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Spielen: Roman (German Edition)

Spielen: Roman (German Edition)

Titel: Spielen: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl Ove Knausgård
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nicht der Einzige, der zu diesem Thema etwas beitragen konnte. Und es war auch nicht meine Hand, auf die sie deutete, sondern Geir B.s.
    »Ich bin in Legoland auf einem Pferd geritten«, sagte er.
    »Aber das ich doch kein Bauernhof «, protestierte ich. »Ich bin schon ganz oft auf einem Bauernhof gewesen. Großmutter und Großvater …«
    »Bist du dran, Karl Ove?«, fragte die Lehrerin.
    »Nein«, antwortete ich und senkte den Blick.
    »Es stimmt, dass Legoland kein Bauernhof ist«, fuhr sie fort. »Aber Pferde findet man auch auf einem Bauernhof, das ist schon richtig, Geir. Unni?«
    Unni, wer war denn das?
    Ich drehte mich um. Ach, das war die eine, die immer so kicherte. Rundlich, mit blonden Haaren.
    »Ich wohne auf einem Bauernhof«, erzählte sie mit roten Wangen. »Aber wir haben keine Tiere. Wir bauen Gemüse an. Und mein Vater verkauft es auf dem Markt in der Stadt.«
    »Aber ich bin auf einem Bauernhof mit Tieren gewesen!«, warf ich ein.
    »Ich auch!«, rief Sverre.
    »Und ich«, sagte Dag Magne.
    »Ihr müsst warten, bis ihr an der Reihe seid«, tadelte uns die Lehrerin. »Jeder kommt dran.«
    Auf fünf andere zeigte sie, bis ich endlich die Hand herunternehmen und erzählen konnte, was mir auf dem Herzen lag. Also, Großmutter und Großvater hatten einen Bauernhof, er war groß, sie besaßen zwei Kühe und ein Kalb, außerdem hielten sie Hühner. Ich war oft dabei gewesen, wenn sie die Eier holten, und ich war auch dabei gewesen, wenn Großvater morgens die Kühe molk. Dann schaufelte er erst den Mist fort, und dann gab er ihnen Futter, und dann molk er sie. Ab und zu hoben sie den Schwanz und pinkelten oder kackten.
    Eine Welle aus Gelächter strömte mir entgegen. Dadurch ermutigt sprach ich weiter. Und einmal, sagte ich mit errötendem Gesicht, hatte eine der Kühe mich angepisst!
    Ich schaute mich um und suhlte mich förmlich im nachfolgenden Gelächter. Die Lehrerin sagte nichts, rief nur ein anderes Kind auf, aber ich sah ihr an, dass sie mir nicht glaubte.
    Als alle, die etwas erzählen wollten, zu Wort gekommen waren, las sie einen Text aus dem Lesebuch über Ola-Ola Heia. Sie fragte uns nach dem, was sie gelesen hatte, ignorierte mich aber völlig, bis es klingelte und sie mich bat, noch einen Moment zu bleiben.
    »Karl Ove«, sagte sie, »warte mal kurz, ich muss mit dir reden.«
    Ich blieb neben dem Lehrerpult stehen, während die anderen hinausliefen. Als wir alleine waren, setzte sie sich auf den Rand des Pults und sah mich an.
    »Wir dürfen nicht immer alles weitererzählen, was wir über andere wissen«, begann sie. »Was du heute zum Beispiel über Leif Tores Vater gesagt hast. Glaubst du, Leif Tore ist deshalb traurig?«
    »Ja«, antwortete ich.
    »Dann will er doch sicher nicht, dass andere es erfahren. Verstehst du?«
    »Ja«, sagte ich und begann zu weinen.
    »Es gibt etwas, was man Privatleben nennt«, sagte sie. »Weißt du, was das ist?«
    »Nein«, antwortete ich und zog die Nase hoch.
    »Das ist alles, was zu Hause passiert, bei uns und bei euch und bei allen. Wenn man sieht, was bei anderen passiert, ist es nicht immer nett, es weiterzuerzählen. Verstehst du?«
    Ich nickte.
    »Schön, Karl Ove. Sei nicht traurig. Du wusstest es ja nicht besser. Aber jetzt weißt du Bescheid! Also los, raus mit dir.«
    Ich lief die Treppe hinauf, durch den Flur und auf den Schulhof hinaus. Ließ den Blick über die vielen verschiedenen Gruppen schweifen, die dort herumstanden. Ein paar Mädchen spielten Gummitwist, andere sprangen Seil, wieder andere spielten Fangen. Unten auf dem Fußballplatz sah ich viele in einer Traube vor dem nächstgelegenen Tor spielen. Die gesamte Mitte des Platzes war von fast gelblichem Schlamm bedeckt. Geir und Geir Håkon und Eivind standen vor der Bank, die unterhalb des Felsens mit dem Fahnenmast stand, und ich lief zu ihnen. Sie spielten mit Geir Håkons Schiffsquartett.
    »Hast du geflennt?«, fragte Eivind.
    Ich schüttelte den Kopf.
    »Das ist der Wind«, behauptete ich.
    »Und was hat die Lehrerin gesagt?«
    »Nichts Besonderes«, antwortete ich. »Bekomme ich eine Karte?
    »Du hast geweint«, beharrte Eivind.
    Mit Sverre und mir war Eivind der Beste in der Klasse. Er war der Beste in Rechnen, Sverre war darin der Zweitbeste und ich der Drittbeste. Ich war der Beste in Lesen und Schreiben, Eivind war Zweitbester und Sverre Drittbester. Eivind war jedoch viel schneller als ich, von den Jungen in unserer Klasse lief nur Trond schneller als er. Ich war der

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