Spielwiese: Peter Nachtigalls siebter Fall
er nicht versuchen würde, bei ihr zu landen, würde das Teamwork schon klappen.
»Wie ich es auch drehe und wende«, unterbrach Mangold ihre Überlegungen, »bleibt es dabei: Cottbus ist der Dreh- und Angelpunkt dieser ganzen vertrackten Geschichte. Ob es nun mit der WM zu tun hat oder nicht.«
Eine Frau!, fluchte seine innere Stimme, nun passte ja gar nichts mehr zusammen. Gern hätte sie hart und schnell in Mangolds Oberschenkel geboxt. Doch eine innere Stimme hat keine Faust. Blieb nur dem Magen, sich ein wenig mehr zu verkrampfen.
»Wir stehen wieder ganz am Anfang.«
Michael Wiener beobachtete, wie Marnie ihre kalten Finger an die Kaffeetasse presste.
Sie gab sich sehr gefasst, hatte aber darauf bestanden, ihn ins Büro zu begleiten. Allein nach Hause zu fahren, war ihr zu unheimlich gewesen. Verständlich, dachte der junge Ermittler nachsichtig, für Marnie war es die erste Leiche – und dann gleich Hardcore. Nicht ›nur‹ ermordet, sondern durch Verwesung grotesk entstellt, Fliegen, Maden und Käfer … na ja. Sie würde es überwinden. Er kannte sie gut genug um zu wissen, dass sie keinen Wert darauf legte, dieses Erlebnis in absehbarer Zeit zu wiederholen. Immerhin hatte sie nun einen Eindruck davon, was ihn manchmal bis in seine Träume beschäftigte. Aufmunternd streichelte er leicht über ihren Oberarm und drückte flüchtig seine weichen Lippen an ihre Schläfe.
»Ich bleibe hier und warte auf dich«, flüsterte sie und kostete von dem heißen Getränk.
»Was haben wir?«, fragte Nachtigall wie üblich zu Beginn der Auswertung.
»Opfer weiblich, Ende 30 bis Anfang 40. Dr. Pankratz lässt sich bei der Schätzung von äußerlichen Erscheinungen nicht beirren. Er war ganz sicher«, gab Wiener bereitwillig Auskunft.
»Gibt es eine passende Vermisstenanzeige?«
»Nein. Ich hab’ das gleich gegengecheckt. Bisher nichts, zumindest nicht bei uns.«
»Wenn wir die Namen haben, wird sich die eine oder andere Querverbindung schnell erweisen. Am Ende hat die Mordserie mit der WM nichts zu tun – ist nur das schreckliche Ergebnis eines Eifersuchtsdramas«, meinte Nachtigall betrübt. »Da werden Männer wie Frauen zu Tätern. Eine unerfüllte Jugendliebe.«
»Aber warum sollte unser Mörder damit so lange warten?«
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»Ich hab’ gestern noch mit Marnies Freundin g’sproche’, dieser Fußballerin. Die meint auch, die WM als Zielscheibe scheide aus. Aber als Projektionsfläche wär’ sie natürlich scho’ gut geeignet«, erklärte Wiener gleich am nächsten Morgen. »Oder das eine hat mit dem anderen gar nichts zu tun.«
»Das hatten wir ja auch schon ins Kalkül gezogen: Jemand möchte sein Thema in das Bewusstsein möglichst vieler Menschen transportieren. Nun müssen wir nur noch herausfinden, was das sein kann.«
»Doping. Wer weiß von welchem Sportler, dass er gedopt hat oder noch dopt?«
»Das würde in unserem Fall heißen: Gibt es Hinweise darauf, dass im professionellen Fußball leistungssteigernde Mittel eingesetzt werden? Auch bei Frauen?«
»Ich habe schon mal im Internet recherchiert. Es gibt ein paar Sites, die sich mit dem Thema Doping im Fußball beschäftigen. Aber die Ärzte, die dort zu Wort kommen, halten sich bedeckt, wenngleich sie behaupten, der Fußball gebe sich nur sauber, sei es aber nicht. Auf einer Seite war von Kokain die Rede, wenig konkret. Fast, als würde sich keiner trauen.«
»Fußballmafia?«
Wiener zuckte kurz zusammen und räumte ein: »Vor ein paar Jahren hätte ich an der Stell’ jetzt laut protestiert. Aber nach all den Enthüllungen bleibt mir der Widerspruch wirklich im Hals stecke’. Da wird so ein Haufen Geld verdient. Ich mag da nix mehr ausschließe’!«
»Damit wären wir beim zweiten Thema. Wettskandal. Wettschulden. Wettverluste. Hat jemand durch die drei Opfer Geld in nennenswerter Höhe verloren? Vielleicht seine ganze Existenz verwettet und lebt heute von Hartz IV?«, suchte Nachtigall Motive.
»Dazu müssen wir rauskriegen, wer das weibliche Opfer ist. Wir brauchen einen Namen. Schließlich können wir nur Beziehungen aufdecken, wenn wir wissen, wie die Beteiligten heißen. Zwischen Keiser und Schaber haben wir zunächst auch keine Verbindung feststellen können.«
»Rache. Vielleicht braucht der Täter keine aktuellen Kontakte. Es hat etwas mit einer Schuld von vor 20 Jahren zu tun. Damals hat jemand Haus, Hof und Familie verloren – ein Dritter rächt sich jetzt dafür.«
»Guck mal in deine Mailbox –
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