Spielwiese: Peter Nachtigalls siebter Fall
Tage?«, fragte Mangold merklich kleinlauter.
»Wenn man es beschleunigen wollte, brach man den Gekreuzigten die Beine«, erklärte Nachtigall und zog die Schultern hoch. »Aber das ist es ja nicht, was unser Mörder vorhat. Sie sollen nicht leiden. Die Kreuzigungsszene ist nur für die Nachwelt.«
»Verrat wäre als Motiv denkbar. Diese Drogengeschichte. Was, wenn noch mehr in die Sache verstrickt waren?«
»Wir wissen bisher nur von Keiser und Schaber.«
»Und der Zulieferer? Außerdem können wir, nur weil wir es nicht wissen, auf keinen Fall einfach weitere Betroffene ausschließen!«, murrte Mangold und feixte dann: »Für Ehebruch wurde man gesteinigt. Ein sexuelles Motiv können wir also streichen.«
»Vielleicht. Aber gilt das nicht nur für Frauen?«, gab Nachtigall nachdenklich zurück. »Was aber, wenn er die Kreuzigung wählt, weil eine Steinigung schlechter darzustellen ist?«
Sie drehten sich im Kreis.
Schweigend trabten sie nebeneinander her zum Auto.
»Bist du dir da sicher – mit der Steuerhinterziehung? Dafür wurde man auch ans Kreuz geschlagen?« Das Thema schien Mangold keine Ruhe zu lassen.
Als sie das Büro erreicht hatten, tippte Michael Wiener eifrig auf seiner Tastatur.
»Ich glaub, ich hab den Name’ vo’ unsere’ unbekannte’ Tote’ ausfindig g’macht«, begrüßte er die Kollegen. »Ich such’ nur noch nach der Abgängigkeitsanzeige. Es war nämlich so …«, und schon sprudelte die ganze Geschichte aus ihm heraus.
»Also wieder eine Verbindung nach Potsdam.« Damit trat Nachtigall an das Flipchart und zeichnete in die Mitte des Papiers ein Haus. »Das ist das Internat. Roland Keiser und Johannes Schaber haben eine Verbindung zu dieser Schule. Natürlich auch ihre Freundinnen, locker bekannt oder mehr: Manuela Winter, Patricia Klever …« Er schrieb die Namen an den Rand und zog dicke Pfeile in Richtung Internat. »Wir wissen, dass es Beziehungen zwischen Roland Keiser und Johannes Schaber gab. Manuela Winter hatte eine lockere zu Keiser und keine zu Schaber. Patricia Klever war nach Aussage Ronny Zobels mit Keiser intim befreundet – aber auch mit Schaber? Und angenommen, die Tote aus dem Wald ist tatsächlich Patricia Klever – was hat das dann zu bedeuten?«
»Vielleicht ging es um ein Geheimnis«, mutmaßte Wiener. »Alle wussten darüber Bescheid, einer trug den Schaden davon. Und der rächt sich jetzt.«
»Hat Helmut Hallow in der Zusammenstellung erwähnt, es sei im relevanten Zeitraum gegen jemanden ein disziplinarisches Strafverfahren eingeleitet worden? Musste jemand die Schule gar verlassen oder wurde inhaftiert?«, fasste Nachtigall nach.
»Nei – ein«, räumte Wiener widerstrebend ein. Verschwörungstheorien lösten bei ihm immer einen besonderen Kitzel aus und er beschloss, noch einmal gründlich bei Hallow nachzufragen.
Mangolds Handy vibrierte auf dem Tisch.
Hastig griff er danach, entschuldigte sich und lief eilig auf den Flur hinaus.
»Peter, weißt du, dass dein Freund ein Alkoholproblem hat?«, flüsterte Michael Wiener aufgeregt, kaum dass sich die Tür geschlossen hatte. »Man kann es riechen!«
»Ja. Und ich habe schon mit ihm darüber gesprochen. Wir werden diesen Fall abschließen und danach macht er eine Therapie.«
»Hast du das schriftlich?«
»Michael!«
»Ich kenne solche Typen. In dem Moment, in dem sie dir das Versprechen geben, meinen sie es noch ernst. Dann drehen sie um und haben es vergessen. Und was ist mit dem Unfall? War er da auch betrunken?«
»Die Analyseergebnisse stehen noch aus. Er sagt nein.«
Wiener schwieg verstockt.
»Wir dürfen nicht vorschnell urteilen. Es gibt sicher eine Untersuchung des Vorfalls.«
Nachtigall atmete tief durch und nahm den Faden der Ermittlungen wieder auf. »Wladimir Kowalski war nicht in Potsdam. Wir wissen nichts über eventuelle Beziehungen zu Personen von Hallows Liste oder zu den anderen Opfern. Oder bist du doch auf irgendeine Verbindung gestoßen?«
»Nein, bisher nicht. Aber auf der anderen Seite war er eben nicht nur Heilpraktiker. Er hat die unterschiedlichsten Massagetechniken angeboten, manuelle Therapie, Wärmebehandlung.«
»Du vermutest in dem Bereich eine Verbindung zum Sport. Ist das nicht ein bisschen weit hergeholt?«
»Nein, eigentlich nicht.« Wiener zuckte mit den Schultern. »Wenn wir davon ausgehen, der rote Faden in diesem Fall sei der Sport, liegt unser Ansatzpunkt hier.«
»Dienstleistung bei Verletzung?« Nachtigall überdachte diesen
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