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Spieler Eins - Roman in 5 Stunden

Spieler Eins - Roman in 5 Stunden

Titel: Spieler Eins - Roman in 5 Stunden Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Klett-Cotta Verlag
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Bertis«, sagt Rick.
    Bertis ist unbeeindruckt. »Dann erschießt mich doch. Ein Aspekt meines Lebens geht zu Ende, doch ich stehe am Anfang von etwas jetzt noch Unbekanntem, das sich mir bald offenbaren wird.«
    Karen denkt: Was, wenn Gott existiert, er die Menschen aber einfach nicht besonders mag?
    Rick fragt: »Warum warst du hinter Leslie Freemont her?«
    »Er war ein Hochstapler. Er hat es verdient.«
    »Und warum hast du die anderen dann auch noch erschossen?«
    »Weil ich klar genug sehe, um entscheiden zu können, wer lebendarf und wer sterben muss.« Er bricht ab und schaut in die Runde. »Oh, macht doch nicht solche Gesichter. Sie starben, weil ihre Zeit gekommen war. Ihre Führer sind tot. Die Geschichte hat sie ausrangiert. Die Vergangenheit ist ein Witz. Ich und das, was ich tue, das ist als Nächstes vorgesehen.«
    »Wer ist gestorben und hat dich zu Gott gemacht?«
    Bertis lacht. »Sei doch nicht kindisch. Werd erwachsen. Die Leute, die ich erschossen habe, haben Gott genervt. Sie haben Ihn verärgert. Sie haben Ihm Seine Zeit gestohlen. Sieh dir die moderne Kultur an. Sieh dir die Amerikaner an – sie sind wie Kinder, ständig betteln sie um ein Wunder hier und Liebe da, oder Herrje, ich hab mein Bestes versucht . Aber Gott hat eine geordnete Welt erschaffen. Indem wir Ihn ständig mit Bitten um Wunder bombardieren, drängen wir Ihn, den Stoff, aus dem die Welt ist, wieder aufzuriffeln. Eine Welt permanenter Wunder wäre eine Karikatur. Zur Strafe dafür, dass sie Ihn ewig belästigt haben, wurden eine Viertelmilliarde Amerikaner jetzt in ölverschmierte Stockenten verwandelt. Ich ahnte nicht, dass es zu dieser Ölkrise kommen würde, als ich heute Morgen aufwachte und mir schwor, diesen Scharlatan Freemont auszuknipsen – diese Krise ist eins der kleinen Geschenke, die das Leben macht.«
    Karen sagt: »Sie können nicht eine Viertelmilliarde Menschen zusammen in einen Topf werfen. Das ist absurd. Diese Viertelmilliarde Menschen haben praktisch nichts miteinander gemein, außer dass man ihnen allen einredet, sie hätten viel gemeinsam.«
    Bertis sieht Karen an. »Ich mag Sie. Aber Sie irren sich. Die Menschen sind so ziemlich alle gleich – außer sie haben zu Gott gefunden, doch da werden sie dann alle zu einer Person, zu einer Quelle des Lichts. Wir Menschen haben so unendlich viel mehr gemeinsam, als uns unterscheidet. Sehen Sie sich diese Bar an. Sehen Sie sich dieses Hotel, diesen Flughafen an. Haben Sie sich je gefragt, warum sie in Flughäfen und Touristenfallen Flaggen, Familienwappen und T-Shirts mit KISS ME, I’M ITALIAN drauf verkaufen? Oder warum religiöseGruppierungen sich dort herumtreiben? Weil eine Flugreise dich aus allem, worin du dich wohlfühlst, herausreißt. Eine Flugreise setzt dich neuen Situationen und Umgebungen aus, wie es bis in die jüngste Vergangenheit noch undenkbar war, großartigen und banalen Momenten, die auch noch die klitzekleinsten Moleküle an Individualität auflösen, die du besitzt. Nach einer Flugreise muss man sein Ego neu aufbauen, das Gefühl bestärken, man wäre einzigartig. Deswegen haben religiöse Gruppen bei der Suche nach neuen Anhängern die Flughäfen im Visier. Du«, – er nickt Rick zu. »Du bist Barkeeper. Du machst den ganzen Tag nichts anderes, als dabei zuzusehen, wie Menschen sich vor deinen Augen auflösen. Oder sich mit Alkohol das Gehirn pürieren. Ich wette, du machst dir keine Illusionen darüber, was sich im Hotel so abspielt.«
    »Da hast du recht.«
    Karen fällt ihre Verabredung mit Warren wieder ein, die ihr jetzt schon vorkommt, als läge sie drei Wochen zurück. Bertis schürzt die Lippen und starrt mit Röntgenblick auf den Eingangsbereich und das dahinterliegende Hotel. »Schlimmes, schlimmes Hotel. Teenager auf Crack, die Asozialenfernsehen gucken und Zucker fressen. Die auf den Disney- und Bierreklamen-bedruckten Handtüchern Unzucht treiben. Und an einem guten Tag findet man vielleicht einen Propheten ganz allein in einem leeren Zimmer im obersten Stock, wo der Aufzug schon festgerostet ist. Ein Prophet, seiner Stiftervision beraubt, verdammt zu einem Leben in einer Welt ohne Werte, Ideale und Ziele.«
    Die vier stehen da und starren auf Bertis, der in vollkommenem Gleichmut dasitzt.
    »Seht euch nur an. Ihr seid eine deprimierende Anhäufung popkultureller Einflüsse und verkümmerter Emotionen, angetrieben vom stotternden Motor des Kapitalismus in seiner banalsten Form. Euer Leben kennt keine Jahreszeiten –

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