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Spieler Eins - Roman in 5 Stunden

Spieler Eins - Roman in 5 Stunden

Titel: Spieler Eins - Roman in 5 Stunden Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Klett-Cotta Verlag
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Welt selbst sich abgeschaltet – diese erbarmungslose Entropie, die wie ein wütendes Raum-Zeit-Wurmloch Lukes Universum verschlingt. Alles, was ich mir vorstellen kann , wird er denken, verschwindet, Stück für Stück : Autos, Elektrizität, Ferien in Cancun, tiefgefrorene Lean-Cuisine-Mahlzeiten, die Gib-einen-Penny-nimm-einen-Penny-Schale an seiner Esso-Tankstelle – verdammt, die komplette Tankstelle – die öffentliche Ordnung, Leitungswasser, saubere Luft – es wird Luke vorkommen, als habe die Welt Blitzalzheimer und zersetze sich systematisch. Seinem Vater hätte diese Atmosphäre von Weltuntergang gefallen. Sein Vater hatte in den Himmel kommen wollen und wäre heiteren Sinnes und ohne Zögern in den nächsten Bus dorthin gestiegen. Dieser arme,dumme Bastard, der alle Menschen, die in seinem Leben eine Rolle hätten spielen können, verletzt, betrogen und davongeekelt hat und dem es sogar irgendwie gelungen ist, Luke zu seinem Abbild zu machen.
    Aber nein , Luke wird sich weigern, das, was gerade passiert, als Ende der Welt zu betrachten, und er wird nicht mehr akzeptieren, was bislang wie die unaufhaltsame Verwandlung in den eigenen Vater ausgesehen hat … in seinen Vater, der mit einem lachhaften falschen englischen Akzent gesagt hätte – wen wollte er mit dem Akzent überhaupt beeindrucken? Etwa seine Familie, die wusste, dass Caleb nur einmal in England gewesen war, und zwar für drei Nächte 1994 in einem Hotel auf dem Heathrow Airport zu einem Symposion mit dem Thema »Der Mensch im Zeitalter der wildgewordenen Maschinen«? – Maschinen! Und das 19Jesusmariaundjosef94, ihr Idioten! Caleb also würde höchstwahrscheinlich hier in der Airport-Camelot-Cocktaillounge gesagt haben: »Und ich sagte zu dem Mann, der an der Pforte zum neuen Jahr stand: ›Reiche mir ein Licht, auf dass ich sicheren Schrittes ins Ungewisse gehen kann.‹ Und der Mann erwiderte: ›Gehe hinaus in die Finsternis und lege deine Hand in die Hand Gottes. Sie wird dich sicherer führen als jedes Licht und jeder schon beschrittene Pfad.‹«
    Rachel wird den Skalp von Leslie Freemont anstarren und denken, dass er wie eine sehr große sezierte weiße Maus aussieht – oder vielleicht auch wie eine weiße Ratte –, nur dass Rachel Ratten nicht mag, weil die manchmal beißen, während weiße Mäuse ihr niemals etwas tun würden. Rachel wird vom Anblick des Skalps jedenfalls nicht entsetzt sein. Er wird sie in ihren klinischen Modus versetzen, so als wäre sie im Labor ihres Lieferanten für Laborausrüstung und würde einen dieser frisch gereinigten Kittel tragen, die sie einem dort geben und die schwach nach Lavendel riechen und deren steifer, frisch gestärkter Stoff ihr auf den Unterarmen das herrliche Gefühl vermittelt, als würde eine juckende Stelle tüchtig gekratzt.Aber der Skalp? Das war nur ein Präparat, und da er ihr nicht wehtun oder in den unsichtbaren Nahbereich einen Meter um sie herum eindringen kann – die Zone, in der etwas sie berühren, anatmen oder irgendeine Art von raschem Temperaturumschwung auslösen könnte –, wird Rachel zwar wachsam, aber gelassen bleiben. Sie weiß, dass die anderen Angst haben, aber sie ist klug genug, ihnen nicht zu sagen, dass sie keine Angst zu haben bräuchten – das hatte ihr früher schon Ärger beschert. Und was um alles in der Welt sollte überhaupt angsteinflößend daran sein, in Daffy Ducks Zeichentrickloch abzutauchen?

STUNDE VIER
    HALLO, MEIN NAME IST MONSTER

KAREN
    Karen starrt auf den schwarzhaarigen Heckenschützen mit seinem von Blasen bedeckten Gesicht und den offenbar von Schmauchspuren gezeichneten Unterarmen. Immer noch zitternd, fragt Karen ihren mit Klebeband gefesselten Gefangenen: »Also, wie heißen Sie?«
    »Sagen Sie’s mir. Welchen Namen sollte ich Ihrer Meinung nach haben? Wonach seh ich aus? Nach einem Jason? Einem Justin? Einem Craig?«
    Karen beginnt sich ernsthaft zu fragen, ob er mehr nach einem Justin als nach einem Jason oder Craig aussieht – und weist sich dann selbst zurecht, weil sie so schnell in Banalitäten verfällt. Dieser Kerl hält es wirklich für eine gute Tat, dass er Leslie Freemont umgebracht hat . Karen fragt sich, wann und wo Leslie skalpiert wurde und ob seine Assistentin Tara entkommen ist.
    »Monster brauchen keine Namen«, bricht es aus Luke heraus.
    »Dann ist das mein neuer Name. Hallo, mein Name ist Monster. «
    »Sehr witzig.«
    »Also schön, mein Name ist Bertis.«
    »Wir sollten dich einfach erschießen,

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