Spielen: Roman (German Edition)
Schwein gehabt. Sonst hättest du mir nämlich neue kaufen müssen. Dafür hätte ich höchstpersönlich gesorgt.«
Er sah mich an.
»Sind sie schon lange weg?«
Ich zuckte mit den Schultern.
»Eine halbe Stunde«, antwortete ich.
Yngve schloss seine Zimmertür hinter sich, und ich hing eine Weile im Wohnzimmer herum, bis ich draußen Marianne und Solveig sah, die einen Kinderwagen vor sich herschoben. Ich ging hinaus und lief ihnen hinterher.
»Wollen wir zusammen gehen?«, fragte ich.
»Warum nicht«, sagten sie. »Wo willst du denn hin?«
»Weiter hoch.«
»Zu wem willst du?«
Ich zuckte mit den Schultern.
»Wessen Baby ist das?«
»Leonardsens.«
»Wie viel bekommt ihr?«
»Fünf Kronen.«
»Spart ihr auf etwas?«
»Nichts Bestimmtes. Vielleicht auf eine Jacke.«
»Ich will mir auch eine neue Jacke kaufen«, sagte ich. »Eine schwarze Matinique. Habt ihr die schon einmal gesehen?«
»Nein.«
»Die Ärmel sind breit und aus einem anderen Stoff als der Rest. Irgendwie geriffelt. Und dann hat sie unten entlang der Taille einen Bund, der den Reißverschluss verdeckt. Was für eine Jacke möchtest du haben?«
Marianne zuckte mit den Schultern.
»Einen Mantel, dachte ich.«
»Einen Mantel? Einen hellen?«
»Vielleicht. Einen ziemlich kurzen.«
»Du bist der einzige Junge, der über Kleider spricht«, meinte Solveig.
»Ich weiß«, sagte ich. Es war mir erst kurz zuvor klar geworden. Es war so schwierig, sich mit Mädchen zu unterhalten. Hatte man ihnen die Mützen geklaut oder ihnen ein paar Schimpfwörter hinterhergerufen, war es das normalerweise auch schon. Sicher, man konnte sich über die Hausaufgaben unterhalten, aber über nichts anderes. Dann war mir jedoch plötzlich die Idee gekommen. Kleidung, dafür interessierten sie sich doch. Also musste man nur noch drauflosplaudern.
Als wir uns dem B-Max näherten, verabschiedete ich mich von ihnen und lief den Hang zum Spielplatz hinunter, wo niemand war, dann die Grasböschung zum alten Autowrack hinauf, wo niemand war, danach zum Fußballplatz, wo niemand war, und schließlich über den Zaun zu Prestbakmos und zur Vorderseite des Hauses, wo ich klingelte. Geir aß jedoch gerade zu Mittag und wollte hinterher zu Vemund.
So, so.
Auch auf der Straße war kein Mensch. Es war Sonntag, Essenszeit, die Leute saßen zu Tisch, waren irgendwo zu Besuch oder mit ihren Eltern spazieren.
Dann erhellte sich schlagartig meine Miene: Yngve hatte doch Besuch. Vielleicht durfte ich mich ja zu ihnen setzen?
Ich lief die Straße hinunter, aber ihre Fahrräder waren fort, anscheinend waren sie schon wieder unterwegs.
Was sollte ich mir jetzt einfallen lassen?
Der Himmel war bedeckt, und es war nicht sonderlich warm: An der Badestelle war bestimmt kein Mensch.
Langsam schlenderte ich zu den Bootsstegen hinunter, wo sicher auch alles wie ausgestorben war, aber dort konnte man sich wenigstens die unterschiedlichen Boote ansehen und den speziellen Geruch aus Kunststoff und Holz, Benzin und Salzwasser einsaugen, der da unten immer in der Luft lag.
Weit gefehlt. Dort trieb sich eine ganze Traube von Leuten herum.
Ich mischte mich unauffällig unter sie. Einige von ihnen besaßen ein Boot, saßen darin und spuckten ins Wasser, während sie denen zuhörten, die auf dem Steg standen und kein Boot hatten, sich aber dort aufhielten, um in der Nähe derer zu sein, die eins besaßen. Ich stand unter ihnen, träumte jedoch nicht von einem eigenen Boot, weil das so unrealistisch war, dass ich ebenso gut hätte davon träumen können, am nächsten Morgen in der Wikingerzeit aufzuwachen, wie es dem Jungen in einem meiner Bücher passiert war. Nein, wenn ich von etwas träumte, dann von einem Paar neuer weißer Tennisschuhe, einem Admiral-Trainingsanzug, Umbro-Shorts. Oder von einer Speedo-Badehose. Die schwarzweißen Adidas Olympia-Schuhe gingen mir auch oft durch den Kopf. Darüber hinaus wollte ich noch gerne die Schienbeinschoner mit Fuß, eine Puma-Sporttasche und für den Winter Atomic Slalomskier und Dynastar Skistiefel haben. Eine Skihose wünschte ich mir genauso wie eine echte Daunenjacke, Splitkein-Kunststoffskier, neue Rottefella-Bindungen. Und helle, samisch aussehende Lederstiefel, die eine winzige, schnabelartige Spitze hatten. Ein neues weißes Hemd wollte ich haben und einen roten Collegesweater. Weiße Gummistiefel hatte ich statt der dunkelblauen ins Auge gefasst, die ich im Moment besaß. Ich wünschte mir eine hellrote Korallenhalskette, die ich
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