Spieler Eins - Roman in 5 Stunden
und Sterne.
Träume tragen dazu bei, dass man sich mit der Zeitwahrnehmung, die zugleich Fluch und Geschenk ist, versöhnt. Ich frage mich, ob Menschen die einzigen Tiere sind, die zwischen Schlafen und Träumen unterscheiden. Hunde und Katzen werden wohl nicht viel Unterschiedzwischen Träumen und dem wahren Leben machen. Und die Menschen haben es wahrscheinlich bis vor ein paar Jahrhunderten auch nicht getan. Und sie haben auch nicht die Stimmen überanalysiert, die sie tagsüber in ihrem Kopf gehört haben – wahrscheinlich war ihnen nicht einmal klar, dass sie selbst diese Stimmen erzeugten. Höchstwahrscheinlich hielten sie die Stimme in ihrem Kopf für die des Königs oder ihres Gottes, die man mal reinbekam, mal nicht, wie so einen nächtlichen Radiosender, der von der Ionosphäre reflektiert wird und es dann erlaubt, ferne Ideen und Klänge zu hören.
Ich frage mich, ob mein DNS -Klumpen wohl schläft. Können Eizellen schlafen? Träumen oder schlafen Spermien? Eigentlich sind sie nur Halb-Geschöpfe – wie kann man da von Leben reden? Und wie sollten sie träumen können? Ich glaube, der Punkt, an dem sich Leben und Nicht-Leben trennen, ist sehr viel weniger deutlich auszumachen, als wir uns womöglich vorstellen.
Die einzigen anderen Geräusche, die mich, abgesehen von Naturlauten, in Daffy Ducks Loch erreichen, sind Gebete und Verwünschungen. Das sind die einzigen Geräusche, die stark genug sind dorthin zu gelangen, wo immer ich jetzt bin. Erzeugen Gebete elektrische Felder? Überbrücken sie auf diese Weise das Universum? Wer kann das schon wissen? Ich verstehe nicht mal, wie Handys mich mit einem Callcenter in Mumbai verbinden, aber sie tun es dennoch. Arme Menschheit, Beten und Fluchen, Beten und Fluchen. Was soll nur aus unserer Spezies werden?
Ein Teil von mir ist völlig unbesorgt. Wenn wir innerhalb von zehn Generationen aus Wölfen Dackel züchten konnten, was bringen wir dann in einer Milliarde Jahren fertig? Denkt mal nicht daran, was Gott in einer Milliarde Jahren fertigbringen würde. Menschen gibt es erst seit so kurzem. Auf jeden derzeit lebenden Menschen kommen neunzehn tote, die vor ihm gelebt haben. Das sind im Grunde nicht sehr viele, und vielleicht war unsere Zeit als Spezies auch nur sehrkurz veranschlagt. Luke hat recht: Die menschliche DNS ist wahrhaftig in so vieler Hinsicht eine Katastrophe. Ich habe ihn das sagen hören, kurz bevor ich hierherkam – ich bin zumindest halbwegs sicher, dass es Luke war. Er und Rick trugen beide ein Barkeeper-Outfit. Ja, ich weiß, ich wiederhole mich, aber können die Leute keine Namensschildchen tragen?
Was würde Gott zur Evolution sagen? Warum hat noch nie jemand genau diese Frage gestellt? Wahrscheinlich lacht Gott seit achtzehnhundertpaarundfünfzig herzlich, wenn er zusieht, wie sich die Menschen der Evolution wegen wüst in die Haare kriegen. Gott hat unsere DNS gemacht, also hat Gott uns gemacht. Egal wie, Gott hat uns so weit gebracht, bis an diesen Punkt. Oder es war die DNS ganz allein. Ob man nun zum Lager der Gläubigen oder der Ungläubigen gehört, es ist immer eine Win-Win-Situation.
Ich denke, mit dem Klonen wird der Spaß erst richtig losgehen. Stellt euch vor, ihr würdet im Jahr 2050 in einem Labor arbeiten und könntet während einer Kaffeepause einen Ur-ur-ur-Enkel entwerfen. Oder Erpresser, die eure Haarbürsten als Geiseln nehmen, nach dem Motto: »Gib uns dein Geld oder wir machen zehn Stück von dir und bringen sie dann alle um«, oder so ähnlich. Oder stellt euch Industriemagnaten vor, die ihr Testament neu schreiben und darin alles sich selbst hinterlassen, immer und immer wieder von vorne. Oder stellt euch vor, ihr kommt zur Welt und kriegt eine Gebrauchsanweisung für euch ausgehändigt, die eure vorherige Version für euch geschrieben hat – so was wie die Gebrauchsanweisung, die man für einen VW Jetta Baujahr 2011 bekommt. Stellt euch vor, wie viel Zeit wir dadurch sparen würden – verschwendete Zeit, verstiegene Träume. Vielleicht schaffen wir es so, uns nach vorn zu entwickeln: indem wir gezielt aus unserer derzeitigen scheußlichen Lage herausmutieren – denn mit Mutation allein wird es nicht getan sein. Die Menschen müssen die Sache beträchtlich beschleunigen, wenn sie auf diesem milchigblauen Felsbrocken überleben wollen. Dazu brauchenwir Technologie, und Gott sei Dank ist Technologie etwas, auf das unsere verrückte DNS unaufhaltsam hinarbeitet. Ich bin mir ziemlich sicher, dass intelligente
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