Spielen: Roman (German Edition)
vertrockneter, fast oranger Fichtennadeln. Ich ging auf die Knie, zog den roten Streichholzkopf über die schwarze Reibefläche und hielt die Flamme an das Gras, das sofort brannte. Erst war die Flamme unsichtbar, fast nur ein Wabern in der Luft kurz über dem Halm, der sich rasch zusammenkräuselte, aber dann fing die Sode selbst Feuer, und von dort kroch die Flamme weiter, zügig und zugleich bedächtig, nicht unähnlich einer Schar verängstigter Ameisen, die sich rasch bewegten, wenn man sie einzeln beobachtete, aber langsam, wenn man sie alle auf einmal betrachtete. Dann reichten mir die Flammen plötzlich bis zur Taille.
»Lösch sie! Lösch sie!«, rief ich Geir zu.
Er drehte die Flasche auf den Kopf und hielt sie über das Feuer, das zischte und schrumpfte, während ich mit der flachen Hand auf das niedrig brennende Gras am Rand schlug.
»Puh!«, sagte ich, als es im nächsten Augenblick vorbei war.
»Das war knapp!«, meinte Geir und lachte. »Das hat ja richtig gebrannt!«
Ich stand auf.
»Meinst du, das konnte man sehen? Sollen wir zur Felskante gehen und nachsehen, ob jemand zu uns hochguckt?«
Ohne seine Antwort abzuwarten, rannte ich über den wei chen, moos- und heidekrautbewachsenen Waldboden und zwischen die Bäume. Durch die plötzliche Angst zog sich in meinem Inneren alles zusammen, und wenn meine Gedanken daran rührten, was sich gerade abgespielt hatte, war es jedes Mal, als öffnete sich ein Abgrund in mir. Bodenlos war er. Oh, was würde jetzt geschehen? Was würde jetzt geschehen?
An der Felskante blieb ich stehen und legte meine Hand wie einen Schirm an die Stirn. Vaters Auto stand in der Einfahrt. Er selbst war nicht zu sehen, hätte aber im Freien gewesen und dann erst ins Haus zurückgekehrt sein können. Gustavsen ging über den Rasen. Er hätte es beobachten und Vater davon erzählen können. Oder würde es ihm später erzählen.
Schon der bloße Gedanke an Vater, dass es ihn gab, machte mir Angst.
Ich drehte mich zu Geir um, der mit meiner Plastiktüte, die an seiner Hand baumelte, zu mir kam. Ein Kind, das Geir Håkons kleiner Bruder zu sein schien, saß unten im Sand vor dem Bordstein zwischen den Straßen und spielte. Ein Auto fuhr den Anstieg hinauf, ganz für sich wie ein Insekt, die schwarze Windschutzscheibe seine leeren Augen, bog links ab und verschwand.
»Jedenfalls können wir nicht auf direktem Weg zurückgehen«, stellte ich fest. »Wenn jemand den Rauch gesehen hat, zählt er eins und eins zusammen.«
Warum hatten wir das getan? Oh, warum nur, warum?
»Hier können sie uns auch sehen«, sagte ich. »Komm!«
Wir gingen den bewaldeten Hang unter uns hinab. Als wir seinen Fuß erreichten, stolperten wir ungefähr zehn Meter von der Straße entfernt heimwärts durch den Wald. Wir machten an der großen Fichte halt, deren Rinde von klebrigem Harz bedeckt war, farblich gebranntem Zucker nicht unähnlich, und wurden vom intensiven Geruch der Wacholderbüsche umhüllt, die an dem flachen, breiten und trüben Bach wuchsen, wo alle Farben grün und dunkel waren. Zwischen den dünnen Stämmen der Ebereschen kurz dahinter sah man unser Haus. Ich warf einen Blick auf meine Hände, um zu sehen, ob sie rußig waren. Nein. Aber sie rochen schwach nach etwas Angesengtem, so dass ich sie ins Wasser tauchte und anschließend an den Hosenbeinen trocken rieb.
»Was machst du mit der Streichholzschachtel?«, erkundigte ich mich.
Geir zuckte mit den Schultern.
»Sie verstecken, denke ich.«
»Wenn sie die Schachtel finden, sag bitte nichts von mir«, bat ich ihn. »Darüber, was wir getan haben, meine ich.«
»Natürlich nicht«, erwiderte Geir. »Hier hast du übrigens deine Tüte.«
Wir gingen auf die Straße zu.
»Willst du heute noch mehr anzünden?«, fragte ich.
»Ich glaube nicht«, antwortete er.
»Nicht einmal mit Leif Tore?«
»Morgen vielleicht«, sagte er. Plötzlich strahlte er. »Soll ich die Streichhölzer in die Schule mitnehmen?«
»Bist du verrückt!«
Er lachte. Wir kamen auf die Straße und überquerten sie.
»Tschüss!«, rief er und lief aufwärts.
Ich ging an Mutters Käfer vorbei, der auf einem gelb verbrannten Grasfleck direkt vor dem Zaun stand, neben dem grauen Mülleimer, und gelangte auf den Kies. Erneut regte sich Furcht in mir. Vaters Wagen leuchtete in der prallen Sonne rot. Ich sah zu Boden, wollte dem Blick nicht begegnen, der mich unter Umständen oben im Küchenfenster erwartete. Der bloße Gedanke reichte aus, um Verzweiflung in
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