Spielen: Roman (German Edition)
Sechstschnellste. Außerdem war er stärker als ich. Ich war der Zweitschwächste, nur Vemund war schwächer, aber da er der Dickste und Dümmste in der Klasse war, zählte er nicht, und das war natürlich schlecht für mich. Sogar Trond, der Kleinste in unserer Klasse, war stärker als ich. Ich war der Drittgrößte in der Klasse, ein bisschen größer als er. Beim Fußball war ich der Viertbeste, mir überlegen waren Asgeir, Trond und John, wogegen Eivind der Fünftbeste war. Zeichnen konnte ich besser als er, noch besser waren nur Geir, der alles so zeichnen konnte, wie es aussah, und Vemund. Aber beim Weitwurf mit dem Schlagball war ich der Zweitschlechteste, auch in dieser Disziplin lag nur Vemund hinter mir.
»Als ich auf der Treppe stand, habe ich einen Zug abbekommen«, sagte ich. »Ich habe nicht geweint. Bekomme ich auch eine Karte?«
Die erste Karte, die ich zog, war die SS France, das größte Passagierschiff der Welt, das den anderen in allen Kategorien überlegen war.
In der nächsten Stunde schrieben wir Buchstaben in unsere Hefte: u wie in Kuh, a wie in Lamm. Als Hausaufgabe sollten wir die gleichen Buchstaben in unser Schönschreibheft übertragen. Die Lehrerin erkundigte sich, ob jemand in der Nähe der Schüler wohnte, die nicht da waren, und ihnen die Hausaufgaben sagen konnte.
Die Möglichkeit, die sich daraus ergab, kam mir jedoch erst in der nächsten und letzten Stunde in den Sinn, in der wir Turnen hatten und in der kleinen Turnhalle eine Runde nach der anderen liefen. Ich konnte zu Anne Lisbet gehen und ihr erzählen, was wir aufhatten! Bei dem Gedanken wurde mir vor Freude ganz warm, und ich war verwirrt. Sobald wir uns umgezogen hatten, aus dem Umkleideraum kamen und zu der Stelle gingen, an der wir uns aufstellten, um auf den Bus zu warten, erzählte ich Geir von meinem Plan. Er rümpfte die Nase, zu Anne Lisbet gehen, warum denn das? Ein Punkt war, dass wir noch nie dort gewesen waren, ein anderer, dass Vemund in ihrer Nachbarschaft wohnte. Konnte er ihr nicht sagen, was wir aufhatten? Du verstehst es nicht, sagte ich. Es geht doch gerade darum, dass wir das machen!
Er zögerte immer noch, aber nachdem ich etwas auf ihn eingeredet hatte, erklärte er sich schließlich bereit, mich zu begleiten.
Statt alle vor dem B-Max abzusetzen, fuhr der Bus an diesem Vormittag durch die Siedlung und setzte uns nach und nach ab. Das machte er manchmal, und es war immer wieder ein seltsamer Anblick, denn der kolossal große Bus passte einfach nicht in die kleinen Straßen, auf denen er hockte wie ein Kreuzfahrtschiff in einem Kanal. Wir blieben auf dem Bürgersteig stehen und sahen ihn sozusagen vor Anstrengung stöhnend die Straße hinauffahren, während die Abgase hinter ihm in dichten Wolken über dem Asphalt hingen.
»Soll ich zu dir kommen, oder kommst du runter?«, fragte ich.
»Du kommst zu mir«, bestimmte Geir.
»Okay«, sagte ich und bog in unsere Einfahrt, in der glücklicherweise und wie erwartet kein Auto stand. Es regnete nicht mehr, aber alles, was ich sah, war nass. Auf der dunkelbraunen Hauswand lag die Feuchtigkeit wie große schwarze Felder, auf dem Treppenabsatz vor der Haustür waren die zahlreichen kleinen Vertiefungen im Stein mit Wasser gefüllt, auf dem Spaten, der an der Wand lehnte, lagen die Tropfen wabernd auf dem Griff. Ich zog den Reißverschluss meiner Jacke auf und holte den Schlüssel heraus, um zu testen, ob ich es an diesem Tag vielleicht besser hinbekommen würde, aber es passierte das Gleiche wie zuvor, der Schlüssel glitt ins Schloss, aber die kleine Trommel, die er drehen sollte, rührte sich nicht vom Fleck. Ich schaute zur Straße. Niemand zu sehen. Dann ging ich zum Mülleimer am Zaun, zog den schwarzen, halb vollen Müllsack heraus und legte ihn auf die Erde, packte den Eimer an den Griffen und hob ihn an. Er war schwerer, als ich gedacht hatte, so dass ich ihn auf dem Weg zum Haus mehrmals absetzen musste. Es war nach wie vor kein Mensch zu sehen. Ein Auto fuhr vorbei, aber es saß niemand darin, den ich kannte, und so trug ich den Mülleimer auf den Rasen und stellte ihn unter das Fenster. Ich kletterte hinauf, hob die Fensterluke an und steckte Kopf und Schulter hindurch. Das Gefühl, die Kontrolle zu verlieren, da ich nun nicht mehr sehen konnte, ob mich jemand beobachtete, weil ich nur noch den leeren, dunklen und warmen Raum vor mir im Auge hatte, ließ Panik in mir aufwallen. Ich wand und schlängelte mich vorwärts, und als der halbe Körper
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