Spielzeugsoldaten
nur Glück, dass das Gelände so unzugänglich war, dass auch die Armee von Omina Schwierigkeiten hatte durchzukommen und vor allem auf schweres Gerät verzichten musste, so dass sie an den schwer besetzen Posten der Patrona nicht vorbeikamen.
„Nun“ , er atmete sichtlich schwerer, „wir haben entdeckt, dass in den Tempelruinen östlich von hier ein Tunnelsystem existiert. D as müsste überprüft werden, da wir nicht wissen , ob es eine Gefahr für unsere Stellungen dort darstellt. Des Weiteren haben wir den Kontakt zu einigen Einheiten in genau dieser Ri chtung verloren. A uch ihre Standorte müssten überprüft werden. Aber... ähm... das... in der Besprechung werden S ie näheres erfahren.“
Er schien erleichtert zu sein, als Raku ihn mit dieser Antwort davonkommen ließ. Sie hatte nicht besonders viel Interesse daran sich jetz t auf Diskussionen einzulassen und ließ sich mit dieser Antwort abspeisen.
„Oberst, ich habe noch ein Anliegen.“
Es musste sein, sie wusste es. Es gefiel ihr nicht, dass sie um etwas bitten musste. Es brachte sie in eine denkbar ungünstige Situation was weitere Auseinandersetzungen anging. Aber Sicherheit ging vor Stolz, das musste sogar sie zugeben.
„Was kann ich für S ie tun, Major?“
Die Erleichterung stand Oberst Seter ins Gesicht geschrieben. Eine Bitte von Major Avis hatte ausschließlich Vorteile für ihn.
„Die Regierung hat meiner Einheit einen Journalisten zugeteilt, wie sie vielleicht schon erfahren haben. Ich möchte, dass für die Zeit unseres Aufenthaltes hier in der Stadt eine Wache für den Journalisten abgestellt wird.“
Er lächelte höflich.
„Da s ist ungewöhnlich, Major. Aber ich werde selbstverständlich dafür sorgen, wenn Si e es möchten. Das d ürfte kein Problem darstellen.“ Oberst Seter fragte nicht weiter nach, die Bitte alleine genügte ihm.
Raku war beruhigt, auch wenn sie wusste, dass dieser Soldat Juli nicht beschützen konnte, wie sie es tun würde, aber es war ihr lieber, dass irgendjemand da war, wenn sie weg war, als niemand. Zur Not würde sie noch einen ihrer eigenen Männer damit beauftragen.
‚Verdammt! Was passiert mit mir?’ dachte Raku, während sie das Büro des Oberst verließ.
Für den Bruchteil einer Sekunde stob eine Erinnerung Rakus sonst klare Gedanken auf. Sie war blass und verschwommen, beinahe wie ein D eja-v u . Es fühlte sich so vertraut an, dass Raku stutzte, denn was sie sah, war ihr fremd. Sie sah ein Gesicht, undeutlich und fern, aber doch hielt R aku den Atem an. Ein Lächeln. E in Lächel n, das Raku das Herz zerriss. E in Gefühl, das Raku T ränen in die Augen trieb. Woher kam es? Raku befreite sich von dem Gedanken, verdrängte den Nachgeschmack, von der sie nic ht wusste ob er Vision oder Erinnerung war. Juli?
‚Ich muss mich konzentrieren.’ flüsterte sie, während sie auf die unterspülten Straßen trat, um zu ihrer Einheit zu gehen.
Sie hatte den Zeitpunkt verpasst , an dem ihre Sorge panische Züge annahm und ihre harte Schale zu bröckeln begann. War es die Sache im Lastwagen? Der feindliche Beschuss? Oder doch schon bei ihrer ersten Be gegnung oder noch eher womöglich als sie das Dossier las? Sie konnte sich beim besten Willen nicht erinnern. Es war nicht richtig und vor allem gefährlich, denn es brachte sie aus dem Gleichgewicht. Sie war es nicht gewöhnt sich mit derartigen Gedanken zu beschäftigen. Früher oder später würde sie Fehler machen, weil sie im falschen Moment, die falschen Gedanken hatte. Andererseits, wenn sie es abstellte und Juli einfach hinter sich herlaufen ließ, dann würd e es noch grauenvoller enden, höchst wahrscheinlich mit Julis Tod und das würde sie sich nicht verzeihen. Jeden gefallenen Mann kön nte sie akzeptieren, jedoch nicht Juli, nicht ein e Zivilist in . Noch nie war in ihrer Nähe oder durch ihre Schuld ein Zivilist zu Schaden gekommen, auch nicht zu der Zeit als sie mehr von ihrem Blutdurst getrieben war als jetzt . Unter ihrem Kommando würden in diesem Krieg keine Unschuldigen sterben.
~*~
Der Soldat, den Raku angewiesen hatte Juli zu einem Quartier zu bringen, führte Juli quer durch die Stadt.
Die Szenerie war unheimlich. Die Stadt war ausgestorben, die meisten Gebäude nur noch Ruinen. Von Raku hatte sie erfahren, dass Lyddit erst vor einem halben Jahr von der Armee Patronas zurückerobert worden war und man es dann geschafft hatte die Frontlinie weiter in Richtung der Stadt Giaur zu schieben. Der Soldat erzählte ihr, dass
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