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Spielen: Roman (German Edition)

Spielen: Roman (German Edition)

Titel: Spielen: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl Ove Knausgård
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mit dir, Yngve?«, fragte Vater. »Irgendwelche Überraschungen am ersten Schultag?«
    »Nein«, antwortete Yngve und richtete sich auf seinem Stuhl ein wenig auf.
    »Du hast heute noch Fußballtraining?«, fragte Mutter.
    »Ja«, bestätigte Yngve.
    Er hatte den Verein gewechselt, war von Trauma, der Mannschaft auf unserer Insel, in der alle seine Schulkameraden spielten und die fantastische Trikots hatten, blaue Hemden mit einem diagonalen weißen Streifen, weiße Hosen und blauweiße Stulpen, zu Saltrød gewechselt, einem Verein in einer kleinen Ortschaft, die auf der anderen Seite des Sundes lag. Heute würde er dort zum ersten Mal trainieren. Er würde mit dem Fahrrad alleine über die Brücke fahren, das hatte er noch nie getan, und danach die ganze Strecke bis zum Trainingsplatz zurücklegen. Fünf Kilometer waren das, hatte er gesagt.
    »Ist denn in der Schule nicht noch mehr passiert, Karl Ove?«, erkundigte sich Vater.
    Ich nickte und schluckte.
    »Wir sollen an einem Schwimmkurs teilnehmen«, sagte ich. »Sechs Mal. In einer anderen Schule.«
    »Tatsächlich«, bemerkte Vater, strich sich mit dem Handrücken über den Mund, ohne jedoch das Zwiebelstück aus dem Bart zu erwischen. »Nicht schlecht. Du kannst ja auch wirklich nicht auf einer Insel wohnen, ohne schwimmen zu können.«
    »Außerdem ist der Kurs kostenlos«, warf Mutter ein.
    »Aber ich brauche eine Bademütze«, sagte ich. »Alle müssen eine anziehen. Und vielleicht eine neue Badehose? Keine Shorts, sondern so eine … na ja.«
    »Eine Bademütze werden wir dir schon besorgen, aber die Shorts müssen reichen«, erwiderte Vater.
    »Und eine Schwimmbrille«, sagte ich.
    »Auch noch eine Schwimmbrille?«, sagte Vater fragend und sah mich mit spöttischen Augen an. »Das müssen wir uns erst einmal durch den Kopf gehen lassen.«
    Er schob seinen Teller in die Tischmitte und lehnte sich auf seinem Stuhl zurück.
    »Danke für das Essen, Mutter, es hat gut geschmeckt!«, sagte er.
    »Danke fürs Essen«, sagte Yngve und schob sich hinaus. Fünf Sekunden später hörte man das Geräusch seiner Zimmertür, die geschlossen wurde.
    Für den Fall, dass Vater sich weiter mit mir unterhalten wollte, blieb ich noch ein wenig sitzen. Er schaute eine Weile aus dem Fenster, zu den vier Kindern hinüber, die hinten an der anderen Kreuzung über ihren Fahrrädern hingen, stand schließlich auf, stellte den Teller ins Spülbecken, holte eine Apfelsine aus dem Schrank und ging mit der Zeitung unter dem Arm und ohne ein weiteres Wort an jemanden zu richten in sein Arbeitszimmer hinunter. Mutter begann den Tisch abzuräumen, und ich ging in Yngves Zimmer. Er packte gerade seine Tasche. Ich setzte mich auf sein Bett und schaute ihm zu. Er hatte tolle Fußballschuhe, schwarze Adidas mit Schraubstollen, eine tolle Umbro-Fußballhose und ein Paar gelb-schwarze Start-Stulpen. Mutter hatte ihm erst schwarzweiße Grane-Stulpen gekauft; die wollte er nicht haben, also durfte ich sie haben. Das Schönste, was er besaß, war jedoch der Adidas-Trainingsanzug, er war blau mit weißen Streifen und aus einem glänzenden, glatten Stoff und nicht aus diesem matten, kreppähnlichen, elastischen und turnanzugmäßigen Stoff, aus dem früher alle Trainingsanzüge waren. Manchmal roch ich an ihm, begrub meine Nase in dem glatten Material, denn er roch fantastisch. Vielleicht fand ich das, weil ich unheimlich gerne den gleichen besessen hätte und der Geruch folglich mit meiner Begierde imprägniert war, vielleicht fand ich es, weil dieser so durch und durch synthetische Geruch an nichts anderes erinnerte und es mir deshalb vorkam, als gehörte er nicht zu dieser Welt, als würde er in gewisser Weise eine Verheißung von Zukunft in sich bergen. Außer dem Trainingsanzug besaß er noch eine blauweiße Adidas-Jacke, die er anzog, wenn es regnete.
    Während er seine Sachen packte, blieb er stumm. Er zog den großen, roten Reißverschluss zu, setzte sich an den Schreibtisch und warf einen Blick auf seinen Stundenplan, der dort lag.
    »Habt ihr Hausaufgaben aufbekommen?«, fragte ich.
    Er schüttelte den Kopf.
    »Wir auch nicht«, sagte ich. »Hast du deine Bücher schon eingebunden?«
    »Nein. Dafür haben wir die ganze Woche Zeit.«
    »Ich mache es heute Abend«, sagte ich. »Mama will mir dabei helfen.«
    »Schön für dich!«, erwiderte er und stand auf. »Ich haue ab. Wenn ich bis Mitternacht nicht zurück bin, hat der Mann ohne Kopf mich gefressen. Wie auch immer das gehen soll!«
    Er

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