Spieltage
’nen Eierkopp«, sangen sie. In Schalke standen die Fans so dicht hinter dem Tor, dass sie dem Torwart mit einem Regenschirm die Beine wegziehen konnten, die Schalker Glückauf-Kampfbahn war neben dem Stadion an der Grünwalder Straße in München die einzige Bundesligaarena, in denen die Spieler durch Zäune vor den Fans geschützt werden mussten. Moment, sagte Manglitz zu dem Assistenztrainer, der ihn aufwärmte, drehte sich um und begann, mit dem Zeigefinger in der Luft die Schmähgesänge der Schalker Fans zu dirigieren. Nach drei Wiederholungen gingen die Rufe »Hopp, hopp, hopp, der Manglitz hat ’nen Eierkopp« in Gelächter über. Während des Spiels applaudierten die Schalker Fans Manglitz bei gelungenen Aktionen.
So arbeitete er mit den Leuten, mit den Journalisten genauso, wenn sie eine Story brauchten, gab ihnen Manfred Manglitz eine; sie brauchte auch nicht immer zu stimmen, daran nahm doch keiner einen Schaden. Seine herzhafte Art brachte ihm viele Vorteile, fand Manfred Manglitz.
Am Trainingsplatz des 1. FC Köln in Müngersdorf, am Freitag vor dem drittletzten Spieltag, erklärte ihm der Friseur, der Erich sei abgesprungen. Aber warum versuchten sie nicht, das Spiel einfach an Oberhausen zu verkaufen?
Auch das biegen wir hin, antwortete Manglitz, bleibt nur mal fleißig dran an dem Dingens.
Der Friseur und Friesdorf fuhren nach Oberhausen, wo man ihnen sagte, Herr Maaßen sei schon mit der Mannschaft in Köln, im Hotel Jungbluth. Sie kehrten wieder um.
Im Hotelgarten spielte die Mannschaft von Rot-Weiß Oberhausen Skat. Herr Maaßen sei nicht da, sagte Trainer Günter Brocker, aber er rufe sicher noch an. In dem Moment wurde Brocker in die Rezeption ans Hoteltelefon gebeten.
Nach einigen Minuten reichte Brocker den Hörer an den Friseur weiter.
Guten Abend, Herr Maaßen, sagte der Friseur. Ich hätte Sie gerne getroffen. Ich könnte etwas für Sie beim Spiel gegen Köln tun.
Kommen Sie bitte umgehend in die Gaststätte Fritz am Altmarkt in Oberhausen, antwortete Maaßen.
Am nächsten Tag verlor der 1. FC Köln sein Heimspiel gegen den Tabellenletzten Rot-Weiß Oberhausen mit 2:4 Toren. »Eine äußerst schwache Leistung lieferte auch Manglitz«, schrieb der Kicker. »Er stand beim zweiten und vierten Oberhausener Treffer falsch, und auch sonst unterliefen ihm einige Fehler, die man früher nicht von ihm gewohnt war.«
Oberhausens Assistenztrainer Alfred Preißler saß nicht wie üblich auf der Ersatzbank, sondern nahm neben dem Kölner Prominentencoiffeur Wolfgang Schmitz auf der Tribüne Platz. Nach dem Schlusspfiff überließ Preißler dem Friseur eine zusammengefaltete Zeitung.
Frankfurts Trainer Erich Ribbeck tobte, als er von dem Ergebnis aus Köln erfuhr. Selbst vor den Sportjournalisten hielt sich Ribbeck nicht zurück. »Da plagt man sich ab, holt Woche für Woche das Letzte aus der Mannschaft heraus und muss zusehen, wie anderen die Auswärtssiege nur so in den Schoß fallen. Mir kann keiner erzählen, dass in Köln alles mit rechten Dingen zugegangen ist.«
Die Sportjournalisten schlossen daraus, dass der Abstiegskampf Ribbeck ganz schön an die Nerven gehe.
»Na, wie habe ich das gemacht!«, rief der Friseur abends, als er sich mit Friesdorf im Herrenclub Derby in Köln traf. Er griff in seine Brieftasche und gab Friesdorf 1000 Mark.
»Nur 1000?«, fragte Friesdorf entrüstet.
Ja, der Maaßen hätte ihnen nur 25000 statt der verabredeten 30000 gegeben, behauptete der Friseur. Die 1000 für Friesdorf hätte er dem Langen noch von dessen Gage über 21200 DM abziehen müssen, damit alle zufriedengestellt wurden. Aber Friesdorf solle sich nicht grämen. Am nächsten Samstag spiele Oberhausen gegen Werder Bremen. Der Sieg sei auch schon gekauft.
»Ein Drama wie nie zuvor«, kündigte der Kicker auf seinem Titel vor dem letzten Spieltag der Bundesligasaison 1970/71 an. Rot-Weiss Essen stand als erster Absteiger fest. Einen weiteren Klub würde es erwischen. Vier Mannschaften mussten noch bangen, Eintracht Frankfurt, Kickers Offenbach, Arminia Bielefeld sowie Rot-Weiß Oberhausen, das überraschend die jüngsten drei Spiele allesamt gewonnen hatte, zuletzt 3:0 gegen Werder Bremen.
Horst-Gregorio Cañellas plagte eine hartnäckige Angina. Die Stimme des Offenbacher Präsidenten war nur noch ein Krächzen, als es am Pfingstmontag, fünf Tage vor dem letzten Spiel, zu einem Telefonat mit Manfred Manglitz kam. Am Samstag würde Köln gegen Kickers Offenbach spielen. Cañellas sagte
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