Spieler Eins - Roman in 5 Stunden
wirkungsvoller Weg, normale Menschen schnell und effizient zu indoktrinieren.«
Rick lässt sich das durch den Kopf gehen, grinst seine Liebste an und sagt: »Lass mich mal raten, Rachel: Musik verstehst du auch nicht, oder?«
»Nein«, bestätigt Rachel. »Vieles von dem, was normale Menschen für Kunst halten, besteht einfach in der Etablierung sich wiederholenderMuster, die dadurch interessant werden, dass man sie auf bestimmte Weise durchbricht.«
»Das stimmt nicht, Rachel«, sagt Bertis. »Ist deine neue Beziehung zu Gott für dich nicht mehr als das – ein Muster, das durchbrochen werden muss?«
»Das ist noch etwas neu für mich. Ich habe es noch nicht ganz durchdacht.«
»Du bist bereits im Hause Gottes, Rachel. Jetzt musst du nur noch dein Zimmer finden.«
»Mach mal halblang, Bertis«, sagt Rick. »Die Menschen sind Teil der Natur, und die Natur ist eine einzige große Häckselmaschine. Früher oder später spritzt alles in einem Schwall von Blut, Knochen und Haaren hinten wieder raus.«
»Nein!«, brüllt Bertis. »Das ist nicht wahr. Wir sind Tiere, aber dennoch sind wir göttlich. Wir haben Verstand. Wir können Fragen stellen.«
»Ich dachte, es geht darum, zu glauben, ohne Fragen zu stellen.«
» Ahhhh … Hochmut. Der Fluch der menschlichen Rasse. Sieh dich vor, Rick – die Welt macht Katzenfutter aus Menschen, die so denken wie du.«
»Und, was sollte ich dagegen unternehmen?«
»Du solltest den Glauben annehmen, Rick. Du solltest das Wort Gottes verbreiten. Du solltest das Wort Gottes in die Glasplatten von Bibliotheksfotokopierern ritzen. Du solltest das Wort Gottes auf ausrangierte Autoteile kratzen und sie von Brücken werfen, damit Menschen, die in einer Million Jahren im Staub wühlen, ebenfalls die irdische Welt in Frage stellen. Du solltest Augäpfel in Radprofile und Schuhsohlen schnitzen, so dass jede Spur vom Geist, von Gottvertrauen und Glaube kündet. Du solltest Moleküle designen, die zu Gedichten der Andacht kristallisieren. Du solltest Bardcodes erfinden, die die Wahrheit verkünden, anstatt zu lügen. Du solltest keinen einzigen Fetzen Papier wegwerfen, auf dem nicht die Wahrheit gedrucktsteht – eine Aufforderung an die Menschen, nach einer besseren Welt zu streben.«
Rick gefällt Bertis’ Ansprache – nicht unbedingt inhaltlich, sondern wegen ihrer Sprachmuster, ihrer Leslie-Freemont-Klänge.
»Dein neues Leben, Rick«, fährt Bertis fort, »wird unter dem Zeichen der Dringlichkeit stehen, so als würdest du nach Opfern einer Lawine graben. Wenn du nicht jeden wachen Moment deines Lebens die Wahrheit lebst, wenn du nicht jeden Moment danach trachtest, das tote Fleisch der alten Ordnung wegzukochen, dann vergeudest du dein Leben.«
»Wow«, meint Rick. »Der Sermon ist ja noch besser als alles, was Leslie Freemont zu bieten hat.«
»Dieser Antichrist . Dieser Dämon .«
Während Bertis’ Rede hat Rachel seine Hände, seine Finger und sein Notfallarmband eingehend studiert und sieht nun plötzlich eine Verbindung. »Sie haben spatelförmige Fingernägel.«
»Hä? Na und?«
»Sie sind Leslie Freemonts Sohn, stimmt’s? Und ich vermute, dass Tara Ihre Frau war.«
»Du Hexe !«, faucht Bertis genau in dem Moment, als Luke, Karen und Max den Raum betreten, um zu fragen, ob die anderen noch mehr Wasser aufgetrieben haben.
In einer einzigen fließenden Bewegung reißt Bertis mit der linken Hand das Tischtuch vom Tisch, schnappt sich den Seesack und setzt ihn sich auf den Schoß. In Sekundenschnelle hat er das Gewehr herausgezogen und es, die rechte Hand am Abzug, auf Rachel gerichtet. Die Kugel trifft sie in die Brust, und ein Tropfen Blut landet in Ricks Auge.
Rick sprintete zu Rachel und schlang seine Arme um sie. Luke rannte herbei und warf sich auf Bertis, dessen Gesicht anschwoll. Er schien irgendeinen Anfall zu haben. Bertis zischte Luke und Rick seine letztenWorte zu – » Gott besitzt alles « –, während Luke brüllte: »Was zum Teufel ist hier denn los?«
Rachel musterte Bertis und meinte: »Erdnussallergie.«
» Was? Wie kannst du das wissen?«
»Die hatte sein Vater auch. Das hat er uns erzählt, als er hier war. Ich habe Erdnusskrümel über das Gewehr gestreut, nur für den Fall der Fälle.« Dann gaben ihre Beine nach, und Rick bettete sie mit Karens Hilfe vorsichtig auf den Boden. Luke schaute sich den Abzug des Karabiners an, der voller Erdnusskrümel war. »Mein Gott, was für eine verkorkste Welt«, sagte er.
Ricks Herz lag
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