Spielzeugsoldaten
Glauben nicht verstehen, der innerhalb dieser Klostermauern lebt, Juli . Es gibt nicht eine Wahrheit. E s gibt immer nur Teile der Wahrheit. M anchmal kommt ein neuer Teil hinzu. M anchmal muss man einen herausstreichen, weil er sich als falsch erwiesen hat. Niemand lebt lang genug, u m die ganze Wahrheit zu kennen. "
Ju li sah auf. „ Glaubst du Raku?"
Er lächelte: „ Nein, ich vertraue Raku, das ist etwas anderes. Sie wäre nicht zu mir gekommen, wenn es ihr nicht ernst wäre. Raku hat viele schreckliche Dinge gesehen, Dinge , die wir beide glücklicherweise nie werden sehen müssen, aber sie hat nie darüber gesprochen. Si e ist stark genug. Glaubst du wirklich, sie muss sich auf einen Glauben, der ihr so fremd ist wie dir, berufen, um ihre Gefühle zu leugnen?"
Juli wagte es nicht Chenti in die Augen zu sehen. Er hatte Recht . Rakus Verletzlichkeit in allen Ehren, sie war doch immer noch Major Raku Avis. Chenti erhob sich aus dem Sessel und verneigte sich mit gefalteten Händen vor Juli.
„ Tust du einem alten Mönch einen Gefallen?"
Sie nickte stumm.
„ Wenn du träumst, dann erzähle mir von deinen Träumen."
~*~
Als Chenti gegangen war, legte sich Juli auf das riesige Bett und starrte an die Decke. Träumen! Natürlich träumte sie. Wie könnte sie nicht? Sie hatte Menschen sterben sehen. S ie hatte um ihr Leben gefürchtet und war tagelang geflüchtet, ohne richtig essen und schlafen zu können. Wie konnte man da erwarten, dass sie danach gut schlief? Sie erinnerte sich sehr schemenhaft daran, was bei den Nomaden vorgefallen war. Etwas hatte sie völlig aus der Bahn geworfen. A ls sie bemerkt hatte, dass man sie von Raku getrennt hatte , und es war nicht der Gedanke daran, dass sie ohne Raku völlig hilflos war in diesem fremden Land unter den fremden Menschen. Ihr war übel geworden und sie hatte sich einsam g efühlt, mehr als einfach nur einsam. Sie war verzweifelt gewesen und sie hatte - Juli schloss die Augen und versuchte ihren Atem zu beruhigen. Ja, sie hatte tatsächlich phanta sie rt und sie hatte Angst gehabt. Unsicher bemühte sie sich den Gedanken nicht in ihr Bewusstsein zu lassen. Wäre sie eigentlich dem Aufruf der Regierung gefolgt, wenn sie gewusst hätte, wohin es sie führen würde? Juli versuchte sich an ihre erste Begegnung mit Raku zu erinnern. Es war ein seltsames Gefühl gewesen. Juli war nie der Typ gewesen, der beim Anblick einer halbwegs attraktiven Frau gleich in heillose Verzückung geriet, aber sie war auch kein Kin d von Traurigkeit. Doch Raku , bei Raku war etwas anders gewesen. Es war als hätte sie an diesem Tag jemanden getroffen, den sie vermisst hatte ohne es zu wissen. Bei allem was passiert war, hatte sie nie Zweifel daran gehabt, dass sie Raku vertrauen konnte. Und das nicht nur, weil sie wusste, das s Raku die B este in ihrem Job war. N ein, da war noch mehr gewesen. Gedanke um Gedanke ebbte die Erinnerung ab und Juli schlief ein. Noch immer hatte sie sich nicht ganz von den Strapazen der Reise erholt und auch die Ereignisse im Kloster wirkten nicht gerade beruhigend auf sie.
~*~
Einige Stunden nach dem Mittagsgebet hatte der Abt Raku zu sich rufen lassen. Er hatte keine guten Neuigkeiten für sie. Sein Gesuch, dass Juli und Raku bleiben durften, war bereits zurück. Raku versuchte gefasst zu bleiben, immerhin war sie sich bewusst, dass sie nichts tun konnte und sie hatte bereits geahnt, was geschehen würde, auch ohne Geisons Gesetze vollständig zu kennen. Juli konnte nicht in Geison bleiben. Raku dagegen, als vollwertiges Mitglied des Ordens, durfte bleiben. Juli war Zivilistin . I hr drohten keinerlei Strafen oder Repressalien, wenn sie nach Patrona zurückkehrte. Raku musste mit dem Kriegsgericht rechnen. Die Behörden hatten entschieden, dass Juli das Land schnellstmöglich verlassen musste. Da sie verletzt war, gewährte man ihr einige Tage im Kloster, um sich zu erholen, dann würde man sie mit offiziellem Geleit zurück in Patronas Hauptstadt fliegen. Der Abt war untröstlich. Es war ihm höchst unangenehm, als er sah, dass Raku sehr erschüttert auf die Nachricht reagierte, auch wenn man ihr anmerkte, dass sie vergeblich versuchte an sich zu halten. Was sollte er tun? Er hatte bereits alles getan, das in seiner Macht stand. Ich werde sie nicht gehen lassen. Ich kann sie nicht gehen lassen. Ich kann sie nicht wieder allein lassen. Immer und immer wieder wiederholte Raku diese Gedanken, auf dem Weg zu dem Techniker, bei dem sie
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