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Spielwiese: Peter Nachtigalls siebter Fall

Spielwiese: Peter Nachtigalls siebter Fall

Titel: Spielwiese: Peter Nachtigalls siebter Fall Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Franziska Steinhauer
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vielleicht hast du die Liste schon«, meinte Wiener hoffnungsvoll. »Wir stochern im Trüben.«
    Peter Nachtigall tippte sein Passwort ein.
    Während er darauf wartete, dass sein Computer die Site zum Einloggen ins Mailprogramm aufbaute, überlegte er weiter. »Der Täter hat alle drei Opfer aus nächster Nähe erstochen. Die Klinge ist tief eingedrungen und direkt ins Herz gerammt worden. Das bedeutet, dass aus Sicht der Opfer zunächst vom Täter keine Gefahr ausging.«
    »Sie kannten sich.«
    »Wäre denkbar. Es gibt keine Abwehrspuren – gut, bei Keiser können wir das natürlich nicht mit Sicherheit behaupten – aber bei einem so stattlichen Mann wie Schaber ist es zumindest überraschend. Sie wurden durch den Angriff überrumpelt.«
    »Wenn ich nach so langer Zeit jemanden von damals treffe, vertraue ich dem blind?« Wiener war skeptisch. »Man hat sich aus den Augen verloren, weiß doch gar nichts über das Leben des anderen.«
    »Du meinst, der Freund von damals könnte sich zum Serientäter entwickelt haben? Logischerweise wäre Misstrauen angebracht. Aber denkst du in solch einer Situation über so etwas nach? Du wirst angesprochen, unerwartet. ›Du bist doch der Johannes, nicht wahr? Ach, weißt du noch? Wollen wir nicht zusammen ein paar Schritte spazieren gehen?‹ Ich glaube, nur den wenigsten ist in so einem Augenblick bewusst, dass der andere ihnen in Wahrheit völlig fremd ist.«
    »Das meiste hat man sowieso vergessen. Wenn er überraschend das Messer zieht, fällt dir ein, dass der Typ schon damals sadistisch veranlagt war. Mann!«
    Für mehrere Atemzüge war es vollkommen ruhig im Raum.
    Nur die Lebensgeräusche des Computers störten die Ruhe.
    »Wenn er wenigstens ein besonderes Messer verwendet hätte«, setzte Wiener plötzlich enttäuscht hinzu. »Aber nein, er nimmt ein ganz normales Küchenmesser!«
    »Hier ist eine Mail von Hajo. Der Dresdner Rechtsmediziner hat in der Stichwunde Erdanhaftungen gefunden«, las Nachtigall erstaunt vor.
    »Erdanhaftungen?«
    »Ja. Ganz ordinäre Gartenerde, steht hier.«
    »Du meinst …?«
    »Wenn es dasselbe Messer wäre – bei allen drei Taten –, hatte er es dann nach dem ersten Mord in seinem Garten gelagert, um es später bei den anderen Morden, die er damals schon geplant hatte, erneut zu verwenden? Vielleicht hat es irgendeine rituelle Bedeutung für ihn. Nach der ersten Tat hat er sowohl die Leiche als auch die Tatwaffe gut aufgehoben.«
    »Und nun hat er beides wieder hervorgeholt!« Wiener schüttelte sich.
    »Und er legt keine Bestrebungen an den Tag, unentdeckt zu bleiben. Entweder, weil er weiß, dass wir die Verbindung zu ihm nicht finden können oder weil er eben einfach so lange morden wird, wie es ihm möglich ist. Die anderen geplanten Opfer hätten in diesem Fall einfach Glück. Aber er rechnet, glaube ich wenigstens, mit unserer Inkompetenz.«
    »Er geht davon aus, dass er alle Zeit haben wird, die er braucht.«
    »Wäre Keiser in der Truhe geblieben, niemand hätte je einen Mordfall hinter seinem Verschwinden vermutet. Der Fall war abgeschlossen – also musste er uns mit der Nase darauf stoßen!«
    »Mir wird ganz übel bei dem Gedanken, dass irgendein Spinner nur wegen der Aufmerksamkeit, die so ein Event wie die WM eben mit sich bringt, aus seinem Loch gekrochen ist.«
    »Auch kranke Täter präsentieren gern ein Motiv.« Nachtigall sah auf seine Uhr. »Schon so spät. Such mal im Internet nach weiteren Argumenten gegen Frauenfußball, irgendwelche Skandale rund um die Mannschaften oder einzelne Spielerinnen. Ich muss los. Dr. Pankratz wartet nur ungern.«
    Michael Wiener nickte enttäuscht.
    So viel hatte sich seit Albrecht Skorubskis Krankschreibung für ihn nicht geändert.
    Innendienst. Schreibtischwache.
    Nicht einmal bei ›seiner‹ Leiche durfte er an der Obduktion teilnehmen.
     
    Dr. Pankratz lauerte ungeduldig hinter dem Fenster.
    Belustigt beobachtete er, wie der Hauptkommissar über das Klinikgelände näherkam. Langsam war nicht das passende Wort für diese Art Fortbewegung, grübelte der Rechtsmediziner, es sah eher so aus, als mache er nach jedem Vorwärtsschritt drei in die Gegenrichtung. Der medizinische Teil der Mordermittlungen lag dem Ermittler ganz offensichtlich nicht – er jagte lieber ohne Skalpell nach Motiven und Indizien.
    Thorsten Pankratz wandte sich wieder dem Opfer zu, das auf einem Edelstahltisch wartete. Die Sonne schien durch eines der Fenster und in ihrem Licht blitzten und funkelten

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