Spieler Eins - Roman in 5 Stunden
ziemlich wenig, das sich zu einer Waffe umfunktionieren ließe, abgesehen von zerbrochenen Flaschen und diversen Schneidewerkzeugen. Gott sei Dank hat er die Schrotflinte, von der seine Ex noch gesagt hatte, er wäre krank im Kopf, sie im Lokal zu haben. Sie hatte vor etwa einem Jahr mit Tyler reingeschaut, sich in der Bar umgesehen und gesagt, sie sähe aus wie eine Crackhöhle, bloß ohne Crack. »Und was sollen die Rugbyhosen mit Dehnbund, die du da anhast, Rick? Mein Gott, du siehst aus wie ein Schnapsladenangestellter mit Herpes im Jahr 1982.« Tyler hatte sich über die Reste von Knabberzeug auf der Theke hergemacht, und Pam schlug ihm auf die Finger. »Mein Gott, Tyler, die mischen allen möglichen Dreck da rein.« Dann hatte sie Rick angesehen: »Also, damit ich das richtig verstehe – du bewahrst hier eine Schrotflinte auf, um jemanden abzuknallen, wenn er dir hundert Dollar aus der Kasse klaut?«
Tja, wer lacht nun zuletzt?
Rick denkt: Hier und jetzt ist es mit einem gewissen Aspekt meines Lebens vorbei, aber es ist auch der Anbruch von etwas Neuem – der Anbruch von etwas Unbekanntem, das sich mir bald offenbaren wird.
Rick denkt: Nichts sehr, sehr Gutes und nichts sehr, sehr Schlechtes währt jemals sehr, sehr lang.
Rick denkt: Mein Kopf fühlt sich an wie die Niagarafälle ohne das Tosen, nur dieser feuchte Dunst und das Schäumen ohne eine Vorstellung, wo die Erde endet und der Himmel beginnt.
Rick braucht einen Drink.
Rick braucht ein großes, schweres Stemmeisen, um sich damitaufzuknacken und was auch immer für eine Kreatur da in ihm war herauszuholen, sie kräftig auszuklopfen wie einen Teppich, in einem klaren, kalten See reinzuwaschen und dann in die Sonne zu legen, damit sie gesunden, trocknen und wachsen kann und schließlich mit einem wachen und ruhigen Geist wieder zu Bewusstsein kommt.
Und dann sitzt er plötzlich mit drei Quasi-Fremden auf den Keramikkacheln hinter der Theke und bekommt zumindest einen seiner Wünsche erfüllt: einen doppelten Wodka mit Soda und Zitronenschnitz. Zum Teufel mit dem schlechten Gewissen! Rick weiß, dass der Alkohol zunächst mal seine Wahrnehmung der gegenwärtigen Ereignisse schärfen wird, auch wenn er im Nachhinein die Erinnerung daran schreddert, so sicher, wie das Kopfweh einsetzt, wenn man Glutamat über die Suppenterrine seines eigenen Bewusstseins sprenkeln würde.
Das Grüppchen hat darüber gesprochen, was jeder aus seinem Beruf gelernt hat – nicht gerade das, was Rick in einer Situation wie dieser erwartet hätte, aber das Unerwartete des Gesprächsgegenstandes fühlt sich intensiv und richtig an. Karen hat gerade zu Ende erzählt, und nun ist Rachel an der Reihe, doch bevor sie beginnt, fragt sie: »Wie hoch ist die Mannstoppwirkung deiner Schrotflinte, Rick?«
»Von dem Baby hier? Fünf Patronen in der Kammer, 00-Posten – für Menschen reicht das dicke.«
»Kannst du damit umgehen?«
»Kann ich.« Diese Robotfrau ist ziemlich scharf , denkt Rick.
Aber die Robotfrau hat ihn geleimt. »Das ist gut, Rick. Dürfte ich dich dann bitten, dich für die nächste Stunde mit Cocktails zurückzuhalten? Treffsicherheit könnte für uns vier zu einer Frage von Leben und Tod werden.«
Dann fängt Rachel an, ihnen zu erzählen, was sie durch die Zucht weißer Mäuse gelernt hat. »Zuerst einmal rate ich jedem, möglichstwenige männliche Mäuse zu züchten, da sie ein Drüsensekret produzieren, dessen Geruch schwer zu ertragen ist, auch dann noch, wenn man ihm monatelang täglich ausgesetzt war.«
Großer Gott , denkt Rick. Na gut, irgendwo müssen weiße Mäuse ja herkommen. Costa Rica? West Virginia? Aber ausgerechnet aus Rachels Garage? Das muss man erst mal verdauen. Und woran hat sie gemerkt, was ich für einen Jieper auf Alkohol habe? Ach, vergiss es. Was könnte ich aus dieser abscheulichen Bruchbude sonst noch dazu benutzen, Menschen zu töten? Rick durchstöbert den Thekenbereich nach Dingen, die er als Waffe einsetzen könnte: ein noch verschlossener Kanister mit Colasirup, auf der Heizplatte der Kaffeemaschine erhitzt und dann mit der Schrotflinte beschossen, würde eine ausgezeichnete Bombe abgeben; jeder Kugelschreiber oder Bleistift ließe sich à la Joe Pesci in eine Halsschlagader rammen; man könnte dem Heckenschützen eine weiße Tischdecke um den Kopf wickeln und ihn dann in einer grauen Plastikspülschüssel unter Wasser drücken.
Rachel redet immer noch über weiße Mäuse. Rick merkt, dass er leicht Schlagseite hat,
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