Spielen: Roman (German Edition)
Kopf.
»Blöd, dass wir den Ball vergessen haben«, meinte er. »Aber vielleicht haben sie ja draußen in Våjen einen.«
Er sprach »Våjen« genauso aus wie Großvater.
»Ja«, sagte ich und blinzelte in die Sonne. »Glaubst du, wir kommen mit der nächsten mit?«
»Weiß nicht. Hoffentlich.«
Ich ließ die Beine ein wenig schlenkern. Löste einen großen Bissen Eis mit dem Löffel heraus und steckte ihn mir in den Mund. Er war so kalt und groß, dass ich ihn mit der Zunge hin und her bewegen musste, damit das eisige Ziehen in den Zähnen nicht unerträglich wurde. Während ich das tat, drehte ich mich um und schaute zu unserem Auto zurück. Vater saß bei offener Tür und mit einem Bein auf dem Asphalt auf dem Fahrersitz und rauchte. Seine Sonnenbrille reflektierte blitzend das Sonnenlicht. Mutter stand neben ihm und hatte einen Korb mit Kirschen auf das Dach gesetzt, aus dem sie sich gelegentlich bediente.
»Was wollen wir morgen machen?«, fragte ich.
»Ich gehe mit Opa auf jeden Fall in den Kuhstall. Er hat gesagt, dass er mir alles beibringt, damit ich irgendwann sein Nachfolger werden kann.«
»Glaubst du, man kann da jetzt schwimmen gehen?«
»Hast du einen Knall?«, rief er. »Das Wasser im Fjord ist genauso kalt wie der See in den Bergen.«
»Warum eigentlich?«
»Na, weil er so weit im Norden liegt!«
Eines der Autos wurde angelassen. Weit draußen öffnete sich die Bugklappe der Fähre. Yngve stand auf und ging zum Auto. Ich aß mein Eis auf, so schnell ich konnte, und folgte ihm.
Nach der Überfahrt, die uns nach Kvanndal brachte, war der nächste Höhepunkt unserer Reise der Aufstieg zum Vikafjell. Die schmale Straße warf sich steil nach oben, hin und her, hin und her, und an manchen Stellen so steil, dass ich Sorge hatte, der Wagen würde nach hinten kippen und sich überschlagen.
»Das wird für viele Touristen eine ganz schöne Überraschung sein«, meinte Vater, während wir bergaufwärts fuhren und ich schaudernd hinten saß und den Abgrund unter uns betrachtete. »Sie bremsen nämlich, wenn sie den Berg hinunterfahren. Das kann sehr gefährlich werden.«
»Und was machen wir?«, fragte ich.
»Wir legen einen niedrigen Gang ein und fahren mit Motorbremse«, erläuterte er.
Denn wir waren keine Touristen, wir wussten, wie alles funktionierte, nie waren wir es, die man im Qualm einer offenen Kühlerhaube sah. Kurze Zeit später wäre es trotzdem beinahe schiefgegangen, denn in der nächsten Kurve kam uns überraschend ein Auto mit einem Wohnwagen entgegen, und es fehlten nur wenige Meter zu einem Zusammenstoß, aber Vater trat auf die Bremse, und das Auto mit dem Wohnwagen bremste auch. Anschließend setzte Vater zurück, bis die Straße für beide Wagen breit genug war, und der Fahrer in dem anderen Auto grüßte, als er an uns vorbeifuhr.
»Hast du ihn gekannt, Papa?«, fragte ich.
Im Rückspiegel sah ich, dass er schmunzelte.
»Nein, ich habe ihn nicht gekannt. Er hat gegrüßt, um sich dafür zu bedanken, dass ich ihm Platz gemacht habe.«
Dann ging es über einen neuen Bergzug und zu einem neuen Fjord hinunter. Die Berge waren hier genauso hoch wie am Hardangerfjord, aber in gewisser Weise sanfter, sie standen nicht so steil, außerdem war dieser Fjord breiter, an manchen Stellen glich er fast einem See. Was ist los?, sagten die Berge am Hardangerfjord. Immer mit der Ruhe, sagten die Berge hier. Alles in Ordnung.
»Sollen wir abwechselnd schlafen?«, fragte Yngve.
»Einverstanden«, erwiderte ich.
»Okay«, sagte er. »Ich zuerst?«
»Okay«, antwortete ich. Daraufhin legte er den Kopf in meinen Schoß und schloss die Augen. Es war schön, wie er dort schlief, sein Kopf war warm und angenehm, und es kam mir vor, als geschehe etwas zur selben Zeit an zwei Orten, da war sowohl die Landschaft vor dem Fenster, die sich unablässig veränderte und auf die ich kontinuierlich hinausstarrte, als auch Yngves Kopf, der schlafend in meinem Schoß lag.
Als wir in der Schlange vor der nächsten Fähre hielten, wachte er auf. Wir stellten uns auf das Deck und genossen den Wind, der sich gegen unsere Gesichter presste. Eine halbe Stunde später setzten wir uns wieder ins Auto, und ich legte meinen Kopf in Yngves Schoß.
Ich erwachte und begriff, dass wir bald da sein würden. Je näher wir dem Meer kamen, desto flacher wurden die Berge und dichter die Vegetation, aber selbstverständlich ohne jemals auch nur in die Nähe der abgeschliffenen Landschaft und des verschlungenen
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