Spielen: Roman (German Edition)
irgendwo gesehen hatte, zur Not auch eine weiße.
An Boote, Mopeds und Autos dachte ich weniger, aber da ich das niemandem anvertrauen konnte, hatte ich auch hier ein paar Lieblingsmarken. Boot: ein zehn Fuß With Dromedille mit einem 5 PS Yamaha-Motor. Moped: Suzuki. Auto: BMW. Dass ich mich ausgerechnet für diese entschied, hing eng mit den ungewöhnlichen Buchstaben zusammen. Y, Z, W. Aus dem gleichen Grund fühlte ich mich zu den Wolverhampton Wanderers hingezogen, sie waren die erste Fußballmannschaft, zu der ich hielt, und selbst, nachdem Liverpool ihren Platz eingenommen hatte, schlug mein Herz auch für die Wolves, und wie konnte es auch anders sein, wenn ihr Stadion Molineux Ground hieß und ihr Vereinswappen ein schwarzer Wolf auf orangem Grund war?
Hosen, Jacken, Pullover, Schuhe und Sportausrüstung beschäftigten mich sehr, denn ich wollte schön sein, und ich wollte gewinnen. Wenn John McEnroe, der vielleicht mein größtes Idol war, nach einer Schiedsrichterentscheidung dieses gefährliche Funkeln in den Augen bekam, wenn er kurz zum Schiedsrichter hochblickte, während er den Ball vor dem Aufschlag auf dem Rasen aufspringen ließ, dachte ich verzweifelt, nein, tu es nicht, tu das nicht, das geht schief, du kannst es dir erlauben, diesen Punkt zu verlieren, tu das nicht! – und konnte kaum hinsehen, wenn er es dann doch tat und anfing, den Schiedsrichter zu beschimpfen, und vielleicht sogar seinen Schläger so hart auf den Platz warf, dass er meterweit hochsprang. Ich identifizierte mich so stark mit ihm, dass ich jedes Mal weinte, wenn er verlor, und nicht im Haus bleiben konnte, sondern auf die Straße gehen musste, wo ich auf der Bordsteinkante saß und mit tränenfeuchten Wangen die Niederlage betrauerte. Für Liverpool galt das Gleiche. Ein verlorenes FA-Cup-Finale trieb mich unter Tränen auf die Straße. Aus dieser Mannschaft hatte ich mir Emlyn Hughes herausgepickt, zu ihm hielt ich am meisten, aber natürlich auch zu allen anderen, nicht zuletzt zu Ray Clemence und Kevin Keegan, ehe er zum HSV und später zu Newcastle wechselte. In einer von Yngves Fußballzeitschriften hatte ich einen Vergleich zwischen Keegan und seinem Nachfolger Kenny Dalglish gelesen. Punkt für Punkt waren sie verglichen worden, und obwohl sie unterschiedliche Stärken und Schwächen hatten, waren sie insgesamt annähernd gleich bewertet worden. Ein Punkt, der dort erwähnt wurde, hatte sich mir jedoch eingebrannt. Es hieß, Kevin Keegan sei kontaktfreudig, während Kenny Dalglish eher in sich gekehrt sei.
Allein diese Worte zu sehen ließ mich verzweifeln.
War ich etwa jemand, der in sich gekehrt war?
War ich das nicht?
Weinte ich im Grunde nicht eher, als dass ich lachte? Lag ich nicht die ganze Zeit in meinem Zimmer und las?
Hieß das nicht, in sich gekehrt zu sein?
In sich gekehrt, in sich gekehrt, ich wollte kein Mensch sein, der in sich gekehrt war.
Das war das Letzte, das war das Schlimmste.
Aber das war ich, und diese Erkenntnis wucherte wie eine Art Gedankenkrebs in mir.
Kenny Dalglish blieb am liebsten für sich.
Oh, das tat ich doch auch! Aber ich wollte das nicht! Ich wollte weltoffen sein! Kontaktfreudig!
Eine Stunde später, als ich auf dem Rückweg den Pfad durch den Wald genommen hatte und auf einen Baum geklettert war, um herauszufinden, wie weit ich von dort oben sehen konnte, trat ich in dem Moment auf die Straße hinaus, in dem Mutters Käfer sie hinauffuhr. Ich winkte ihr zu, aber sie sah mich nicht, und daraufhin lief ich dem Auto so schnell ich konnte hinterher, den Anstieg hinauf, das kurze ebene Straßenstück und in die Einfahrt zu unserem Haus, wo sie im selben Augenblick ausstieg, die Tasche über ihre Schulter hängte und das Auto abschloss.
»Hallo«, sagte sie. »Hast du Lust, mir beim Brotbacken zu helfen?«
Es könnte das Jahr gewesen sein, in dem Vater uns losließ.
Viele Jahre später erzählte er, in Bergen habe er angefangen zu trinken.
»Ich konnte nicht schlafen«, sagte er. »Also gewöhnte ich mir an, abends vor dem Schlafengehen etwas zu trinken.«
Später erzählte er auch, er habe in Bergen eine Freundin gehabt.
Die Sache kam rein zufällig zur Sprache, als ich ihn in einem Sommer Anfang der neunziger Jahre besuchte, er betrunken war und ich ihm mitteilte, dass ich im kommenden Winter nach Island gehen wolle, woraufhin er meinte, Island, da bin ich mal gewesen, in Reykjavík.
»Das bist du nicht«, widersprach ich ihm. »Wann soll das denn gewesen
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