Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Spieltage

Spieltage

Titel: Spieltage Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ronald Reng
Vom Netzwerk:
sprengte Schwab dann Eisenfesseln um seine Brust.
    In den Ermittlungen wegen des Bundesligaskandals tauchte Schwab nicht auf. Das Spiel Bielefeld gegen Köln gilt in der Öffentlichkeit bis heute als unbefleckt. Bielefeld gewann überraschend 1:0.
    Manfred Manglitz sagt nicht, dass Spiel sei verkauft gewesen, er sagt: »Mein Pech war, dass wir noch gegen alle vier Abstiegskandidaten spielten«, Bielefeld, Essen, Oberhausen, Offenbach. »In allen vier Spielen bekam ich Angebote von verschiedenen Klubs.« Die einen Vereine boten Prämien, damit Manglitz mit Köln gegen ihren Abstiegskonkurrenten gewann. Andere Mittelsmänner offerierten Geld, damit Manglitz mit Köln verlor.
    Oder bestellte sich Manglitz die Prämien, wenn sie nicht an ihn herangetragen wurden?
    Vier Tage nach dem 0:1 in Bielefeld sollte der 1. FC Köln wieder Gott im Abstiegskampf spielen. Rot-Weiss Essen gastierte im Müngersdorfer Stadion. Manglitz telefonierte um neun Uhr morgens des Spieltags mit Offenbachs Präsident Horst-Gregorio Cañellas. Jemand habe ihn 25000 Mark geboten, damit er gegen Essen ein paar Dinger reinlasse, erklärte Manglitz, aber wenn ihm Offenbach dasselbe für einen Kölner Sieg zahle, werde er selbstverständlich anständig spielen.
    Schlau, was, dachte sich Manfred Manglitz, so konnte er sauber bleiben und trotzdem Geld verdienen.
    Cañellas hatte den Eindruck, dass Manglitz nicht nur für sich, sondern für mehrere Kölner Spieler spreche. Der Offenbacher Präsident hatte zu diesem Zeitpunkt noch keine Prämien oder Schmiergelder gezahlt, wohl aber war ihm zu Ohren gekommen, dass im Abstiegskampf mit Geld nachgeholfen wurde. Sein eigener Trainer, erzählte Cañellas, habe ihm berichtet: »Der Raymond Schwab hat uns angeboten, für 80000 Mark ein Spiel zu kaufen.« Rudi Gutendorf war der Offenbacher Trainer. »Boss«, habe Gutendorf zu ihm gesagt, »wir müssen Spiele kaufen, sonst sind wir draußen.«
    Cañellas lebte in einem Bungalow im Offenbacher Vorort Hausen, wo die Straßen nach Blumen benannt waren und die Hecken ordentlich geschnitten. Er führte in Offenbach einen Südfrüchtehandel. Die Herren vom DFB in Frankfurt kauften gerne bei ihm ein, Cañellas gab ihnen ordentlich Prozente auf Bananen und Ananas. Wer wusste, wofür es gut war, beim DFB Freunde zu haben. Aber Spiele kaufen? Gutendorfs Drängen hatte Cañellas noch zurückgewiesen. Aber was, wenn er Manglitz nicht bezahlte? Mit den zwei Punkten für einen Sieg in Köln würde Essen immer weiter von Offenbach wegziehen. Cañellas rief DFB-Generalsekretär Horst Schmidt an.
    Waren Siegprämien an Spieler anderer Vereine verboten, fragte Cañellas. Schmidt versprach, in den Statuten nachzusehen. Nicht viel später rief er zurück.
    Solche Prämien seien, von einem rein ethischen Standpunkt aus betrachtet, selbstredend nicht besonders sportlich, sagte Schmidt. Aber illegal seien sie nicht.
    Köln bezwang Rot-Weiss Essen nach mühsamem Kampf 3:2. Am nächsten Tag erschien der Offenbacher Geschäftsführer Willi Konrad vor dem Friseursalon Schmitz in der Aachener Straße 609, weit draußen in Köln, fast schon in Junkersdorf. Er übergab der Braut von Manfred Manglitz, die sich gerade die Haare hatte richten lassen, ein Kuvert mit 25000 Mark. Dann bräuchte er bitte noch eine Quittung, sagte Konrad.
    Das war aber nicht abgemacht, schimpfte Manfred Manglitz’ Braut und unterschrieb trotzdem.
    Was Manfred Manglitz überraschte, war: Bielefeld, Oberhausen und Offenbach schienen stets von den Bestechungsplänen der anderen zu wissen.
    Wie in der stillen Post wurde in der Bundesliga über die Schmiergelder getratscht, wenige wussten, was tatsächlich geschah, aber etliche redeten untereinander darüber. Es wurden sogar Witze darüber gemacht. »Wenn du heute ein bisschen langsamer läufst, kannst du dir fünf Mille verdienen«, sagte Eintracht Frankfurts Nationalspieler Jürgen Grabowski vor dem Anpfiff zu seinem Offenbacher Gegenspieler Walter Bechtold.
    In der Angst vor dem Abstieg hatten sich die Betroffenen derart verrannt, dass sie den Wahn ihres Handelns gar nicht mehr erkannten. Siege und Niederlagen zu kaufen erschien, nachdem man erst einmal damit angefangen hatte, schnell völlig normal.
    In Bielefeld hatte Arminia-Präsident Wilhelm Stute den Vorstand im Frühling 1971 zu einer Notsitzung zusammengerufen. Wer in Bielefeld Goethe oder Böll lesen wollte, ging zu Stute. Seine Buchhandlung Gehner & Stute in der Altstadt galt als Treffpunkt literarischer

Weitere Kostenlose Bücher