vater schneller. Am Straßenrand standen in regelmäßigen Abständen Schneeleitstäbe, und es war wirklich schier unglaublich, was Yngve mir erzählte, dass sie so lang seien, weil der Schnee im Winter manchmal bis zu ihrem oberen Ende liege. Das waren ja mehrere Meter!
Die Sonne schien, das Hochplateau erstreckte sich in alle Himmelsrichtungen, und wir, wir sausten dahin. Einen Rastplatz nach dem anderen ließen wir hinter uns, bis Vater plötzlich ohne Vorwarnung blinkte, vom Gas ging und auf einen von ihnen fuhr.
Er lag direkt an einem See, der oval und ganz schwarz war. Am anderen Ufer stieg der Berg sanft an, während an der Querseite ein dickes Schneebrett lag, das fast blau und unten hohl war und so eine Öffnung bildete, in der das Wasser verschwand.
Um uns herum herrschte vollkommene Stille. Nach so vielen Stunden mit gleichmäßigem Motorenlärm wirkte diese Ruhe seltsam, als gehörte sie nicht zur Landschaft, sondern zu uns.
Vater öffnete den Kofferraum, holte die Kühltasche heraus und setzte sie auf den groben Holztisch, worauf Mutter sofort begann, sie auszuräumen, während er die Thermoskanne und die Tüte mit den Tassen und Tellern holte. Yngve und ich liefen zum See, bückten uns und hielten die Hand ins Wasser. Es war eiskalt!
»Was meint ihr Jungs, gehen wir gleich schwimmen?«, fragte Vater.
»Von wegen, das Wasser ist eiskalt!«, rief ich.
»Seid ihr wirklich solche Memmen?«, fragte er.
»Aber es ist eis kalt!«, entgegnete ich.
»Ja, ja, ja, das ist mir schon klar. Ich habe nur Spaß gemacht. Zum Schwimmen haben wir auch gar keine Zeit.«
Yngve und ich gingen zu dem Schneebrett. Der Schnee war so hart, dass man keine Schneebälle daraus formen konnte, wie wir uns eigentlich vorgenommen hatten. Und hinaufzusteigen, während das Wasser unter ihm herfloss, konnten wir nicht, solange Mutter und Vater dabei waren.
Ich brach einen Klumpen ab und warf ihn in den See, wo er wie ein kleiner Eisberg schaukelte. Wenn wir wieder nach Hause kamen, würde ich jedenfalls erzählen können, dass wir mitten im Juli mit Schneebällen geworfen hatten.
»Kommt essen«, rief Mutter uns zu.
Wir setzten uns. Für jeden von uns gab es ein Paket mit Stullen. Drei Brote, belegt mit hart gekochtem Ei. Außerdem stand eine Packung Kekse auf dem Tisch. Unsere Gläser waren mit Saft gefüllt. Das Plastik gab ihm einen anderen Geschmack, den ich aber mochte, da er mich an unsere Ausflüge erinnerte, wenn wir Beeren pflücken wollten oder Campingurlaub machten. Das heißt, so oft hatten wir Letzteres noch nicht gemacht, im Grunde nur einmal, im vorigen Sommer, als wir mit Großvater und Großmutter in Schweden gewesen waren. Hinter meinem Rücken kam ein Auto herangerauscht, und es war, als bebe das Geräusch, als es erst immer lauter wurde, um dann, mit einer Art Windstoß, wieder schwächer zu werden, bis es endgültig verhallte. Aus Mutters und Vaters Kaffeetassen stieg Dampf auf. Aus der anderen Richtung kommend näherte sich ein Auto mit einem Wohnwagen. Ich behielt es im Auge und trank gleichzeitig meinen Saft aus. Es fuhr ziemlich langsam. Blinkte. Als es auf den Rastplatz bog, drehte Vater sich um.
»Was hat denn dieser Idiot hier zu suchen?«, sagte er. »Hier gibt es doch nur einen Tisch. Sieht er das etwa nicht?«
Er wandte sich wieder
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