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Spin

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Titel: Spin Kostenlos Bücher Online Lesen
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Jedenfalls war die Wirkung von Mollys langem festem Blick, dass ich mich bemüßigt fühlte, ihr all dies erst zu erklären, bevor ich sie fragte, was sie da in meinen Dateien suche.
    Sie lachte, so ein verlegenes, entschuldigendes Lachen: Na, da hast du mich aber bei was Komischem erwischt … Ihre rechte Hand schwebte weiter über dem Touchpad. Sie drehte sich wieder zum Bildschirm. Der Cursor wischte auf das Shutdown-Symbol zu.
    »Warte«, sagte ich und ging zu ihr hinüber.
    »Willst du auch noch mal ran?«
    Der Cursor setzte sich auf sein Ziel. Ich legte meine Hand über Mollys. »Eigentlich würde ich gern wissen, was du da gemacht hast.«
    Sie war angespannt, eine Ader pochte in der rosigen Haut direkt vor ihrem Ohr. »Hab’s mir gemütlich gemacht. Ähm, ein bisschen zu gemütlich? Dachte nicht, dass du was dagegen haben würdest.«
    »Wogegen, Moll?«
    »Dagegen, dass ich deinen Computer benutze.«
    »Wofür benutzen?«
    »Nichts weiter. Nur mal angucken.«
    Doch es konnte kaum das Gerät sein, auf das Molly neugierig war. Es war fünf Jahre alt, praktisch eine Antiquität – bei Perihelion war sie viel besser ausgerüstet. Und ich hatte das Programm erkannt, das sie so eilig verlassen hatte, als ich durch die Tür kam. Es war mein Haushaltsorganisator, das Programm, das ich verwendete, um Rechnungen zu bezahlen, mein Konto zu führen und meine privaten und beruflichen Kontakte zu verwalten.
    »Sah irgendwie aus wie eine Tabellenkalkulation«, sagte ich.
    »Ich bin nur ein bisschen rumgewandert. Dein Desktop hat mich verwirrt. Du weißt ja, jeder organisiert seine Sachen auf andere Weise. Tut mir Leid, Tyler. Da war ich wohl ein bisschen unverschämt.« Sie zog ihre Hand unter meiner weg und klickte auf Shutdown. Der Desktop schrumpfte zusammen, das Belüftungsgeräusch des Prozessors erstarb mit einem klagenden Ton. Sie stand auf, strich ihre Bluse glatt. Molly strich immer irgendetwas glatt, wenn sie sich erhob, immer alles auf Vordermann bringen. »Wie wär’s, wenn ich jetzt das Abendessen mache.« Sie kehrte mir den Rücken zu und ging Richtung Küche.
    Ich sah zu, wie sie durch die Schwingtüren verschwand. Nachdem ich bis zehn gezählt hatte, folgte ich ihr.
    Sie war dabei, Töpfe aus dem Wandregal zu ziehen. Sie drehte mir den Kopf zu, sah dann wieder weg.
    »Molly«, sagte ich. »Wenn es irgendetwas gibt, was du wissen möchtest, brauchst du nur zu fragen.«
    »Ach, brauch ich nur? Okay.«
    »Molly…«
    Sie stellte einen Topf auf die Herdplatte, mit übertriebener Vorsicht, so als sei er zerbrechlich. »Soll ich mich noch einmal entschuldigen? Na gut, Tyler. Es tut mir Leid, dass ich mit deinem Computer gespielt habe, ohne dich um Erlaubnis zu fragen.«
    »Ich habe keine Anschuldigungen erhoben, Molly.«
    »Warum reden wir dann noch darüber? Ich meine, warum sieht es so aus, als würden wir den ganzen Rest des Abends noch darüber reden müssen?« Ihre Augen wurden feucht, ihre getönten Linsen nahmen eine noch dunklere Grünfärbung an. »Ich hab mich eben nur ein bisschen für dich interessiert.«
    »Wofür interessiert, für meine Warmwasserrechnung?«
    »Für dich.« Sie zog einen Stuhl unter dem Küchentisch hervor. Ein Stuhlbein verfing sich an einem Tischbein, und Molly riss den Stuhl energisch los. Sie setzte sich und verschränkte die Arme. »Ja, vielleicht sogar für so triviales Zeug.« Sie schloss die Augen, schüttelte den Kopf. »Ich sage das, und es klingt, als wäre ich irgendeine Art Stalker. Aber ja, deine Wasserrechnung, deine Zahnpastamarke, deine Schuhgröße. Ja, ich möchte das Gefühl haben, dass ich ein bisschen mehr für dich bin als dein Wochenendfick. Geb ich zu.«
    »Dafür müsstest du nicht in meine Dateien gehen.«
    »Hätt ich vielleicht nicht getan, wenn…«
    »Wenn?«
    Sie schüttelte den Kopf. »Ich will nicht mit dir streiten.«
    »Manchmal ist es besser, etwas zu Ende zu bringen, was man angefangen hat.«
    »Na ja, das zum Beispiel: Immer wenn du dich bedroht fühlst, ziehst du diese distanzierte Nummer ab. Machst einen auf sachlich, ganz kühl und analytisch, als wäre ich eine Naturdoku im Fernsehen oder so was. Die Glaswand. Die Glaswand ist immer da, nicht wahr? Und die ganze Welt ist auf der anderen Seite. Deshalb redest du nicht über dich selbst. Deshalb muss ich ein ganzes Jahr warten, bis du mal merkst, dass ich mehr bin als ein Stück Mobiliar. Dieser kühle Blick, der das Leben beobachtet, als wären’s die Abendnachrichten, als wäre es

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