Spillover
asiatischen Affen in einer Versuchstier-Quarantäneeinheit, die sich in Reston befindet, unmittelbar gegenüber von Washington, D. C., auf der anderen Seite des Potomac. Das Ganze spielte sich 1989 ab. Über Prestons Buch kann man geteilter Meinung sein, aber eines steht außer Frage: Mehr als jeder Zeitschriften- oder Zeitungsartikel trug es dazu bei, den Ebolaviren ihren berüchtigten Ruf zu verschaffen und die Öffentlichkeit in Angst und Schrecken zu versetzen. Außerdem führte es, wie ein Experte mir erzählte, zu »einer wahren Flut an Forschungsmitteln« für Virusforscher, »die zuvor für ihre Arbeiten an solch exotischen Erregern keinen Cent gesehen hatten!«.
Die betroffene Einrichtung, die Reston Primate Quarantine Unit, gehörte der Firma Hazelton Research Products, die ihrerseits ein Tochterunternehmen des Konzerns Corning war. Bei den unglücklichen Tieren handelte es sich um Javaneraffen ( Macaca fascicularis ), eine Spezies, die häufig für Tierversuche verwendet wird. Sie waren per Luftfracht von den Philippinen gekommen und hatten offensichtlich das Filovirus mitgebracht, einen tödlichen blinden Passagier. Zwei Affen waren bei der Ankunft bereits tot, was nach einer derart belastenden Reise nichts Ungewöhnliches war; in den folgenden Wochen starben aber in dem Gebäude viele weitere, und das war nun tatsächlich ungewöhnlich. Die Situation löste schließlich Alarm aus, und man identifizierte den infektiösen Erreger: Ebolaviren – irgendeine , noch nicht genauer bestimmte Form von Ebolaviren. Ein Team von USAMRIID kam nach Art eines Sondereinsatzkommandos in Schutzanzügen und tötete alle noch verbliebenen Affen. Anschließend wurde die Reston Primate Quarantine Unit luftdicht verschlossen und mit Formaldehydgas sterilisiert. Die schaurigen Einzelheiten kann man bei Preston nachlesen. Unter Experten machten sich große Befürchtungen breit, weil dieses Ebolavirus offenbar durch Tröpfcheninfektion von einem Affen zum anderen übertragen wurde; jede undichte Stelle im Gebäude konnte also dazu führen, dass es hinaus in die Luft der Metropolregion Washington gelangte. War es für Menschen ebenso tödlich wie für Javaneraffen? Mehrere Mitarbeiter der Forschungseinrichtung waren später im Antikörpertest positiv, aber – ein tiefer Seufzer der Erleichterung – diese Personen entwickelten keine Symptome. Wie sich in Laboruntersuchungen herausstellte, ähnelte der Erreger dem Ebolavirus, aber wie das Sudanvirus unterschied er sich auch so stark von ihm, dass man ihn als neue Spezies klassifizierte und ihm den Namen Reston-Ebolavirus (verkürzt: Restonvirus) gab.
Anders als dieser Name andeutet, stammt das Restonvirus ursprünglich jedoch von den Philippinen. Spätere Untersuchungen bei Affen-Exportfirmen in der Nähe von Manila auf der Insel Luzon ergaben, dass dort eine beträchtliche Zahl von Tieren gestorben war; die meisten davon waren mit dem Restonvirus infiziert. Auch bei zwölf Menschen fand man Antikörper gegen den Erreger, aber keiner von ihnen war erkrankt. Die gute Nachricht über das Restonvirus lautet also: An dem Erreger erkranken offenbar keine Menschen, sondern nur Affen. Die schlechte: Warum das so ist, weiß niemand.
Vom Restonvirus abgesehen, bleiben Ebolaviren in freier Wildbahn ein afrikanisches Phänomen. Aber auf der Landkarte Afrikas kam mit ihrem nächsten Auftauchen im November 1992 ein weiterer Ort hinzu. In einem Wald- und Wildschutzgebiet des westafrikanischen Staates C Ô te d ’Ivoire (Elfenbeinküste) starben plötzlich die Schimpansen. Der Ta ï -Nationalpark, seit 1978 Biosphärenreservat, liegt in der Nähe der Landesgrenze zu Liberia und umfasst eines der letzten noch verbliebenen unberührten Regenwaldgebiete in diesem Teil Afrikas. Es wird von einer Fülle verschiedener Tierarten bewohnt, darunter auch mehrere Tausend Schimpansen.
Eine Gruppe dieser Menschenaffen hatte der Schweizer Biologe Christophe Boesch seit 13 Jahren beobachtet und studiert. 1992 bemerkten Boesch und seine Kollegen plötzlich eine Schrumpfung der Population – manche Schimpansen starben, andere verschwanden einfach; eine Ursache konnten die Wissenschaftler aber nicht ermitteln. Ende 1994 tauchten dann in kurzer Zeit acht Kadaver auf, und wieder fehlten weitere Tiere. Zwei der toten Schimpansen waren nur geringfügig verwest. Sie wurden im Nationalpark von Wissenschaftlern seziert und untersucht. Wie sich später herausstellte, wimmelte es in einem der toten Affen von
Weitere Kostenlose Bücher