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Spiels noch einmal

Spiels noch einmal

Titel: Spiels noch einmal Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Esi Edugyan
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leid.«
    Ich schwieg eine Weile, bevor ich antwortete: »Du musst es eben wiedergutmachen, Chip.«
    »Ja, ich werde es wiedergutmachen.«
    Ich nickte. Und dann sagte ich mürrisch: »Mach das Fenster zu.« Irgendwie kam es mir unanständig vor, dass wir hier vorbeifuhren, ich weiß nicht warum.

    So waren wir also wieder zusammen unterwegs, Chip und ich. Ich werd nicht schlau aus dem Mann. Er hat eine Schwäche für mich, sogar noch nach siebzig Jahren. Ich bin nicht doof, nicht doofer als die meisten. Und man kann wirklich nicht behaupten, dass er besonders charmant und liebenswürdig wäre. Aber so wie es aussieht, sind wir nun einmal zu Freundschaft verdammt. Warum, weiß ich nicht. Am ehesten würde ich sagen, es ist eine Art Defekt. Bei mir ist in der Schulter was kaputt, die Rotatorenmanschette, weswegen ich das meiste mit dem rechten Arm mache. So ähnlich ist das. Als ob in meinem Kopf ein Schalter kaputt wäre und ich deswegen zu Chip nicht Nein sagen könnte.
    Wir fuhren langsam um einen Kreisverkehr und bogen in die lange leere Straße zum Flughafen ab, als Chip plötzlich die Augen öffnete und argwöhnisch die Stirn runzelte.
    »Wir sind am Flughafen«, sagte er.
    »Tatsächlich!«, sagte ich. »Deine Zweistärkenlinsen sind echt ihr Geld wert.«
    »Sid, was sollen wir hier?«
    »Na, was wohl? Wahrscheinlich wollen wir mit dem Schiff verreisen.« Ich schüttelte den Kopf.
    Aber er ging nicht darauf ein, sondern starrte nur stumm auf die wartenden Taxis und Busse und die automatischen Glastüren, an denen wir vorbeifuhren. »Ich dachte, wir fahren nach Polen, Mann«, sagte er und nach einer Weile: »Dir ist schon klar, dass dein Flugzeug nach Baltimore längst weg ist?«
    Ich bog auf den Parkplatz des Autovermieters ein und sah ihn streng an. »Weiß ich.«
    Er musterte mich nervös.
    »Hör mal, Chip, ich fahr doch nicht mit so einem Luxuskreuzer nach Polen. Wieso mietet ein Knirps wie du so eine Riesenkarre, frag ich mich. Was hast du dir dabei gedacht? Ich weiß nicht mal, ob es überhaupt erlaubt ist, mit einem Mietwagen über die Grenze zu fahren. Wenn du nach Polen willst, dann fliegen wir.«
    Ich kann gar nicht beschreiben, wie erleichtert er aussah.
    »Ich dachte schon, du kommst vielleicht doch nicht mit«, sagte Chip, als wir unser Gepäck abgaben, seine braune Kofferfamilie mit Monogramm und das ramponierte Ding mit meinen Sachen, die ich nie hatte auspacken können. Und später, als wir durch die Sicherheitsschleuse gingen, sagte er noch einmal: »Ich dachte echt, du haust ab, Mann.«
    »Es ist noch nicht zu spät dafür«, sagte ich.
    Er grinste. »Es ist nie zu spät, solange du lebst.«
    »Willst du den Spruch nicht drucken lassen? Du könntest dir einen Aufkleber für dein Auto machen lassen.«
    Chip schmunzelte. »Sid, Sid, Sid, schau dir das an: Du und ich wie in alten Zeiten. Hiero wird total von den Socken sein, wenn wir bei ihm aufkreuzen.«
    Ich hörte nur mit einem halben Ohr hin. Wir taperten langsam zum Flugsteig. »Er wird von den Socken sein, meinst du?«, fragte ich.
    »Klar, Mann. Wie eine Dicke, wenn sie den Kühlschrank aufmacht und er ist voll.«
    Und da kapierte ich plötzlich. Ich blieb stehen, schlug mir mit der Hand an die Stirn und blies die Backen auf. Ich starrte geradeaus durch den Gang, dann sah ich wieder Chip an.
    »Chip«, sagte ich.
    Immer noch lächelnd drehte er sich nach mir um. »Gehen wir, Mann. Was ist los?«
    »Hiero weiß , dass wir kommen, oder?«
    Mann, da verschwand mit einem Schlag das Grinsen aus seinem Gesicht. Er schaute mich an, und ich konnte zusehen, wie er versuchte, sich zu einer Entscheidung durchzuringen. Meine Nackenhärchen stellten sich auf.
    Dann räusperte er sich und wedelte beruhigend mit seinen großen Pratzen. »Klar weiß er es, ich meine, er weiß nicht genau, wann, aber er weiß, dass wir kommen.«
    »Er weiß nicht genau, wann ?«
    Chip blinzelte verwirrt.
    »Chip?«
    »Was soll das? Er hat uns schließlich eingeladen .«
    »Du willst mir doch nicht im Ernst erzählen, dass du es für
unnötig hältst, einem Menschen, den du besuchen kommen willst, vorher was davon zu sagen?«
    »Du hast ja recht, Mann«, sagte Chip sanft. »Aber wie schreibt man so was? Vielleicht: Lieber Hiero, wir möchten gern kommen und uns davon überzeugen, dass du kein Gespenst bist. Tut uns leid, dass dein Leben so enttäuschend verlaufen ist. Wir sind froh, dass du noch nicht tot bist. «
    »Wie wär’s damit: Hiero, wir kommen dich am zweiten

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