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Spielwiese: Peter Nachtigalls siebter Fall

Spielwiese: Peter Nachtigalls siebter Fall

Titel: Spielwiese: Peter Nachtigalls siebter Fall Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Franziska Steinhauer
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Gerichtsmediziners bis unter die Haube, die er im Grunde wegen der Glatze gar nicht tragen musste.
    »Das kann man so eigentlich nicht sagen. Du weißt schon eine ganze Menge. Es ergibt nur noch kein Bild.«
    »Ach ja?« Mangold klang höhnisch und arrogant. Nachtigall warf dem Dresdner Kollegen einen bösen Blick zu, enthielt sich aber eines Kommentars. Das konnte er auch später noch erledigen, ohne Zeugen.
    »Aber ja. Der Täter ist zwischen 1,70 und 1,75 Meter groß, kräftig. Er weiß genau, wo er den Stich platzieren muss, also verfügt er vielleicht über gute anatomische Kenntnisse. Offensichtlich kannte er alle seine Opfer, sie waren bereit, ihm zu folgen oder ihn in die Praxis mitzunehmen. Demzufolge löst er wohl weder Angst noch Besorgnis aus. Und alle Angriffe kamen für die Opfer überraschend«, begann der Rechtsmediziner mit der Aufzählung. »Der Täter ist jemand, dem man eine solche Tat nicht zutraut. In seinem sozialen Alltag agiert er wahrscheinlich völlig unauffällig. Er ist der freundliche und hilfsbereite Nachbar, Kollege, Freund. Für Roland Kaiser kann ich es natürlich nicht mit Gewissheit sagen, aber ich wette, auch er wurde von der Attacke völlig überrumpelt.«
    »Immerhin kämpft er mit offenem Visier«, stellte Mangold fest. »Er greift direkt von vorn an.«
    »Das ist zumindest ungewöhnlich«, bestätigte Dr. Pankratz und schenkte seine Aufmerksamkeit wieder dem Körper des getöteten Heilpraktikers.
    »Es ist der Beleg dafür, dass er ein emotionales Motiv hat. Der Räuber würde wohl eher im Verborgenen auf seine Chance warten und das Messer in den Rücken seines Opfers stoßen. Dieser Täter jedoch möchte, dass sein Gesicht das Letzte ist, was der Sterbende zu sehen bekommt. Ich bin davon überzeugt, dass sie alle wussten, warum sie nun mit dem Tod bestraft würden.« Nachtigall warf einen raschen prüfenden Blick auf die vorbereiteten Instrumente der Gerichtsmediziner und fragte sich, warum er nicht Michael geschickt hatte, dem die Prozedur der Obduktion nicht abstoßend, sondern interessant erschien.
    »Meinst du, der Mörder hat unmittelbar vor dem Angriff noch ›Für Inge!‹ geschrien?«, amüsierte sich Mangold über Nachtigalls Vision vom Tathergang. »Ziemlich theatralisch, findest du nicht auch?«
    »Bleibt die Tatsache, dass durch den Mord an Wladimir Kowalski die Verbindung nach Potsdam abgerissen ist«, seufzte Nachtigall.
    »Nun denn«, verkündete Dr. Pankratz, griff nach der Lampe und richtete deren Fokus neu aus. »Die äußere Inspektion der Leiche ergab einige oberflächliche Kratzwunden. Ein Zusammenhang mit der Tat ist ausgeschlossen, zum Teil sind sie schon gut verschorft.« Er sah kurz auf. »Ich tippe dabei auf Wunden beim Zurückschneiden einer Gartenhecke.« Er wies auf die Einstichwunde. »Frontal, links thorakal findet sich die Eintrittswunde einer Stichwaffe. Wundränder ausgefranst, ein Klinge mit Wellenschliff. Tatwaffe entspricht wahrscheinlich der, die bei den vorausgegangenen Opfern verwendet wurde.« Der Rechtsmediziner suchte in der Akte nach den Kürzeln für die vorigen Opfer.
    Plötzlich konnte Peter Nachtigall das Gefühl nicht mehr abschütteln, Komparse in einem surrealen Geschehen zu sein. Alles schien ihm unwirklich, fremdgesteuert.
    Dr. Pankratz, der sich wie ein hungriges Insekt über den toten Körper beugte, um den Stichkanal zu präparieren, der zweite Rechtsmediziner, der ihm dabei interessiert über die Schulter schaute, Mangold, der selbstgefällig vor sich hin murmelte.
    Wir tun genau das, was er will, dachte er missmutig, bewegen uns wie an Marionettenfäden. Unsere Schlussfolgerungen hat er schon für uns gedacht, wir sind Teil einer großen Inszenierung. Unbändige Wut wallte in ihm auf. Es musste doch möglich sein, diesem Puppenspieler das Spielkreuz aus der Hand zu schlagen!

29
    Michael Wiener parkte den Wagen vor Patricia Klevers Haus. Gleichgültig wanderten seine Augen über die hässlich-graue Fassade des Plattenbaus. Hier war nicht einmal der Versuch unternommen worden, den Beton zu verbergen oder wenigstens aufzuhübschen. Wiener schüttelte sich.
    Ein flüchtiger Blick in die Runde offenbarte einen unübersehbaren Wohnungsleerstand.
    »Vielleicht wird ja hier freigezogen«, murmelte der junge Kommissar vor sich hin. »Ich würde es den Mietern gönnen, bald in schön renovierte Wohnungen zurückkehren zu können. Oder werden die Blocks auch abgerissen?« Auf sein drittes Klingeln öffnete noch immer

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