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Spillover

Spillover

Titel: Spillover Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: David Quammen
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solche »eingebettete« Ähnlichkeit lässt sich am besten anhand eines Stammbaums darstellen. Einen solchen zeigten Li und seine Kollegen in ihrem Science -Artikel. Das menschliche SARS -Virus war darin ein einziger dünner, kleiner Zweig in einem Gewirr von Ästen, welche die bei den Hufeisennasen gefundenen Viren darstellten.
    Was hatte das zu bedeuten? Es bedeutete, dass die Hufeisennasen ein Reservoir, vielleicht sogar das Reservoir des SARS -CoV sind. Die Larvenroller fungierten demnach in der Epidemie von 2003 nur als Verstärkerwirt. Was in jenem Winter in Guangdong die Epidemie ausgelöst hatte, wusste niemand, auch Li und seine Kollegen konnten nur spekulieren. »Eine Lieferung mit ansteckenden Fledermäusen«, schreiben sie, »die zufällig mit einer aufnahmebereiten Verstärkerspezies in Kontakt kam, könnte zu einem Übersprung und zum Beginn eines Kreislaufs auf den Märkten geführt haben, wo genügend anfällige Tiere zur Verfügung standen, um die Infektion in Gang zu halten.« 51 Zu den empfänglichen Tieren könnten nicht nur die Larvenroller gehören, sondern auch Marderhunde, Chinesische Sonnendachse und wer weiß was noch auf der langen Einkaufsliste für Wildspezialitäten steht. Mit anderen Worten: Man könnte noch den letzten Larvenroller in China töten, und doch wäre SARS weiterhin unter uns. Das Virus existiert – mit all seinen ökologischen Beschränkungen und Möglichkeiten – in einem kulturellen Umfeld, in dem »eine infektiöse Lieferung von Fledermäusen« ohne weiteres auf einen Fleischmarkt gelangen kann. Das bedeutet: Sieh dich vor, was du isst. Und es bedeutete, dass weitere Forschungsarbeiten dringend geboten waren.
    39
    Fledermausjagd
    Aleksei Chmura ist ein junger amerikanischer Wissenschaftler mit guten Umgangsformen, gepflegtem Äußerem, breit gefächerten Erfahrungen und einem weltoffenen Geschmacksinn. Er wuchs in Connecticut auf, brach das College ab, reiste herum, arbeitete als Bäcker, machte eine Ausbildung als Koch, beschäftigte sich dann mit der Restaurierung von Möbeln und kehrte nach zehn Jahren ins akademische Leben zurück, um Umweltwissenschaft zu studieren. Als ich ihn kennenlernte, arbeitete er beim Consortium for Conservation Medicine, einem Programm des Wildlife Trust, das mittlerweile in Eco-Health Alliance umbenannt wurde. Parallel dazu sammelte er Daten für eine Doktorarbeit über die Ökologie zoonotischer Krankheiten in Südasien und insbesondere über SARS . Zu diesem Zweck brauchte er Materialproben von Fledermäusen. Er hatte mich eingeladen, mitzukommen und mir einen Eindruck von seiner Arbeit zu verschaffen. Zur vereinbarten Zeit holte er mich in Guangzhou am Flughafen ab; die Durianfrucht, die er bei sich hatte, sollte mir vermutlich bereits signalisieren, dass er, was das Essen angeht, unerschrocken ist.
    Unmittelbar nach meiner Ankunft trafen wir uns mit einigen von Chmuras Freunden von der Sun Yat-sen University und machten uns über die stinkigste Frucht der Welt her. Die Durian ist ein großes, stacheliges Gebilde, sie sieht aus wie ein Kugelfisch, der gerade einen Fußball verschluckt hat. Schneidet man sie auf, gibt sie acht bis zehn einzelne Segmente eines schmierig-cremigen Fruchtfleisches frei, das einen unangenehmen Geruch verströmt. Das Fruchtfleisch schmeckt wie Vanillepudding und riecht wie die Unterwäsche eines Menschen, den man lieber nicht kennen möchte. Wir essen mit bloßen Händen und lecken uns die tropfende Schmiere von den Fingern. Es ist vor dem Abendessen der Ersatz für Erdnüsse und Bier. Anschließend gehen wir in ein Restaurant, wo Chmura für uns ein Gericht mit geronnenem Schweineblut bestellt hat – kleine Würfel, die wie Leber aussehen, begleitet von Bohnensprossen und scharfen roten Chilischoten. Später am Abend ist mein Hemd vom Schweiß durchtränkt. Willkommen in China. Aber ich will unbedingt erfahren, was Aleksei Chmura weiß, will von seiner unersättlichen Neugier profitieren, und wenn es notwendig ist, werde ich mich an seiner Seite bis zur Erkenntnis durchfressen.
    Am nächsten Tag fliegen wir weiter nach Guilin, eine Stadt nordwestlich von Guangzhou; sie liegt in einem Flusstal, das für seine Karstgebirge und seine Höhlen berühmt ist. Die Berge steigen abrupt in die Höhe wie Kroketten auf einem Teller, aber sie sind grün bewaldet und von natürlichen Hohlräumen, Spalten, Löchern und Winkeln durchzogen, die durch Verwitterung in dem wasserlöslichen Kalkstein entstanden sind. Eine

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