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Spielen: Roman (German Edition)

Spielen: Roman (German Edition)

Titel: Spielen: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl Ove Knausgård
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dass wir eine Putzfrau beauftragen würden, eine ältere Dame, die einmal in der Woche kommen solle, sie heiße Frau Hjellen und werde schon an diesem Nachmittag vorbeischauen. Sie habe die Frau von der Arbeit aus angerufen, berichtete sie, und sie habe einen netten Eindruck gemacht. Ich wusste, dass Vater keine Putzfrau haben wollte, das hatte er einmal gesagt, aber jetzt blieb er stumm, und ich begriff, dass er es sich anders überlegt haben musste.
    Ich freute mich auf sie. Die wenigen Male, die wir Besuch bekamen, hatten immer Spaß gemacht, vielleicht, weil die Besucher unser Haus mit etwas Neuem und Anderem füllten, aber auch, weil sie Yngve und mir stets Aufmerksamkeit schenkten. »Da sind ja die Jungen«, sagten sie etwa, wenn sie uns noch nie gesehen hatten, oder »ihr seid ja groß geworden«, wenn sie uns schon das eine oder andere Mal begegnet waren, und manchmal kam es auch vor, dass sie uns Fragen stellten, zum Beispiel, wie es in der Schule oder beim Fußball lief.
    Als wir gegessen hatten, schob ich mich in Yngves Zimmer. Er holte eine Kassette aus dem Kassettenständer, es war Status Quo, Piledriver, und ließ sie laufen.
    »Ich habe dich eben im Bus gesehen«, sagte ich. »Wo wolltest du hin?«
    »In die Stadt«, antwortete er.
    Er legte sich aufs Bett und begann in einem Comicheft zu lesen.
    »Und was wolltest du da?«
    »Drängel nicht so«, sagte er. »Ich wollte ein Ersatzteil für mein Fahrrad kaufen.«
    »Ist es kaputt ?«
    Er nickte. Dann sah er mich an.
    »Das darfst du keinem erzählen. Nicht einmal Mama«, bat er mich.
    »Ehrenwort«, erwiderte ich.
    »Es steht oben bei Frank. Das Teil, in dem der Lenker steckt, ist abgebrochen, aber sein Vater hat versprochen, es für mich zu reparieren. Ich bekomme es morgen zurück.«
    »Stell dir vor, Papa hätte dich gesehen«, sagte ich. »In der Stadt, meine ich. Außerdem hätte dich jemand, den er kennt, sehen können.«
    Yngve zuckte mit den Schultern und las weiter. Ich ging in mein Zimmer. Einige Zeit später klingelte es an der Tür. Ich wartete, bis Mutter unten im Flur war, und trat erst dann aus dem Zimmer. Unmittelbar darauf kam eine ältere, etwas rundliche oder vielleicht eher breite Frau mit grauen Haaren und Brille die Treppe herauf.
    »Das ist Karl Ove«, sagte Mutter. »Unser jüngerer Sohn.«
    Ich nickte ihr zu. Sie lächelte.
    »Ich heiße Frau Hjellen«, sagte sie. »Wir werden sicher gute Freunde werden.«
    Sie legte die Hand auf meine Schulter. Mir wurde innerlich ganz warm.
    »Der ältere, Yngve, ist in seinem Zimmer«, erläuterte Mutter.
    »Soll ich ihn holen?«, fragte ich.
    Mutter schüttelte den Kopf. »Das ist nicht nötig.«
    Sie führte die Frau durch unser Haus, und ich kehrte in mein Zimmer zurück. Draußen dämmerte es. Leise trom melte der Regen auf das Dach und die Wand. In den Dachrinnen rauschte und gluckerte es. Große Regentropfen schlugen gegen das Fenster und liefen in Bahnen herunter, die sich unmöglich vorhersehen ließen. Das Scheinwerferlicht eines Autos traf die Fichte über dem Briefkastenständer. Es war Jacobsen, der von der Arbeit heimkam. Die grünen Kästen und der Metallständer, an dem sie hingen, glänzten stumm im Licht. Nein, nein , sagten sie. Nicht das Licht, nicht das Licht . Ich legte mich aufs Bett und dachte an Anne Lisbet. Mor gen würden wir wieder zu ihr gehen. Aber vorher würde ich sie in der Schule sehen! Und es reichte mir, sie zu sehen, das reichte völlig, damit die Freude sich überall in meinem Körper ausbreitete. Eines Tages würde ich sie fragen, ob sie mit mir gehen wolle. Eines Tages würde ich in ihrem Zimmer und sie in meinem Zimmer gewesen sein. Obwohl es mir verboten war, jemanden auf mein Zimmer mitzunehmen, würde sie kommen, das würde ich schon irgendwie hinbekommen. Und wenn wir durch die Fensterluke an der Wand klettern mussten!
    Ich setzte mich an den Schreibtisch, holte die Bücher aus dem Ranzen und machte meine Hausaufgaben. Frau Hjellen ging, und kurz darauf hörte ich, dass Yngve in die Küche t rottete. Es war Montag, und in der letzten Zeit hatte er jeden Montagabend Scones oder Waffeln gebacken. Ich saß mit Mutter in der Küche, wenn er damit beschäftigt war, es war warm dort, die Scones oder Waffeln rochen gut, und wir unterhielten uns über alles Mögliche. Wenn Yngve fertig war, aßen wir die Scones mit schmelzender Butter und Molkenkäse oder die Waffeln mit Butter und Zucker, der auch schmolz, und tranken Tee mit Milch dazu. Manchmal, aber

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