Spielzeugsoldaten
Gebetsräumen, das Flüstern der Novizen in den Fluren und das geschäftige, aber immer e h rfürchtige Treiben war en nicht da. In Anbetracht der Ereignisse war das Kloster verstummt. Federweiße, kleine Wolken zogen in kleinen Gruppe n über die Dächer und der blaue Himmel strahlte noch immer. Es war die dieselbe Idylle hoch in den verschneiten Berggipfeln wie noch vor einigen Stunden und doch war es nicht die gleiche. Abisha hielt die Luft an. Er war erfüllt von dem Glücksgefühl, dass er in diesem Moment mit Raku und Juli teilte. Es war au sgestanden, wenigstens für diesen Moment . Er hoffte, dass ihm sein kindlicher Eifer keinen Strich durch die Rechnung gemacht hatte und Patrona Konsequenzen ziehen würde. Welche auch immer das sein mochten, es wäre die Sache wert. Er konnte sich nicht mehr zurückerinnern, wann Geison zuletzt die Konfrontation gesucht hatte. Aber vielleicht war es auch nicht das S chlechteste , wenn Geison einmal sein wahres Gesicht zeigen konnte. Er senkte den Kopf und zögerte einen Moment, doch dann ging er auf Raku und Juli zu.
„Ihr seid frei. Ihr steht unter meinem Schutz und könnt euch in Geison frei bewegen. Ich werde die entsprechenden Stellen benachrichtigen lassen “, er erwartete gar nicht, dass sie reagierte n und sie taten es auch nicht sichtlich, „besucht mich im Palast, wenn ihr möchtet. Tut wonach auch immer euch der Sinn steht! “
Raku nickte in Julis Schulter hinein. Sie hatte Abishas Worte gehört. Er lächelte und zog sich zurück. Es war Zeit abzureisen. Sein Teil dieser Geschichte war zu Ende.
~*~
Ich kann nicht aufhören. Ich kann einfach nicht aufhören. Raku lag in sich hinein lächelnd, ausgestreckt auf dem Bett in den königlichen Gemächern. Nach den Aufregungen vom letzten Tag, war im Kloster der gemächliche Alltag eingekehrt. Sie hörte Stimmen im Hof und auf dem Flur. Ganz leise drang der Singsang der Gebete durch die dicken, dunklen Mauern. Ein frischer, kalter Wind wehte durch den Raum und jagte Raku ein um s andere Mal einen Schauer über die nackte Haut. Sie hielt ihre Hände über sich in die Luft. Wie viel Zeit war vergangen? Für einen Augenblick kehrte die Erinnerung zurück und drängte sich in ihr Bewusstsein. All dieses Unglück , das sie umgeben hatte, klebte an ihr und sie hoffte es endlich losgeworden zu sein. Endlich! Die Dunkelheit wich einem Lächeln. Sie würde diese Hände nur noch für gute Dinge benutzen. Soviel stand fest.
„Was machst du da?“
Juli war hinter dem Vorhang zum Waschbereich hervorgetreten und beobachtete verwundert, wie Raku noch immer halb nackt auf dem Bett lag und ihre Hände betrachtete.
„Ich überlege, was ich demn ächst mit diesen Händen an Gutem tun kann“ , antwortete Raku ohne Juli dabei anzusehen.
Juli hatte aufgegeben und sich ergeben. Sich d em Schicksal ergeben. So konnte man sagen. Was brachte es noch Fragen zu stellen? Die Dinge waren wie sie waren. Sie war hier. Sie war zufrieden und glücklich. Vielleicht hatte es so kommen müssen. Sie hatte für dieses Glück mit viel Grauen und Angst bezahlt. Mit Erfahrungen, die sie niemand anderem wünschte. Und doch war es jeden Moment wert. Jeden verdammten Moment!
Sie fing an zu lachen. „Gutes? Mir würden da direkt ein paar Sachen einfallen!“
Mit etwas Schwung warf sie sich auf das Bett. Quer über Raku, die im Überraschungsmoment unter Jul is Gewicht ächz te, sie aber im nächsten Moment mit Leichtigkeit griff und auf den Rücken drehte. Im ein oder anderen Moment war die Grundausbildung beim Militär doch auch in einem friedlichen Leben praktisch anwendbar.
„Was machst du?“ Julis Augen funkelten Raku an. Man konnte den Schalk in ihnen sehen, wenn man sie gut genug kannte.
Raku zwinkerte ihr zu: „Gutes tun, was denn sonst?“
In dem Moment als sich Rakus Lippen ihren näherten, vergaß Juli zu denken . Sie brauchte es ohnehin nicht. Denken war nun nicht angebracht.
~*~
Der Abt hatte nach Raku rufen lassen. Es war bereits Abend geworden und die Flure , durch die Raku ihren Weg zur Kammer des Abtes ging waren dunkel und still. Die meisten Mönche hatten sich nach gemeinsamem E ssen und Gebet zurückgezogen, nur hier und da kreuzten noch einige allzu eifrige Novizen ihren Weg. Raku ahnte bereits worum es gehen könnte. Es gab einfach nicht mehr viel, das zu klären war. Sie wusste , ihr konnte nichts mehr geschehen und me hr als Angst beherrschte sie das Gefühl der Genugtuung. Patrona hatte neben all der
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