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Spielen: Roman (German Edition)

Spielen: Roman (German Edition)

Titel: Spielen: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl Ove Knausgård
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vollgesogen, so dass es selbst mit Stiefeln praktisch unmöglich war, trockenen Fußes hinüberzukommen, denn ehe man sich versah, plumpste der Fuß bis weit über den Schaft in eine kleine Mulde, aber wir versuchten es trotzdem, balancierten auf den wankenden Soden, sprangen von einer zur nächsten, rutschten ab, stützten uns mit der Hand ab und spürten, dass der Untergrund nachgab: wie das Wasser dann unter dem Jackenärmel förmlich den Pullover hinauf kroch . Wir lachten und riefen uns zu, was passierte, überquerten den nun glatten und matschigen Fußballplatz, gingen die breite Passage zwischen den Laubbäumen zu unserer Rechten hinauf, die früher vielleicht einmal ein Fahrweg gewesen war, denn sie war breiter als ein Waldweg und vollständig von einem Teppich aus Blättern bedeckt. Gelb, rötlich und braun lagen sie da, und zwischen ihnen sah man vereinzelt grüne Streifen. Ganz oben lag eine ganz kleine Wiese, auf der das Gras lang und weißgelb wuchs und am Boden klebte. In der Mitte ragte ein nackter Fels hoch, auf dem ein alter Strommast thronte. Der alte Weg führte noch einige Meter weiter, bis er von der neuen großen Straße geschluckt wurde, die etwa zwanzig Meter hinter der Wiese vorbeiführte. Unterhalb lag der Wald, größtenteils Eichen, und zwischen zwei von ihnen stand ein altes Autowrack, das in einem wesentlich schlechteren Zustand war als das, mit dem wir normalerweise spielten und das ungefähr hundert Meter weiter unten stand, aber es war deshalb nicht weniger anziehend, im Gegenteil: Dort hinten kam fast nie jemand vorbei.
    Oh, der Geruch alter Autowracks in nassem Wald! Der Geruch des synthetischen Stoffs der aufgerissenen Sitze, stockfleckig und verschimmelt, aber dennoch durchdringend und fast frisch verglichen mit dem schweren, dunklen Duft modernder Blätter, der rundherum vom Erdboden aufstieg. Die schwarze Fensterleiste, die sich gelöst hatte und vom Dach herabhing wie eine Art Tentakel. Das viele Glas, das in kleine Scherben zerbrochen und größtenteils im Erdboden verschwunden war, hier und da jedoch wie kleine, matte Diamanten auf den Fußmatten oder den Türöffnungen lag. Und, oh, diese schwarzen Fußmatten! Ein wenig an ihnen gerüttelt, und eine ganze Horde Getier tritt in alle Richtungen krabbelnd die Flucht an. Spinnen, Weberknechte, Asseln. Der Widerstand der drei Pedale, die sich kaum noch bewegen lassen. Die Tropfen, die einem jedes Mal, wenn der Wind sie in der Luft aus ihrer Bahn reißt oder sie von den Blättern an den schwankenden Ästen über dem Wrack schüttelt, direkt durch die Fensteröffnung ins Gesicht tropfen.
    Manchmal fanden wir in der Nähe Dinge, Plastikflaschen, Tüten mit Autozeitschriften oder Pornos, leere Zigarettenschachteln, leere Plastikbehälter für Scheibenreiniger, das eine oder andere Kondom. Einmal hatten wir sogar eine Unterhose gefunden, die noch voller Kot war, und daraufhin lachten wir unglaublich lange darüber, dass jemand in die Hose gemacht und dann die ganze Unterhose weggeworfen hatte.
    Dabei kackten wir auf unseren Streifzügen ja selbst in den Wald, kletterten auf Bäume und kackten von dort, standen auf der Kuppe eines Felsens und kackten hinunter oder am Rand eines Bachs und kackten hinein. Immer mit dem Ziel zu sehen, was passierte und was für ein Gefühl es war oder welche Farbe die Haufen hatten, ob sie nun schwarz, grün, braun oder hellbraun waren, wie lang die Würste waren und wie beschaffen und was passierte, wenn sie zwischen Heidekraut und Moos glänzend auf dem Waldboden lagen, ob Fliegen sie umschwärmten oder Käfer auf sie krabbelten. Auch der Geruch des Kots war im Wald beißender, intensiver, markanter. Ab und zu kehrten wir zu Stellen zurück, an denen wir gekackt hatten, um nachzuschauen, wie sich die Haufen seither entwickelt hatten. Manchmal waren sie verschwunden, manchmal waren nur noch trockene Reste übrig, oder sie waren verschmiert und sahen aus, als wären sie geschmolzen.
    Jetzt mussten wir jedoch zur Schule und hatten für solche Dinge keine Zeit. Den Hang hinunter, über den Spielplatz, der lediglich aus einem rostigen Klettergerüst, einer rostigen Schaukel und einem morschen Sandkasten bestand, in dem kaum noch Sand war. Die steile Böschung hinauf, über den Bordstein, und schon lag auf der anderen Straßenseite der B-Max vor uns. Die Reihe der Ranzen in der Schlange war schon lang. Ein paar Mädchen spielten trotz des Wetters Gummitwist, andere standen unter dem Vordach des Supermarkts.

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