Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Spin

Spin

Titel: Spin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: authors_sort
Vom Netzwerk:
Belubus oder Batusangkar. Das Land hier ist nicht besonders reich, und Jahr für Jahr verlieren wir mehr Leute an die Stadt oder an andere Sippen in anderen Städten oder an das rantau gadang, und warum auch nicht? Es ist Platz genug in der neuen Welt.«
    »Sie wollen auswandern?«
    »Ich, Jala, meine Schwester und ihre Schwester und meine Neffen, meine Cousins und Cousinen – alles in allem über dreißig von uns. Jala hat mehrere uneheliche Kinder, die nur zu gern sein Geschäft übernehmen würden, sobald er auf der anderen Seite ist. Sehen Sie?« Sie lächelte. »Sie brauchen nicht dankbar zu sein. Wir sind nicht Ihre Wohltäter. Nur Mitreisende.«
    Ich fragte sie mehrere Male, ob Diane in Sicherheit sei. So weit in Sicherheit, wie Jala es ermöglichen könne, erwiderte Ina. Jala hielt sie in einem kleinen Wohnraum über einem Zollhaus versteckt, bis die letzten Vorbereitungen getroffen waren. »Das Schwierigste wird sein, Sie unentdeckt zum Hafen zu bringen. Die Polizei argwöhnt, dass Sie im Hochland sind, also werden sie die Straßen beobachten und nach Ausländern Ausschau halten, vor allem nach kranken Ausländern, denn der Fahrer, der Sie zur Klinik gebracht hat, wird ihnen gesagt haben, dass es Ihnen nicht gut geht.«
    »Mit dem Kranksein bin ich durch.«
    Die letzte Krise hatte vor der brennenden Klinik begonnen, und sie hatte sich ausgetobt, während ich bewusstlos war. Ina sagte, es sei eine schwierige Phase gewesen, nach dem Umzug in das kleine Zimmer in dem leeren Haus hätte ich so ausdauernd gestöhnt, dass die Nachbarn sich beschwert hätten, sie habe ihren Vetter Adek bitten müssen, mich während der schlimmsten Krämpfe festzuhalten, daher rührten auch die blauen Flecke auf meinen Armen und Schultern, hätte ich die eigentlich bemerkt? Ich konnte mich an nichts erinnern. Ich wusste nur, dass ich mich mit jedem Tag kräftiger fühlte; meine Temperatur war einigermaßen normal, ich konnte gehen, ohne zu zittern.
    »Und die anderen Wirkungen des Präparats? Fühlen Sie sich anders?«
    Eine interessante Frage. »Ich weiß nicht. Bisher jedenfalls nicht.«
    »Na ja, fürs Erste ist es auch egal. Wie gesagt, der Trick wird darin bestehen, Sie aus dem Hochland raus und zurück nach Padang zu bekommen. Aber das kriegen wir schon hin.«
    »Wann soll es losgehen?«
    »In drei oder vier Tagen. Ruhen Sie sich aus, bis es so weit ist.«
     
    Ina war in diesen drei Tagen sehr beschäftigt, ich sah sie kaum. Es waren heiße, sonnige Tage, doch der Wind schickte lindernde Brisen durch das Haus, und ich verbrachte die Zeit mit vorsichtiger Gymnastik, mit Schreiben und Lesen – im Schlafzimmer standen einige englischsprachige Taschenbücher, unter anderem eine populäre Biografie über Jason Lawton mit dem Titel »Ein Leben für die Sterne« (ich sah im Register nach und fand meinen Namen: Dupree, Tyler, mit fünf Seitenhinweisen, aber ich brachte es nicht über mich, das Buch zu lesen – die Geschichten von Somerset Maugham reizten mich einfach mehr).
    En kam von Zeit zu Zeit vorbei, um nach mir zu sehen und mir Sandwiches und in Flaschen abgefülltes Wasser vom warung seines Onkels zu bringen. Er hatte eine recht besitzergreifende Art entwickelt und versäumte es nie, sich nach meinem Befinden zu erkundigen. Er sagte, er sei »stolz, mit mir rantau zu machen«.
    »Du auch, En? Du gehst in die neue Welt?«
    Er nickte emphatisch. »Mein Vater auch, meine Mutter, mein Onkel« und ein Dutzend weitere Angehörige, deren Verwandtschaftsgrad er mit Minang-Ausdrücken bezeichnete. Seine Augen funkelten. »Vielleicht können Sie mich dort Medizin lehren.«
    Vielleicht würde ich das müssen. Die Durchquerung des Bogens schloss eine traditionelle Ausbildung mehr oder weniger aus. Das war nicht gerade das Beste für En, und ich fragte mich, ob seine Eltern diesen Umstand bei ihrer Entscheidung genügend bedacht hatten.
    Aber letztlich ging mich das nichts an, und es war offenkundig, wie sehr En sich auf die Reise freute. Er konnte seine Stimme kaum kontrollieren, wenn er darüber sprach, und sein strahlendes Gesicht war eine reine Freude. Er gehörte einer Generation an, die der Zukunft mit mehr Hoffnung als Furcht entgegensah – aus meiner Generation der »Grotesken« hatte niemand jemals auf diese Weise in die Zukunft hineingelächelt. Es war ein gutes, ein zutiefst menschliches Bild; es machte mich glücklich, und es machte mich traurig.
    Ina kam am Abend vor der geplanten Abreise wieder zu mir, sie brachte Essen

Weitere Kostenlose Bücher