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Spillover

Spillover

Titel: Spillover Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: David Quammen
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ich ihr nur noch eine weitere Frage stellen. Obwohl sie keine Ökologin, sondern Molekularbiologin ist, spreche ich die beiden ungelösten Rätsel im Zusammenhang mit Ebola in freier Wildbahn an: den Reservoirwirt und den Übersprungmechanismus.
    Ja, stimmt sie zu, auch das sei sehr faszinierend. »Es erscheint auf der Bildfläche, tötet ein paar Menschen, und bevor man hinkommt und irgendetwas herausfinden kann, ist es wieder weg.«
    »Es verschwindet im Urwald«, sage ich.
    »Es verschwindet«, wiederholt sie. »Ja, ja. Woher ist es gekommen und wohin ist es gegangen?« Aber das ist nicht ihr Fachgebiet.
    19
    Eindringlinge
    Stellen wir uns ein B4-Labor vor – es muss nicht unbedingt das Labor AA -5 bei USAMRIID sein, nehmen wir irgendeines aus der Handvoll Einrichtungen auf der ganzen Welt, in denen dieses Virus untersucht wird. Stellen wir uns diesen geschlossenen Raum vor, alles ist ordentlich, übersichtlich, sicher. Hier die Ebolaviren in Mäusen – sie vermehren sich, überschwemmen deren Blut. Dort die Ebolaviren in Röhrchen – hart gefroren. Drüben die Ebolaviren in der Petrischale, wo sie Plaques in menschlichen Zellkulturen entstehen lassen. Auch in der Spritze sind Ebolaviren – also Vorsicht mit der Kanüle. Und jetzt stellen wir uns einen Wald im Nordosten Gabuns vor, unmittelbar westlich des oberen Ivindo. Hier sind Ebolaviren überall und nirgends. Ebolaviren sind vorhanden, aber nicht zu entdecken. Vermutlich befinden sie sich in der Nähe, aber niemand kann uns sagen, welches Insekt, welches Säugetier, welcher Vogel oder welche Pflanze sie beherbergt. Ebolaviren befinden sich nicht in unserem Lebensraum, sondern wir befinden uns in ihrem .
    Dieses Gefühl hatten Mike Fay und ich, als wir im Juli 2000 durch den Wald von Minkébé wanderten. Sechs Tage nachdem ich mit dem Hubschrauber eingeflogen war, verließen wir das Gebiet der Inselberge und machten uns, geführt von Fays Kompass, in südwestlicher Richtung durch einen Dschungel großer Bäume auf den Weg. Dornige Lianen, zu undurchdringlichem Dickicht verflochten, kleine Wasserläufe und Tümpel, niedrige Bergrücken zwischen den Einzugsgebieten der Bäche, Sümpfe mit schlammigen, dicht mit dornigen Pflanzen bewachsenen Ufern, herabgefallene Früchte, groß wie Bocciakugeln, Treiberameisen, die unseren Weg kreuzten, Gruppen von Affen über unseren Köpfen, Waldelefanten in großer Zahl, Leoparden, fast keine Spuren von Menschen und ungefähr eine Billion quakende Frösche. Auch der Reservoirwirt des Ebolavirus war vermutlich hier, aber wir hätten ihn selbst dann nicht erkannt, wenn er uns ins Gesicht gestarrt hätte. Wir konnten nur alle möglichen sinnvollen Vorsichtsmaßnahmen ergreifen.
    Am elften Tag der Wanderung machte einer von Fays Waldläufern auf dem Waldboden eine Kronenmeerkatze aus – ein Jungtier, noch am Leben, aber nahezu tot; aus den Nasenöffnungen tropfte Blut. Vielleicht hatte der Affe hoch oben in einem Baum danebengegriffen und war abgestürzt. Oder … vielleicht war er auch mit irgendetwas infiziert, beispielsweise mit Ebola, und nun war er zum Sterben nach unten gekommen. Auf Fays ausdrückliche Anweisung berührte der Mann ihn nicht. Fays Mannschaft, alles hart arbeitende Bantus und Pygmäen, war immer erpicht auf Wildfleisch für den abendlichen Suppentopf, aber Fay hatte die Jagd aus Gründen des Naturschutzes verboten – und auf dem Weg durch den Minkébé-Wald hatte er seinem Koch eine noch strengere Anweisung erteilt: Gib uns nichts zu essen, was du tot auf dem Erdboden gefunden hast. An diesem Abend aßen wir wieder einmal einen bräunlichen Eintopf, zusammengestellt aus dem üblichen gefriergetrockneten Fleisch und Soße aus der Dose, die über Tüten-Kartoffelpüree gegossen wurde. Ich hoffte inständig, dass sie den sterbenden Affen liegengelassen hatten.
    Es war unser letzter gemeinsamer Abend im Wald. Sechs oder acht Kilometer weiter, an einer Stelle, an der Fays vorgeplante Wanderungsroute eine Straße kreuzte, sollten wir auf eine Nachschublieferung treffen. Die Straße führte in östlicher Richtung nach Makokou. Einige Leute aus Fays Mannschaft würden ihn dort verlassen. Sie waren erschöpft, ausgebrannt, hatten genug. Andere wollten bei ihm bleiben; zwar waren auch sie erschöpft, aber entweder brauchten sie unbedingt Arbeit, oder die Tätigkeit für Fay war besser als der Goldbergbau, oder die beiden Gründe ergänzten einander. Noch ein halbes Jahr anstrengender Wanderungen durch Wälder

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