Spieler Eins - Roman in 5 Stunden
nachdem er vierzehn Monate Abstinenz in den Wind geschossen hat. Rachel sagt, es sei recht einfach, die Bedürfnisse einer Maus einzuschätzen, und Rick hört sich sagen: »Da stimme ich zu.« Die anderen starren ihn an, und er fährt fort: »Aber Menschen sind keine Mäuse. Lass niemals jemanden auch nur ahnen, was du vom Leben erhoffst oder brauchst. Sonst kannst du ihm auch gleich eine schriftliche Einladung schicken: ›Hi, bitte mach es mir unmöglich, die folgenden Dinge zu erreichen.‹ Das Leben bringt dich letztendlich um, aber erst hält es dich noch davon ab, das zu bekommen, was du willst. Ich bin es so leid, nie zu bekommen, was ich will. Oder wenn, dann immer nur mit einem Pferdefuß.«
Falls es Rachel ärgert, unterbrochen worden zu sein, lässt sie es sich nicht anmerken.
»Ich bin nicht verbittert«, fährt Rick fort. »Aber selbst wenn. Zumindest wüsstet ihr dann, wo ich stehe.«
Irgendwo in der Ferne gibt es eine Explosion. Die Unterhaltung bricht ab, und alle spitzen die Ohren.
Luke schaut Rick an und sagt: »Das Herz eines Mannes ist wie ein tiefer Brunnen.«
»Ich bin nicht besser als mein Vater«, meint Rick. »Er lebt in Saskatchewan. Seine Leber ist nur noch ein Marshmallow. Eigentlich müsste er schon seit zehn Jahren tot sein. Aber stattdessen hat er angefangen, jeden Tag zweitausend Einheiten Vitamin D zu schlucken, deswegen hat er nun ein Immunsystem wie das Kauspielzeug eines Pitbulls.«
»Mein Vater ist Alkoholiker«, erklärt Rachel. »Und er denkt, ich sei kein richtiger Mensch, deswegen werde ich ihn überraschen, indem ich mich reproduziere. Dann kann er nicht mehr behaupten, ich sei nicht wirklich menschlich.«
Die anderen starren sie an. Sie sagt zu Rick: »Trink heute bitte nichts mehr. Mir zuliebe.«
Rick schaut Rachel an, denkt darüber nach und setzt dann sein Glas ab. Er hätte nie gedacht, dass es so leicht sein könnte.
Es gab eine weitere Explosion, diesmal näher. »Nicht nur, dass man kein Flugzeug hört«, sagt Luke. »Man hört auch keine Sirenen. Es ist, als wären nicht nur Autos, Flugzeuge und Hubschrauber stehen geblieben – es ist, als wäre die Zeit stehen geblieben.«
Karen meinte: »Man sollte doch annehmen, mittlerweile wäre ein SWAT -Team hier. Von den Navy SEAL s, James Bond und Charlie’s Angels ganz zu schweigen.«
Rachel sah Rick mit einer Intensität an, die er sexy fand und die er ihr gar nicht zugetraut hatte. Rick hatte mittlerweile schon das erste Dominosteinchen zur Kaskade des Verliebens angestoßen. Er hatte mal in einer Gameshow im Fernsehen die Frage gehört, wie oft sich ein Durchschnittsmensch im Leben verliebe. Sechs Mal, war die Antwort gewesen. Seit damals war Rick überzeugt, dass Menschensich nur sechsmal im Leben verlieben konnten. Gemäß dieser Faustregel blieb ihm nur noch eine Liebe übrig – fünf hatte er schon verschlissen, drei davon noch bevor er zweiundzwanzig gewesen war –, und jetzt war der Moment, in dem der Hammer auf den Amboss trifft und die Kette geschmiedet wird, in dem die Liebe stark wird, real wird, dauerhaft wird. Rick wollte sich wieder verlieben – sogar noch mehr, als durch das Power Dynamics Seminar System ein neuer Mensch zu werden –, aber was, wenn diese letzte Liebe schiefging? Dann bliebe er für den Rest seines Lebens allein, oder schlimmer noch, er müsste sich auf die Suche nach einer neuen, noch extremeren Erfahrung als die Liebe machen, was immer das sein mochte. Jedenfalls saß er nun da auf dem Kachelboden und fragte sich: Ob Rachel irgendwas für mich empfindet? Wie soll ich sie dazu bringen, etwas für mich zu empfinden, diese Frau, der es anatomisch unmöglich ist, Emotionen zu erleben? Ich wette, ich könnte zu ihr durchkommen. Ich wette, ich könnte ihr begreiflich machen, was es bedeutet, verliebt zu sein. »Rachel, kann ich dir etwas zu trinken anbieten?«
»Ja, bitte. Ein Ginger Ale.«
»Kommt sofort.«
Karen fragte: »Hört mal, Leute, was genau sollen wir jetzt machen? Warten wir einfach? Nur worauf? Darauf, abgeknallt zu werden wie Warren?«
»Ich würde sagen, das ist alles, was wir machen können«, erwiderte Luke. Er hatte die Ablagekiste mit den Fundsachen aus der Bar entdeckt. Es waren drei Handys darin. Er probierte alle drei aus, und eins tat es. »Rick, mein Freund, nehmen Sie das. Rufen Sie Ihr Kind an.«
Rick reichte Rachel ihr Ginger Ale und ließ sich von Luke das Handy geben. Aber bevor er wählen konnte, klingelte Karens Handy. »Casey?«
»Mom, die
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