Spin
Und dann, als wir die Stufen zur Veranda hinaufstiegen und das gelbe Licht auf ihre Augen fiel, sagte sie: »Ganz gleich, was ich einmal geglaubt haben mag – und ganz gleich, was ich vielleicht zu Jason gesagt habe…«
»Du brauchst das nicht zu sagen, Diane.«
»Ich weiß, dass E. D. nicht dein Vater ist.«
Was ich allerdings interessant fand an diesem Widerruf, war die Art, wie sie ihn vorbrachte. Fest und entschieden. Als wisse sie es inzwischen besser. Als habe sie eine andere Wahrheit entdeckt, einen alternativen Schlüssel zu den Geheimnissen der Lawtons.
Diane ging ins Große Haus zurück. Ich beschloss, dass ich weitere Sympathiebekundungen nicht ertragen könne, und verzog mich ins Haus meiner Mutter, das überheizt und stickig wirkte.
Am nächsten Tag sagte Carol, dass ich mir ruhig Zeit damit lassen könne, die Sachen meiner Mutter auszuräumen, »etwas zu arrangieren«, wie sie sich ausdrückte. Mit dem Kleinen Haus würde nichts passieren, sagte sie. Warte einen Monat. Ein Jahr. Ich könne »etwas arrangieren«, sobald ich Zeit dazu hätte und es keine seelische Belastung für mich darstellte.
Dass die seelische Belastung verschwinden würde, hielt ich für unwahrscheinlich; trotzdem bedankte ich mich für ihre Geduld und verbrachte den Tag damit, für den Rückflug nach Orlando zu packen. Mir machte die Vorstellung zu schaffen, dass ich etwas, das meiner Mutter gehört hatte, mitnehmen sollte; dass sie sich gewünscht hätte, ich würde ein Andenken an sie behalten und es meinerseits in einem Schuhkarton aufbewahren. Aber was? Eine ihrer Hummelfiguren, die sie geliebt hatte, die aber in meinen Augen nur teurer Kitsch waren? Den Kreuzstich-Schmetterling an der Wohnzimmerwand, den Wasserlilien-Druck im selbstgebastelten Rahmen?
Während ich noch mit mir zu Rate ging, tauchte Diane in der Tür auf. »Steht das Angebot noch? Der Flug nach Florida? War das dein Ernst?«
»Selbstverständlich.«
»Ich hab nämlich mit Simon gesprochen. Er ist zwar nicht übermäßig begeistert von dem Plan, aber er meint, er würde schon noch ein paar Tage allein zurechtkommen.«
Wie rücksichtsvoll von ihm, dachte ich.
»Also, es sei denn… ich meine, du hattest einiges getrunken…«
»Sei nicht albern. Ich ruf die Fluggesellschaft an.«
Ich buchte einen Platz auf Dianes Namen für den ersten Flug am nächsten Tag.
Dann packte ich zu Ende. Was die Besitztümer meiner Mutter betraf, so entschied ich mich schließlich für die beiden leicht angestoßenen Jadebuddha-Buchstützen.
Ich suchte im ganzen Haus, sah sogar unter den Betten nach, aber der fehlende Karton ANDENKEN (AUSBILDUNG) schien auf Dauer verschwunden zu sein.
SCHNAPPSCHÜSSE DER ÖKOPOIESIS
----
Jason schlug vor, wir sollten uns Zimmer in Cocoa Beach nehmen und dort auf ihn warten, er werde dann am nächsten Tag zu uns stoßen. Er musste noch eine letzte Fragerande mit den Medien bestreiten, hatte sich aber die Zeit vor den Starts freigehalten, weil er diese erleben wollte, ohne von einer CNN-Crew mit dümmlichen Fragen gelöchert zu werden.
»Toll«, sagte Diane, als ich diese Information an sie weitergab. »Dann kann ich ja all die dümmlichen Fragen selbst stellen.«
Es war mir gelungen, sie in Hinsicht auf Jasons Gesundheitszustand zu beruhigen: nein, er werde nicht sterben, und sofern es irgendwelche Signallichter in seiner Krankenakte gebe, sei das ganz allein seine Angelegenheit. Sie akzeptierte das, oder schien es jedenfalls zu akzeptieren, wollte ihn aber trotzdem sehen, und sei es nur, um sich Gewissheit zu verschaffen – als habe der Tod meiner Mutter ihren Glauben an die Fixsterne des Lawton-Universums nachhaltig erschüttert.
Also nutzte ich meinen Perihelion-Ausweis und meinen Kontakt zu Jase, um uns zwei benachbarte Suiten in einem Holiday Inn mit Ausblick auf Canaveral zu mieten. Nicht lange, nachdem das Mars-Projekt ersonnen und die Einwände der Umweltschutzbeauftragten gehört und ignoriert worden waren, hatte man ein Dutzend Flachwasser-Abschussrampen errichtet und vor der Küste von Merritt Island verankert. Es waren diese Bauwerke, die wir von unserem Hotel aus besonders gut sehen konnten. Ansonsten bestand die Aussicht aus Parkplätzen, Winterstränden, blauem Wasser.
Wir standen auf dem Balkon ihrer Suite. Sie hatte geduscht und sich umgezogen, und wir wollten jetzt nach unten gehen, um uns den Herausforderungen des Hotelrestaurants zu stellen. Auf allen anderen Baikonen, soweit wir sie sehen
Weitere Kostenlose Bücher