Spieltage
über den Kopf und drückte sie am Hals zu. Busfahrer Müller lachte sich tot.
Den Gedanken sprach niemand aus, den Gedanken fühlte nur jeder auf seine Weise, Doris und Heinz Höher genauso wie Heinz Formann und Ottokar Wüst oder die zwei Christas: Bochum in den Siebzigern, das war die große Zeit.
Montagmorgens, wenn trainingsfrei war, ging Heinz Höher mit seinem besten Freund in einem der feineren Gasthäuser Bochums wie dem Lottental zwei Whisky trinken. Er besprach mit Heinz Formann die Aktualität des VfL.
Er reiste auch gemeinsam mit dem WAZ- Sportchef in den Urlaub nach Gran Canaria. Formann hat mich so bedrängt, er ließ mir keine Wahl, sagte Heinz Höher. Höher sei aber auch anstrengend, sagte Heinz Formann. Als müssten sie eine Freundschaft zwischen Trainer und Journalist irgendwie kleinreden.
Nach so einem Spiel machen wir aber mal eine besondere Flasche auf, sagte Heinz Formann, nachdem sie gemeinsam das DFB-Pokalfinale 1973 in Düsseldorf besucht hatten, Köln gegen Mönchengladbach, ein prächtiges Duell mit einer irrwitzigen Dramaturgie. Mönchengladbachs Trainer Hennes Weisweiler hatte Günter Netzer auf der Ersatzbank schmoren lassen, weil er sich so sehr über Netzers anstehenden Wechsel zu Real Madrid ärgerte; wusste Netzer nicht, dass er zur Borussia gehörte wie die Fans, dass ein emblematischer Spieler nie wegging? Und dann machte sich Netzer zur Verlängerung einfach selbst bereit zur Einwechslung, überrumpelte Weisweiler, der nicht zurückkonnte, weil das ganze Stadion schon Netzer am Spielfeldrand sah. Mit der zweiten Ballberührung schoss Netzer das Siegtor zum 2:1. Heute darfst du mal einen Chivas Regal kosten, sagte Heinz Formann zu Hause in der Hugo-Schultz-Straße zu Heinz Höher, die Frauen und die Kinder der Höhers waren auch dazugekommen. Die Kinder legten sich einfach zum Schlafen in das Bett der Formanns, wenn sie müde wurden.
Im Wohnzimmer brannte das Licht bis spät in den Abend hinein.
Der Netzer wird sich auch in Spanien durchsetzen, der hat Chuzpe.
Die Spanier wollen am liebsten auf einen Schlag alle Bundesligastars kaufen, jetzt, wo Franco das Ausländerverbot aufgehoben hat. Fünf Millionen für fünf Jahre hat Barcelona Gerd Müller geboten.
Es wird aber außer Netzer keiner gehen. Leute wie Müller oder Beckenbauer bleiben bei Bayern, die wissen, wo sie hingehören. Und warum sollten sie weggehen? Die Bundesliga ist die stärkste Liga der Welt.
Das ist ein Whisky, was?
Der ist wie Rauschgift.
Die Flasche kostet über 200 Mark. Komm, nimm noch einen.
Als Heinz Höher sagte, er gehe kurz zur Toilette, und nicht wiederkam, dachte Heinz Formann, sein Freund habe sich ins Bett gelegt.
Das machte Heinz Höher gerne. Er sagte gegen elf, auf seinen eigenen Hausbällen oder auch bei den Formanns zu Hause, er gehe mal kurz ins Bad, und legte sich einfach schlafen, dann eben auch in das Ehebett der Formanns, bis ihn seine Frau weckte und zum Aufbruch mahnte. Heinz Formann gefiel es. So endeten die Nächte mit Heinz Höher immer früh, er kam am nächsten Morgen gut aus dem Bett.
Nach ein paar Minuten klopfte es an der Balkontür. Draußen stand Heinz Höher.
Er war aus dem Badfenster gefallen oder gesprungen, er erinnerte sich nicht mehr.
Er konnte den Kopf kaum drehen. Er musste sich den Nacken gestaucht haben, als er auf dem Balkonboden aufschlug, hoffentlich hatte er sich keinen Halswirbel gebrochen. Egal, jetzt tranken sie erst einmal ein Glas von diesem Teufelswhisky darauf.
Für einen Trainer führte Heinz Höher ein vorbildliches Leben. Er ging im Park Schachspielen, er ging laufen, er trank mit Freunden auch mal einen über den Durst. Er tat alles, um vom Stress des Trainerseins abzuschalten. Von den Schlaftabletten erzählte er niemandem. Und außerdem, Tabletten waren dazu da, genommen zu werden, das Leben der Menschen zu erleichtern.
Heinz Höher war in Mode. Wie jeder junge Trainer mit Erfolg stand er für viele Medien und Vereinsvorstände unreflektiert für eine neue Zeit, für neue Methoden. Die Zeiten der Feldherren unter den Trainern seien vorbei, erklärte Otto Rehhagel, ein anderer junger Bundesligatrainer: Die neue Trainergeneration arbeite mit mehr Sachverstand und Einfühlungsvermögen. Dasselbe hatten die neuen Trainer in den Fünfzigern und die jungen Trainer in den Sechzigern erklärt.
Heinz Höher, das Gesicht einer neuen Trainergeneration, wurde jeden Frühling wieder von Vereinen wie Eintracht Frankfurt, Borussia Dortmund oder
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