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Spielen: Roman (German Edition)

Spielen: Roman (German Edition)

Titel: Spielen: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl Ove Knausgård
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Unterschied zu den Regionen unter Badehose und T-Shirt bereits verflüchtigte, und mit schlaksigen Körpern, denn in unserer Klasse war niemand dick, nicht einmal Vemund, er war bloß ein wenig schwammig und hatte runde Wangen, aber ihn bezeichneten wir trotzdem als dick, der Dickste in unserer Klasse. Irgendjemand musste es ja sein. In der kalten Luft bekam ich eine Gänsehaut auf den Armen und strich mit den Händen schnell ein paar Mal darüber. Ich versuchte, das Gefühl wieder heraufzubeschwören, mit dem mich der Chlorgeruch erfüllt hatte, bekam es aber jetzt nicht mehr zu fassen, so als wäre es aufgebraucht oder in all die anderen Dinge, die geschahen, eingebettet worden.
    Durch die Tür, die einen Spaltbreit offen stand, sah ich, dass das Licht in der Schwimmhalle eingeschaltet worden war.
    »Es geht los!«, rief jemand.
    Die wenigen, die noch unter der Dusche standen, eilten heraus. Der Rest zog Badehosen, Schwimmbrillen, Badekappen an.
    In der Halle ertönte ein Pfiff. Ich nahm die Badekappe aus der Tüte, knüllte sie in der Hand zusammen und ging hinter Geir, aber vor John zum Becken. Gleichzeitig strömten die Mädchen auf der anderen Seite aus ihrem Umkleideraum. Die Schwimmlehrerin stand am Beckenrand und winkte uns zu sich. An einer Kordel um ihren Hals hing ihre Trillerpfeife. In der Hand hielt sie ein Blatt Papier in einer durchsichtigen Plastikhülle.
    Sie pfiff noch einmal. Die letzten Jungen kamen lachend und rennend aus der Umkleide.
    »Nicht laufen!«, rief sie. »Hier in der Halle wird nicht gelaufen. Die Kacheln sind glatt, und der Boden ist hart.«
    Sie rückte ihre Brille gerade.
    »Herzlich willkommen zu unserem Schwimmkurs!«, sagte sie. »Wir werden in diesem Herbst sechs Mal zusammenkommen, und unser Ziel ist es, dass dabei jeder von euch schwimmen lernt. Da heute die erste Stunde ist, werden wir es erst einmal langsam angehen lassen. Zuerst dürft ihr im Wasser spielen, und danach trainieren wir die Schwimmzüge auf den Matratzen, die ihr dahinten seht.«
    »An Land?«, fragte Sverre. »Wir sollen an Land schwimmen lernen?«
    »Ja, genau. Außerdem gibt es noch ein paar einfache Regeln, die ihr alle befolgen müsst. Bevor es ins Becken geht, wird immer geduscht. Hat einer von euch nicht geduscht?«
    Alle blieben stumm.
    »Schön! Außerdem müssen alle eine Badekappe tragen. Keiner darf laufen, auch nicht, wenn wir fertig sind. Keiner darf einen anderen untertauchen. Niemals! Es ist nicht erlaubt, ins Becken zu springen, wir werden immer eine der beiden Leitern benutzen, die ihr seht.«
    »Dürfen wir denn einen Kopfsprung machen?«, wollte John wissen.
    »Kannst du einen Kopfsprung?«, fragte sie.
    »Ja, ein bisschen«, antwortete John.
    »Nein, auch Kopfsprünge sind nicht erlaubt«, entschied sie. »Auch nicht ›ein bisschen‹. Keiner springt ins Wasser, keiner macht einen Kopfsprung, und keiner läuft. Und wenn ich pfeife, kommt ihr zu mir. Habt ihr verstanden?«
    »Ja.«
    »Dann fangen wir jetzt damit an, dass ich eure Namen aufrufe. Wenn ich euren Namen nenne, antwortet ihr mit Ja.«
    Anne Lisbet war wie üblich die Erste, die aufgerufen wurde. Sie stand ganz hinten in einem roten Badeanzug und lächelte, ja, als sie antwortete, lachte sie fast. Als ich das sah, wurde mir ganz schwindlig. Gleichzeitig graute mir davor, dass sie meinen Namen aufrufen würde, denn ich hasste die Art, in der jeder Name wie eine Scheibe Brot abgeschnitten und zur Seite gelegt wurde, bis meiner an der Reihe war. Normalerweise freute ich mich darauf, wenn wir in der Klasse saßen und die Aufmerksamkeit aller für einen Augenblick mir gehören sollte, wie klar und deutlich ich dann doch antwortete … Hier jedoch war es anders.
    »John!«, sagte sie.
    »Ja, hier«, meldete sich John und winkte mit hochgereckter Hand.
    Sie sah ihn flüchtig an, ehe sie wieder auf ihr Blatt schaute.
    »Karl Ove!«, sagte sie.
    »Ja«, rief ich.
    Sie sah mich an.
    »Wo hast du deine Badekappe? Hast du sie etwa nicht dabei?«
    »Hier«, antwortete ich und hob die Hand mit der Kappe so weit an, dass die Schwimmlehrerin sie sehen konnte.
    »Aber dann zieh sie doch an, Junge!«, sagte sie.
    »Ich warte lieber, bis ich ins Wasser gehe«, entgegnete ich.
    »Hier gibt es kein ›lieber‹. Zieh sie an!«
    Ich faltete sie auf, zog die Seiten auseinander und setzte sie abwechselnd links und rechts an ihr zerrend auf, was nicht unbemerkt blieb.
    »Seht euch mal Karl Ove an!«, sagte irgendjemand.
    »Er hat eine Damenbadekappe

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