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Spielen: Roman (German Edition)

Spielen: Roman (German Edition)

Titel: Spielen: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl Ove Knausgård
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gekauft hat. Hast du verstanden?«
    »Ja«, sagte ich.
    »Und flenn wegen so einer Lappalie gefälligst nicht. Das ist armselig.«
    »Ja«, sagte ich und wischte erneut die Tränen weg.
    »Geh in dein Zimmer und bleib da, bis ihr fahren müsst. Na los.«
    Ich tat, was er gesagt hatte.
    »Dass du überhaupt noch einmal in die Stadt zurückgefahren bist, um sie zu kaufen«, hörte ich ihn sagen, als sie in die Küche gingen.
    »Aber er hat sich doch so lange auf den Kurs gefreut«, erwiderte Mutter. »Das fehlte gerade noch. Ich hatte es ihm versprochen. Und dann habe ich es vergessen.«
    Eine Stunde später kam Mutter in mein Zimmer und holte mich. Wir gingen nach unten, aber ich hatte beschlossen, nicht mit ihr zu sprechen, und blieb stumm, zog nur meine Stiefel und die Regenjacke an. In meiner Hand hielt ich die Tüte mit der Badehose, den Handtüchern und der Badekappe. Als ich die Tür öffnete, standen Geir und Leif Tore schon davor und warteten auf uns, jeder der beiden hielt eine Plastiktüte in der Hand. Es dämmerte und nieselte. Ihre Haare waren feucht, und ihre Jacken glänzten im Licht der Außenlampe über der Tür.
    Sie grüßten Mutter, die ihren Gruß erwiderte, und anschließend ging sie gefolgt von uns mit schnellen Schritten über den Kies. Sie öffnete die Autotür und klappte den Sitz nach vorn, wir setzten uns auf die Rückbank.
    Sie steckte den Schlüssel ins Zündschloss und ließ den Motor an.
    »Stimmt mit dem Auspuff etwas nicht?«, erkundigte sich Leif Tore.
    »Na ja, es ist eben ein altes Auto«, antwortete Mutter, legte den Rückwärtsgang ein und setzte auf die Straße zurück. Die Scheibenwischer bewegten sich langsam über die Windschutzscheibe und strahlten die schwarzen Fichten auf der anderen Straßenseite an, die daraufhin einen Schritt auf uns zu machten.
    »Geir kann schon schwimmen«, sagte ich. Dann fiel mir ein, dass ich mir ja eigentlich vorgenommen hatte, nichts zu sagen.
    »Das ist ja toll!«, sagte Mutter, zog den Blinkerhebel nach unten und warf einen kurzen Blick durch das rechte Fenster, ehe sie auf die Straße bog und sie bis zur nächsten Kreuzung hochfuhr, wo sich alles wiederholte, nur umgekehrt: Jetzt wurde der Hebel angehoben, und sie schaute durch das linke Fenster.
    »Und du, Leif Tore, kannst du auch schon schwimmen?«, erkundigte sie sich.
    Als wir die Auffahrt zur Brücke nahmen, wurde das Motorengeräusch von der halb weggesprengten Felswand neben der Straße zurückgeworfen. Die roten Lichter an der Spitze des Brückenpfeilers glühten in der Dunkelheit. Wenn man es nicht besser wüsste, dann würde man sicher glauben, sie schwebten, dachte ich.
    Leif Tore schüttelte den Kopf.
    »Ein bisschen vielleicht«, sagte er.
    Als wir über die Brücke fuhren, sah ich, dass die regnerische Dunkelheit begonnen hatte, den Sund und die Anhöhen an Land zusammenzuziehen. Noch konnte man sie unterscheiden, denn die Dunkelheit des Landes war eine Spur tiefer und verdichteter als die des ruhigen Wassers, in dem es noch eine Art Glanz gab. Die Lichter, die sich beidseits der Fahrbahn erstreckten, hingen sozusagen freischwebend in der Luft, fast wie Sterne an einem Sternenhimmel, während die nächstgelegenen Straßenlaternen, deren erhellte Umgebung sich erkennen ließ, in ganz anderer Weise in der Landschaft verankert waren. An manchen Stellen leuchtete es grün und rot von Laternen oder kleinen Leuchttürmen. Am anderen Ufer fuhren wir von der Brücke ab, auf der einen Seite tauchten Häuser und Gärten auf, auf der anderen Industriegebäude, gelb und leer im Licht der Scheinwerfer, und unmittelbar über ihnen lag die tropfende Plane der Dunkelheit. Die Scheibenwischer jagten über das Glas, der Regen war stärker geworden. Leif Tore erzählte, Rolf sei in dieselbe Schwimmschule gegangen. Seine Lehrerin sei eine ältere Frau über vierzig gewesen, die Rolf zufolge sehr streng gewesen sei. Aber Rolf erzählte immer so viel. Wenn sich ihm die Chance bot, Leif Tore oder einem von uns anderen einen Bären aufzubinden, ergriff er sie sofort. Ich sagte, dass ich noch keine Schwimmbrille gekauft hätte, aber unter Wasser sehen könne, weshalb das kein Problem sei. Geir zeigte uns seine. Es war eine Speedo-Brille mit blauen Gläsern und weißem Band.
    »Und deine Badekappe?«, fragte Leif Tore.
    »Gehört eigentlich meinem Vater. Sie ist ein bisschen zu groß!«, sagte Geir und lachte.
    »Dein Vater hat eine Badekappe? Also mein Vater hat jedenfalls keine. Deiner?«, fragte Leif

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